AKtion März 2021

6 Arbeit 

März 2021

WEIBERKRAM von Univ.-Prof. Irene Dyk-Ploss

KriseundChancen Bei 85 Prozent der berufstätigen Frauen hat sich die Situation im Job coronabedingt verschlechtert. Ein Drittel bangt (unabhängig von der Qualifikation) umden Arbeitsplatz, insbesondere jüngere Frauen. Und tatsächlich werden vor allem in Kultur, Tou- rismus und Gastgewerbe und im Handel etliche Betriebe die Krise auch nach den hoffentlich baldi- gen Öffnungen nichtüberstehen. Manche werden durch staat- liche Unterstützungszahlungen ohnedies nur mehr künstlich am Leben gehalten. Statt nun weiter in „Zombie-Firmen“ zu inves- tieren, sollten Bildungswege in Richtung Umwelt, Infrastruktur, Digitalisierung und Pflege entwi- ckelt und Gründungsinitiativen unterstützt werden. Undman sollte Ideen der Achtzigerjahre neue Chancen geben: sozialöko- nomische Betriebe, die vor allem Langzeitarbeitslose beschäftigen, und Unternehmensübernahmen durch sonst von Arbeitslosig- keit betroffene Arbeitskräfte. Gerade imDienstleistungs- und Gesundheitsbereich ergäben sich kreative Lösungen für Frauen. ▸ E-Mail: irene.dyk@jku.at Kurz vor Ende der Lehrzeit rausgeflogen Ein Zimmerer im dritten Lehr- jahr bat die AK um Hilfe. Etwa eine Woche vor Beginn des drit- ten Berufsschulblockes löste sein Dienstgeber den Lehrvertrag auf. Schriftliche Verwarnungen lagen keine vor. Für ihn war das völlig inakzeptabel. Schließlich endet seine Lehrzeit am19. August 2021, die Berufsschule war schon imFe- bruar fertig. Der Lehrling hatte kaum eine Chance, einen neuen Lehrvertrag abzuschließen. Der neue Betrieb hätte die Prüfungs- taxe bezahlen, das Werkstück mit ihm fertigen und die Hälfte der Behaltezeit tragen müssen. Die AK brachte eine einvernehmliche Auflösung per 6. November 2020 zuwege und einen Vergleich in Höhe von 4000 Euro brutto.

Tourismus sorgt sich um den Nachwuchs

ABENDKURSE. Corona hat den Lehrlingen im Tourismus besonders übel mitgespielt, denn in geschlossenen Betrie- ben kann nicht ausgebildet werden. Deshalb hat die Lan- desberufsschule Lochau die „Initiative Tourismusberufe“ gestartet. Seit Mitte März bieten die Lehrerinnen und Lehrer für alle Lehrlinge in Tourismus- berufen interessante Zusatz-

Ihr wollt Koch werden? Dann schaut den Profis in die Töpfe! AndreaWerle und Heinz Mersich sind am 22. März, 19. und 26. April 2021 jeweils ab 14 Uhr startklar. ▸ Anmeldung für alle Angebote unter sekretariat@lbslo1. snv.at oder telefonisch unter 05574/42906. Auf der Website www.lbs-lochau.at finden sich alle Angebote imDetail.

angebote als Abendkurse an. Teilnehmen kann jeder Jugend- liche, der in einem Lehrver- hältnis steht und derzeit keine Möglichkeit hat, in seinem Betrieb aktiv ausgebildet zu werden. Ebenso wurde ein An- gebot für interessierte Jugend- liche erstellt, die im Rahmen der Berufsorientierungstage aufgrund der Pandemie nicht in einem Gastronomiebetrieb schnuppern konnten.

Wer zahlt Schaden am Dienstfahrzeug? 1200 Euro haben oder nicht – so lautete die bange Frage eines Paketzustellers nach seiner Kündigung

WER HAFTET? Im Frühjahr 2020 trat ein Dienstnehmer seine Arbeit als Paketzusteller bei einem Klein- transportunternehmen an. Für sei- nen Dienstvertrag war der Kollektiv- vertrag fürs Kleintransportgewerbe maßgeblich. Das sollte sich noch als Segen erweisen. „Nur keine Sorge …“ Denn während seiner Fahrten als Paketzusteller passierten ihm klei- nere Unfälle. Er selber blieb heil, aber sein Dienstwagen trug Schäden davon. Der Fahrer meldete dies ord- nungsgemäß seinem Arbeitgeber. Der beruhigte ihn, er sei ohnedies kaskoversichert und werde ihm die Schäden sicher nicht in Rechnung stellen. Drei Monate später kündigte der Arbeitnehmer sein Dienstverhält- nis, und zu seiner Überraschung wurden ihm in der Endabrechnung für vier Sachschäden am Dienst- fahrzeug jeweils 300 Euro netto ab- gezogen. Das sah der Fahrer nicht ein und er widersprach sofort nach Erhalt der Endabrechnung schrift- lich. Noch glaubte er, selber eine Lö- sung mit seinemArbeitgeber finden zu können, doch das misslang. Der Arbeitnehmer wusste kei- nen Rat mehr und fragte bei seiner

AK nach, ob der Arbeitgeber über- haupt berechtigt wäre, ohne seine Zustimmung 1200 Euro netto von seiner Endabrechnung abzuziehen. AK-Jurist Volker Ausserer konn- te ihn zunächst beruhigen. Der Mann hatte richtig reagiert. „Wich- tig in diesemZusammenhang ist der Widerspruch“, erklärt Ausserer. „Bei aufrechtem Dienstverhältnis muss innerhalb von 14 Tagen ab Zugehen der Aufrechnungserklärung dieser widersprochen werden.“ Auch nach beendetem Dienstverhältnis emp- fiehlt er, einen Widerspruch einzu- legen, um zu demonstrieren, dass man mit der Vorgehensweise nicht einverstanden ist. Ausserer wurde im Kollektiv- vertrag fürs Kleintransportgewerbe fündig. Demnach hätte der Arbeit- geber die Schäden binnen drei Mo- naten ab Kenntnis des Schadens schriftlich geltend machen müssen, was er versäumt hat. Die AK machte den Arbeitgeber darauf aufmerk- sam. Aber auch nach mehreren Schreiben wollte er partout den un- berechtigten Abzug von 1200 Euro netto nicht rückabwickeln. Als die AK freilich vor Gericht zog, lenkte der Arbeitgeber ein und überwies den offenen Betrag, noch bevor die erste Tagsatzung anberaumt wurde.

Der Dienstwagenmusste mehrfach in die Reparatur. Der Dienstge- ber bat den Fahrer aber ungerechtfertigt zur Kasse. Die AK half.

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von Volker Ausserer AK-Arbeitsrecht Sofort ein Gedächtnisprotokoll anfertigen Bei Schadensfällen, die in Ausübung der Tätigkeit eines Arbeitnehmers entstehen, gelangt in erster Linie das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz zur Anwendung. Es regelt das Ausmaß der Haftung eines Beschäftigten bei der Erbringung seiner Arbeitsleistung. Da viele Arbeitgeber ihre Dienstfahrzeuge kaskoversichern, wird in den Dienstverträgen oft ein Selbstbehalt in einer bestimmten Höhe vereinbart. Den muss der Arbeitnehmer bezahlen, wenn ihm ein Unfall mit Sachschaden passiert ist. Falls der Arbeitgeber den Selbstbehalt bei der Lohnabrechnung abzieht, sollten Arbeitnehmer sofort ihre AK kontaktieren. Die rät dringend davon ab, vorschnell den Schaden anzuerkennen. Ein Gedächtnisprotokoll zumUnfallhergang hilft später dem Rechtsvertreter bei der Einschätzung, ob Vorsatz, Fahrlässigkeit oder eine entschuldbare Fehlleistung vorliegt. Davon hängt ab, ob der Dienstnehmer den Schaden voll oder teilweise begleichen muss. Bei der entschuldbaren Fehlleistung entsteht keine Schadensersatz- pflicht. Das Gericht kann aus Gründen der Billigkeit den Schadenersatz auch mäßigen.

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