2 Meinung und Politik
Mai 2021
Parlament der Arbeitnehmer: Wer wird die Krise bezahlen?
LEITARTIKEL Freunderlwirtschaft statt Politik Die vornehmsteAufgabe der Politikwäre es, auf dasGemeinwohl zu achtenundRahmenbedingungen zu schaffen, die allenBevölkerungs- gruppen einen ihrer Leistungsfähigkeit entsprechendenBeitrag zur Finanzierungdes Staatswesens abverlangen. Davonhält die aktuelle Bundesregierungwenig. Ihrewirtschaftspolitischen Aktivitätenhaben sichbislangdarin erschöpft, ihnennahestehendenGruppenaus der Staatskasse ordentlich viel Steuergeld zuzuschieben.MitAusnahme der Kurzarbeit –nicht vonder Regierung, sonderndenSozialpartnern ,, Die Regierung lässt die wirt- schaftspolitische Kompetenz schmerzlich vermissen. Rainer Keckeis Direktor der AK Vorarlberg ausverhandelt –und kleinenAlmosenwie dem500-Euro-Bonus für dasGesundheitspersonal oder denNotfallfonds für Familien sindnur Unternehmermit Staatshilfenbedachtworden. KeinWunder also, dass Österreichwirtschaftlichgesehen ziemlich schlecht durchdieKrise ge- kommen ist. Statt derMasse anArbeitslosenoder denFamilienGeld in dieHand zugeben, umdieNachfrage ordentlichanzukurbeln, hat die Regierung einigewenige ordentlichbedient. Dass es auchanders geht, zeigt die neueBiden-Administration inden USA. Dortwerden von einemgeplantenHilfspaket inHöhe von 1,9 BilliardenDollar nur 150Milliardendirekt anUnternehmer gehen, dafür 1000Milliardenan finanziell gefährdeteHaushalte undFamilien einschließlich einesHilfsschecks von 1400Dollar proKopf. Dass dieses Geld sofort indenKonsumgeht unddamit eine sehrwirkungsvolle Konjunkturmaßnahme ist, hat sich leider nochnicht bis zuunseren türkis-grünen Jungpolitikerndurchgesprochen.
▸ E-Mail: direktion@ak-vorarlberg.at
BETRIEBSRÄTE SCHÜTZEN 2307 Betriebsrätinnen und Betriebsräte kümmern sich in Vorarlberger Unterneh- men um die Anliegen ihrer Kollegenschaft. Aber „in noch nie dagewesener Härte“ wird in manchen Betrieben derzeit gegen die im Gesetz verankerte Errichtung betrieblicher Interessensvertretungen vorgegangen. Hier wird ein fundamentales Recht verletzt. Die AK verlangt deshalb einen erweiterten Kün- digungsschutz.
GASTKOMMENTAR
Mut zumgewaltfreien Leben Mehr als 14 Monate Pandemie liegen nun hinter uns. Eine sehr he- rausfordernde Zeit – in vielerlei Hinsicht. Auf vielesmusste verzichtet werden und viele neue Anforderungen wurden an uns gestellt. Lock- downs, Homeschooling, Homeoffice, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit zählen zu den Schlagworten der vergangenenMonate. Schlagworte mit sehr vielen Auswirkungen auf unser tägliches Leben. ,, Ich möchte allen betroffenen Frauen Mut machen, den ersten Schritt in ein Leben ohne Gewalt zu wagen. Anja Natter Leiterin ifs-Frauennot-Wohnung Diese Zeit war und ist für viele Menschenmit großen Ängsten, Un- sicherheiten und Sorgen verbunden. Ein unglaublicher Druck auf Partnerschaften und Familien ist entstanden, und nicht alle konnten mit dieser Situation, die über Wochen undMonate dauerte, gut um- gehen. Manches Mal führte all das zu häuslicher Gewalt. Der Anstieg der Betretungsverbote undWegweisungen zeigt deut- lich auf, wie sich der Druck imhäuslichen Umfeld auswirkt. Auch die ifs-Frauennot-Wohnung – das Frauenhaus in Vorarlberg – sieht sich seit Beginn des Jahres 2021 mit steigenden Anfragezahlen kon- frontiert. Hier finden Frauen und ihre Kinder, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind, Schutz und Sicherheit. Ichmöchte allen Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, Mut machen, den ersten Schritt in ein Leben ohne Gewalt zu wagen. Es gibt in Vorarlberg viele Anlaufstellen, die sich um ihre Anliegen kümmern und Unterstützung auf demWeg aus demGewaltkreislauf anbieten. Es ist nie zu spät für den ersten Schritt. ▸ Kontakt: ifs Frauennot-Wohnung, Postfach 61, 6850Dornbirn, Tel. 05-1755-577, frauennotwohnung@ifs.at (rund um die Uhr)
100 Milliarden Euro. So viel könnte uns die Covid-19-Pandemie kosten. Vorstellen kann sich das niemand. Wer all das bezahlen wird müssen, darüber gibt es recht klare Vorstellungen: Bleibt alles, wie es ist, tragen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiterhin 80 Prozent der Steuer- last.Ohne Einführung einer Vermögenssteuer zahlen sie die Krise. Das kann es nicht sein, fordert das Arbeitnehmerparlament.
FORDERUNGEN. Ob ausgebeutete Praktikanten, benachteiligte Zeit- arbeiter oder Lehrlinge, die keine Ausbildungsplätze finden – das Kli- ma wird härter amArbeitsmarkt. 70 gewählte Frauen undMänner bilden das Vorarlberger Arbeitnehmer- parlament. Durch ihre Arbeit in Be- trieben und Organisationen haben sie das Ohr ganz nah an den Sorgen der rund 165.000 AK-Mitglieder. Die Anträge der AK-Vollversammlung spiegeln das wider. 15.578 Frauen und Männer su- chen derzeit in Vorarlberg Arbeit oder sind in Schulungen. Ihre Zahl verringert sich stetig. Aber in den Augen des AK-Präsidenten bedeutet das keineswegs nachhaltige Ent- spannung. Hubert Hämmerle skiz-
ziert in seiner Rede das Bild einer belasteten Arbeitnehmerschaft, „manchmal sehr nah an der Grenze zur Selbstausbeutung“. Angst geht um. „Viele lassen sich mehr gefallen als in der Zeit vor Corona.“ Die AK achtet darauf, Auswüchse im Keim zu ersticken. „Das schafft keine Jobs“ Besonders dramatisch ist die Lage jener 150.000 Menschen, die in Ös- terreich seit über einem Jahr nach Arbeit suchen“, erinnert Hämmerle. Arbeitsminister Martin Kocher hat in seinem Jobprogramm „Sprung- brett“ 300 Millionen Euro verspro- chen. Das Geld soll großteils dazu verwendet werden, den Unterneh- men bis zu 50 Prozent der Lohn-
Der AK-Präsident erinner- te an die bundesweit noch immer 150.000 Langzeit- arbeitslosen.
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