AKtion Jänner 2023

Die Vorarlberger Monatszeitung für Arbeit und Konsumentenschutz

Jänner 2023 Nr. 1/2023, XXXVII. Jahrgang Zugestellt durch Post.at Die Vorarlberger Monatszeitung für Arbeit und Konsumentenschutz ,

DIREKTORIN der AK wird am 1. Juli 2023 Eva King ▸ Seiten 2, 3 KONSUMENT Gute Ergebnisse bei Frischkäse  ▸ Seite 12, 13

Ich will alle meine Mitarbeiter:innen gut versorgt wissen. Beatrice Kanjo Betriebsratsvorsitzende

GROSSE AK-UMFRAGE Und wie wohnen Sie? Wohnen ist zum bestimmenden Thema geworden, aber es geht längst nicht mehr ums „schöner Wohnen“, sondern darum, sich die eigenen vier Wände leisten zu können. Die AK hat eine große Online-Umfrage gestartet und in wenigen Tagen hunderte persönliche Rückmeldungen erhalten. Machen Sie mit! Jede Stimme ist wertvoll! ▸ Seiten 4, 5

Arbeiterkammer unterstützt die Vorarlberger Arbeitnehmer:innen mit dem AK-Bildungsgutschein 25 Prozent Rabatt auf zahlreiche Kurse

BILDUNG. Die AK Vorarlberg unter- stützt die Vorarlberger Arbeitneh- mer:innen aktiv bei ihrer Aus- und Weiterbildung. Mit dem AK-Bil- dungsgutschein erhalten AK-Mit- glieder 25 Prozent Bildungsrabatt bei zahlreichen Kursen am Digital Campus Vorarlberg und am BFI der AK Vorarlberg. Der aktuelle Fachkräftemangel in Vorarlberg zeigt eines deutlich: Noch nie waren Aus- und Weiter- bildung so wichtig wie heute. Doch

der AK-Präsident fest und betont, dass Weiterbildung nie an den Fi- nanzen scheitern darf. „Der AK-Bil- dungsgutschein ist deshalb eine leicht zugängliche, sofort einlösbare Bildungsförderung für 170.000 AK- Mitglieder im Land.“ Der AK-Bildungsgutschein kann einfach und schnell auf der Website der AK Vorarlberg abgeholt werden. Die Vorarlberger Arbeitnehmer:in- nen bekommen damit eine sofortige Vergünstigung für viele Bildungs-

angebote, die nicht viel Zeit in An- spruch nehmen und berufliche Chancen verbessern. Der AK-Bil- dungsgutschein ist das gesamte Jahr lang gültig und kann nicht nur bei einem Kurs eingelöst werden, son- dern mehrmals – bei so vielen Kur- sen, wie man möchte.

immer mehr Menschen im Land können sich eine Qualifizierung aufgrund der Teuerung im letzten

Jahr nicht mehr leisten. Erleichterter Zugang

Für Bernhard Heinzle ist dies für das ganze Land eine herausfordern- de Situation: „Wenn Qualifizierung für den Standort immer wichtiger wird, sich aber immer weniger Men- schen diese leisten können, dann bekommen wir ein Problem“, hält

▸ Jetzt den AK-Bildungs­ gutschein holen auf www.ak- vorarlberg.at.

Heinzle: „Wir machen Bildung leistbar.“

Ihr Kontakt zur AK Vorarlberg Telefon zum Ortstarif 050/258 Mitgliederservice – 1500 Info Arbeitsrecht – 2000 Insolvenzrecht – 2100 Sozialrecht – 2200 Lehrling/Jugend – 2300 Arbeitsrecht Feldkirch – 2500 Familie/Frau – 2600 Konsumentenschutz – 3000 Steuerrecht – 3100 AK Bregenz – 5000 AK Dornbirn – 6000 AK Bludenz – 7000 Bildung: wieweiter.at – 4150 www.ak-vorarlberg.at /akvorarlberg /AKVorarlberg

Mehrkosten 2022 und Haushaltseinkommen

ZEITWORT Revitalisierungen am Arbeitsmarkt „Onboarding“ heißt es auf Neudeutsch, wenn Mitarbeiter:innen in einem Unternehmen zu arbeiten beginnen. Das geschieht mit Vorstellungsrunden, Einarbeitung, „Welcome-Days“. Das Ende einer Zusammenarbeit hält Blu- mensträuße bereit (im einvernehmlichen Fall) und eisige Bemerkungen, wenn jemand von sich aus geht: „Reisende soll man nicht aufhalten“, heißt es dann. Da schwingt oft auch verletzte Eitelkeit mit. In das Verhältnis zu ihren Pensionist:innen haben Firmen mit Ausnahmen bislang wenig investiert. Sie waren ja nicht mehr von Belang. Jetzt durch- forsten Personaler die Archive, denn die Alten werden wieder wichtig. Wie aber wird man die Rückkehrer begrüßen? Wieder mit Vorstellungsrunden, diesmal beim Betriebsarzt? „Das ist Herr Maier, hat’s in der Hüfte, aber sonst noch ganz rüstig.“ Und Schmerzmittel vielleicht statt einem Blumenstrauß, Schmerzmittel wär’ nicht schlecht, für alle Fälle.  tm

Frauenanteil in %

Anteil Mehrkosten am Einkommen in %

12 %

60 %

58

54

51

10,8

10 %

50 %

48 47

8,7

8 %

40 %

7,6

6,7

6 %

30 %

5,3

4 %

20 %

2 %

10 %

0 %

0 %

viertes Fünftel

oberstes Fünftel

unterstes Fünftel

zweites Fünftel

drittes Fünftel*

* Einkommensfünftel

2 Meinung und Politik 

Jänner 2023

AK-Theater-Treff: Was ist Heimat für euch? Im AK-Theater-Treff gewannen zuletzt Birgit Nachbaur, Margit Salzmann, Andrea Rajh, Doris Blum und Dieter Jost je zwei bin und einfach hingehöre. Mein Vorarlberg. Brigitte Scheffknecht, Weiler Heimat ist für mich Geborgenheit,

LEITARTIKEL Kassenreform gescheitert

nen Charakteren und Eigenheiten akzeptiert. Margit Salzmann Lustenau Heimat ist, wenn ich an einem Ort angekommen bin und mich zu Hause fühle. Andrea Rajh, Nenzing Dort, wo meine Familie ist, wo ich manchen Schleichweg kenne, wo ich weiß, dass meine Nachbarin- nen und Nachbarn mir jederzeit helfen, wo mir die vielen, auch nicht immer angenehmen Gerüche vertraut sind, wo ich die Kapel- lenglocke sofort erkenne, wo ich weiß, aus welcher Richtung die Regenfront kommt – all das ist für mich Heimat. Elke Müller, Frastanz

Die angekündigten Vorteile der neuen, zentral geführten österrei- chischen Gesundheitskasse (ÖGK) haben sich als Lüge entpuppt. Nicht nur, dass die versprochene Patientenmilliarde fehlt, war auch die Ankündigung, dass die hohen Defizite in der Wiener Kranken- kasse reduziert würden, falsch. Tatsächlich verdreifacht sich deren Defizit 2023 auf knapp 150 Millionen Euro. Das stellt auch den Unternehmer:innen, die ja seit der Reform das große Sagen in der Krankenkasse der Arbeitnehmer:innen haben, wahrlich kein gutes Zeugnis aus. Die vom ehemaligen Bundeskanzler Kurz aus Unwissenheit oder Voreingenommenheit kritisierte fehlende be- triebswirtschaftliche Ausrichtung der Krankenkassen und die , Statt mehr Geld für ärztliche unterschiedlichen Leistungskataloge in den einzelnen Bundeslän- dern sollten – so die naive Meinung der damaligen Regierung – nun fachlich kompetente Unternehmervertreter:innen beseitigen. Das Ergebnis ist nicht ganz unerwartet, und die dafür verantwort- lichen Politiker:innen sind zumeist nicht mehr im Amt und auf jeden Fall nicht haftbar für den angerichteten Schaden. Die Situation in einzelnen Landesstellen ist auch mittelfristig eine Katastrophe, wie die ÖGK-interne Prognose zeigt. Demnach liegt das Wiener Defizit mittelfristig bei rund 112 Millionen Euro, das von Niederösterreich bei 95 Millionen und das von Kärnten bei 76 Millionen Euro. Im Unterschied zu den früheren Gebiets- krankenkassen mit jeweils eigenen Rechnungsabschlüssen und der Möglichkeit, Reserven aufzubauen, fließen die in den westlichen Bundesländern erwirtschafteten Überschüsse nun still und heim- lich in die Taschen der defizitären ÖGK-Landesstellen. Versorgung im Lande einzusetzen müssen wir Defizite finanzieren. Rainer Keckeis Direktor der AK Vorarlberg

Karten für das Stück „Zwei Frauen, ein Leben“. Das Stück handelt von der Frau des türkischen Dichters Kundeyt Şurdum, der auch für die AK lange Jahre Brücken zu den Zuwander:innen schlug. Der Begriff „Heimat“ zog sich wie ein roter Faden durch seine Gedichte. Heimat ist in Zeiten kollektiver Unsicherheit wichtiger denn je. Was ist sie in den Augen unserer Leser:innen? Heimat, das ist der Ort, wo ich mich wohlfühle, wo meine Wur- zeln, meine Familie und meine Freunde sind, wo ich zu Hause

wo man sich daheim fühlt! Mit netten Nachbarn, die helfen und etwas übrig haben für einen! Birgit Nachbaur, Rankweil Heimat ist für mich eingebettet, aber nicht „zementiert“ sein in ver- trauter Umgebung und beinhal- tet vor allem auch den Kontakt zu Menschen und gegenseitige Annahme. Susanne Caldonazzi-Schlögl, Ludesch Eine liebevolle Familie, die jedes einzelne Familienmitglied mit sei-

Mit MMag. Eva King (46) erhält die Vorarlberger Arbeiterkammer am 1. Juli 2023 zum ersten Mal eine Direktorin. „Wir werden die arbeitenden Menschen wieder in den Mittelpunkt der Wirtschaftspolitik rücken“, bekräftigt sie, „denn die Menschen sind das größte Kapital des Landes.“ Die Menschen sind das größte Kapital des Landes

POTENZIALE. Die Arbeiterkammer kämpft seit über hundert Jahren für gute Arbeitsbedingungen für alle Vorarlberger:innen und berät in Sa- chen Konsumentenschutz. Tatsäch- lich hat sich die Arbeitswelt in den letzten Jahrzehnten fundamental verändert und hält viele Herausfor- derungen bereit. Eva King: „Die Anzahl der Ar- beitsplätze, Berufe und Erwerbs- formen hat sich sehr dynamisch entwickelt. Das ist sowohl die Basis als auch das Ergebnis der sehr posi- tiven wirtschaftlichen Entwicklung des Landes.“ Deshalb hängt für die neue AK-Direktorin die Weiterent- wicklung des Wirtschaftsstandor- tes Vorarlberg immer auch unmit- telbar mit den Möglichkeiten und

▸ E-Mail: direktion@ak-vorarlberg.at

zusammen mit den wichtigen Part- nern aus der Wirtschaft, den Bil- dungseinrichtungen und dem AMS die erforderlichen Maßnahmen aus- zuarbeiten. „Wir wollen, dass alle Menschen ihre vorhandenen Poten- ziale voll nutzen können. Wir unter- stützen sie dabei, am Erwerbsleben teilzunehmen, und fördern bessere Vereinbarkeit von Beruf und Fami- lie. Wenn wir die Nachfrage nach hoch qualifizierten Fachkräften im Land befriedigen können, ist es eine Chance für Wohlstand“, ist King überzeugt. Eine, die es kann Dass Eva King weiß, wovon sie spricht, hat sie bereits mehrfach bewiesen. So wurde der unter ihrer

Chancen für die Mitarbeiter:innen zusammen. Chancenreich für alle Ohne qualifizierte Menschen ist ein Wirtschaftsstandort zum Scheitern verurteilt. Deshalb unterstützt die neue AK-Direktorin das Ziel des Lan- deshauptmanns, Vorarlberg bis 2035 zur chancenreichsten Region Euro- pas zu machen. „Wenn wir das ernst nehmen, dann müssen wir den im Erwerbsleben stehenden Menschen viel bessere Rahmenbedingungen für ihre berufsbezogene Um- und Höherqualifizierung bieten“, meint die künftige AK-Direktorin. Sie hat deshalb mit dem Land vor wenigen Monaten eine Fördergesellschaft ins Leben gerufen, deren Ziel es ist,

GASTKOMMENTAR Arbeitsschutz geht uns alle an Werte Leser:innen, heute möchte ich mit Ihnen über einen Themenbereich im Arbeitsschutz – die psychische Belastung am Arbeitsplatz – sprechen und darüber nachdenken, wie wir zusammen die heutige Welt ein bisschen verbessern können, ganz nach dem Motto „Retten wir einen Menschen, retten wir die ganze Menschheit“. In Österreich ist für die Arbeitssicherheit der Arbeit- geber verantwortlich. Dazu gehört nicht nur, dass Maschinen sicher sind oder Bauarbeiter:innen einen Helm tragen, sondern auch, dass die psychische Belastung der Arbeitnehmer:innen, , Auch unfreundliche Kundschaft kann eine psychische Belastung bedeuten, die nicht sein muss. Andreas Reinalter Arbeitsinspektorat z. B. durch die laute Musik in den Geschäften vor Weihnachten oder durch unfreundliche Kund:innen, vermieden wird. Warum ich das anführe? Den Grund liefert ein Vorfall, bei dem ich Zaun- gast war und der mir zu denken gegeben hat. Es war kurz vor Weihnachten, ich besorgte meine Geschenke und wollte an der Kasse bezahlen. Vor mir stand eine Person an der Kassa und das Bezahlen ging ihr nicht schnell genug, die Kundin wurde immer aggressiver, so kam es zu einem Wortgefecht, trotz- dem blieb die Dame hinter der Kassa höflich. Als ich an der Reihe war, bedankte und verabschiedete ich mich freundlich, wie ich es als Kind gelernt habe. Die Reaktion der Frau überraschte mich etwas, auch sie begann zu lächeln und sagte, dass sie froh sei, dass nicht alle Kunden so seien. Ich denke, wir alle können dazu beitragen, die Welt ein bisschen besser zu gestalten, gleichzeitig Arbeitnehmer:innen zu schützen und ihre Belastungen zu ver- ringern. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein ruhiges und vor allem gesundes 2023! ▸ Mehr Info Andreas Reinalter leitet das Arbeitsinspektorat Vorarlberg mit Sitz in Bregenz. Informationen gibt’s online unter https://www.arbeitsinspektion.gv.at/

25 % Rabatt auf Weiterbildung

Hol dir jetzt kostenlos den AK Bildungsgutschein Mit dem AK Bildungsgutschein erhalten AK Mitglieder 25 % Rabatt auf 195 Kurse am Digital Campus Vorarlberg und am BFI der AK. ak-vorarlberg.at

Politik und Soziales 3

Jänner 2023

Heimat ist für mich der Anker meines Lebens. Dieter Jost, Dornbirn Ein Ort, an dem ich zu Hause bin und zur Ruhe komme. Barbara Latschrauner, Hard Ich kam 1970 mit meinen Eltern nach Vorarlberg. Je älter ich werde, desto mehr fühle ich mich hin- und hergerissen zwischen mei- ner Wahlheimat Vorarlberg und Kroatien. In Kroatien sieht man mich als Ausländer, genauso wie in Österreich. Wo gehöre ich hin, wo bin ich zu Hause? Sanja Schoaß, Feldkirch Dort, wo ich mich daheim fühle. Das bedeutet für mich, dass ich mich wohlfühle und akzeptiert werde, wie ich bin. Ohne dass ich

mich für die Gesellschaft verstel- len muss. Selda Karakas, Lustenau Die Sehnsucht in die Kindheit! Leyla Sert, Koblach Heimat ist für mich das Gefühl dazuzugehören, verstanden zu werden, willkommen zu sein. Monika Wachter, Röthis Heimat ist für mich einerseits dort, wo meine Wurzeln liegen, aber auch anderseits der Ort, nach dem ich mich sehne und Heimweh ver- spüre, wenn ich nicht dort bin. Mirjam Steger, Bregenz Wo meine Familie und meine Freunde und Kollegen sind. Andrea Lichtenberger, Dornbirn

Wo ich sein darf. Sonja Cukic, Dornbirn

Führung gegründete Digital Campus Vorarlberg innerhalb kürzester Zeit zu einer der erfolgreichsten Bildungs- einrichtungen im Land, in der bereits über 2000 Menschen digitale Kompe- tenzen vermittelt wurden und rund 600 Student:innen in verschiedensten Studienrichtungen berufsbegleitend studieren. Im letzten Jahr wurde darauf aufbauend der Green Campus ins Leben gerufen, der mehr Menschen für die grünen Jobs von morgen ausbilden soll. Aber auch als Geschäftsführerin des Berufsförderungsinstituts (BFI) hat sie das Bildungsangebot sehr erfolgreich weiterentwickelt. Das Land braucht eine Universität Wie sehr mehr Investitionen in die be- rufliche Weiterbildung nottun, zeigt ein Blick auf den unverhältnismäßig hohen Anteil (17 Prozent) an Erwerbs- tätigen, die nur über einen Pflicht- schulabschluss verfügen, bei einem gleichzeitig sehr niedrigen Anteil an Studierenden im Lande (ein Prozent). Deshalb ist für Eva King Heimat ist für mich, wo ich mit meiner Familie in einem sozialen Umfeld, in Sicherheit und mit wertschätzender Arbeit leben kann. Hakan Alasahan, Bregenz Wo man sich längerfristig wohl- fühlt. Ufuk Can, Feldkirch Ein ideologisch besetzter Begriff. Katrin Kremmel, Lustenau Heimat ist für mich Westfalen mit seinen Hügeln, Flüssen, Wiesen, aber auch Industriebauten und unkomplizierten Menschen. Inge Scherrer, Feldkirch

Ümran Algün und Hürdem Riethmüller machen Lebenserfahrun- gen sichtbar, die einen prägenden Bestandteil der jüngeren Vorarl- berger Vergangenheit darstellen.

EINGEKLAGT. Der Unterländer Arbeitnehmer war viele Jahre bei derselben Firma beschäftigt. Dann kündigte er sein Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungs- frist zum Monatsletzten. Alles ganz normal. Bis zu dem Augenblick, als ihm sein Chef mitteilte, dass er für den letzten Monat keine Gehalt erwarten dürfe. Er habe ihm etwa 300 Minusstunden gegenverrechnet. Deshalb forder- te der Vorgesetzte auch noch 3000 Euro an Rückzahlung. Da sich der Arbeitnehmer die behaupteten Minusstun- den beim besten Willen nicht erklären konnte, fragte er bei seiner Arbeiterkammer um Rat. Laut Angaben des Arbeitnehmers und aus den vor- gelegten Stundenerfassungen ergab sich, dass im Unter- nehmen zwischen „produktiven“ und „unproduktiven Stunden“ unterschieden wurde. „Produktive Stunden“ konnten direkt an Kunden des Arbeitgebers weiterver- rechnet werden, „unproduktive Stunden“ ergaben sich aus erforderlichen Zwischenarbeiten wie Terminverein- barungen, Reklamationsbearbeitungen, Unterstützung von Arbeitskolleg:innen u. Ä. Die Juristin der AK Vorarlberg nahm umgehend mit der Firma Kontakt auf. Sie machte deutlich, dass eine Unterscheidung zwischen „produktiven“ und „unproduk- tiven Stunden“ eine Überwälzung des Unternehmerrisi- kos auf den einzelnen Arbeitnehmer darstellt und damit arbeitsrechtlich unzulässig ist. Aber der Arbeitgeber war dennoch nicht bereit, das Entgelt ordnungsgemäß abzu- rechnen. Und überhaupt: Da kämen auch sonst noch Mi- nusstunden vor! Die AK hat daraufhin die noch offenen Ansprüche des Arbeitnehmers beim Landesgericht Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht eingeklagt. Und siehe da: Im Zuge des Verfahrens hatte auch der Arbeitgeber ein Einsehen. Die AK brachte einen Vergleich zugunsten des Arbeitnehmers zustande. Von „produktiven Arbeitsstunden“ und den anderen Wie ein Arbeitnehmer, ohne es zu wissen, 300 Minusstunden anhäufte ▸ So erreichen Sie uns: Telefon 050/258-2000 zum Ortstarif oder 05522/306-2000, E-Mail arbeitsrecht@ak- vorarlberg.at, Fax 050/258-2001. Unsere Kontaktzeiten sind von Montag bis Donnerstag 8 bis 12 und 13 bis 16 Uhr sowie am Freitag 8 bis 12 Uhr.

King ebenso klar, wie sie sich der politischen und wirtschaftli- chen Macht jener be- wusst ist, die aus dem jetzigen Sys- tem enor- me Vorteile lukrieren. Im Gegensatz dazu trägt der hohe

auch die Frage der Schaffung einer Universität in Vorarlberg von großer Bedeutung. „Als die AK vor vielen Jahren die Schaf- fung einer Fachhochschule in Vorarlberg forderte, gab es wenige Mitstreiter:innen und viele Bedenkenträger, und heute sind alle froh, dass wir die Fachhoch- schule haben. Ähnlich ist es um die Frage einer Lan- desuniversität bestellt,

wo die Zahl der Verhin- derer zwar sinkt, aber im- mer noch klar die Richtung vorgibt. Hier gilt es für uns als Arbeiterkammer, zu- sammen mit den konstruk- tiven Kräften in diesem Lande hartnäckig an diesem Ziel zu arbeiten.“ Wohnraum schaffen Die Nähe zur Schweiz und die hohen Lebenshaltungskosten in Vorarlberg bedingen gut bezahlte, qualifizierte Ar- beitsplätze. Gerade im Bereich Wohnen haben sich die Kosten bereits stark an das Niveau der benachbarten Schweiz angeglichen, ohne dass die Einkom- men der arbeitenden Menschen in ähnlichem Ausmaß gestiegen wären. Deshalb zählen die Frage der Schaffung von leistbarem Wohnraum bzw. die För- derung der Eigentumsbildung zu den Prioritäten der künftigen AK-Direkto- rin King. Dass es dazu auch starker Eingriffe des Gesetzgebers bedarf, um Spekula- tion und Kapitalkonzentration im Im- mobilienbereich einzudämmen, ist für

Eva King wird neue Direktorin der AK Vorarlberg: Die Förderung von leistbarem Wohnen und der Ausbau des Bildungsangebots sind zwei ihrer Schlüsselprojekte.

Anteil von Haus- und Wohnungseigen- tum in Vorarlberg ganz wesentlich zur Krisenfestigkeit Vorarlbergs bei, weil die Menschen bei den aktuellen Preissteigerungen weniger ihres ver-

fügbaren Einkommens für Wohnen aufwenden müssen. Ein starker Wirt- schaftsstandort trägt wesentlich zum Wohlstand der Menschen bei. Wichtige Voraussetzungen dafür sieht die neue Direktorin in der breiten Erwerbsbe- teiligung, einem hohen Lohnniveau und einer breiten Eigentumsbildung. Die neue Direktorin hat sich daher vor- genommen, dass zwei ihrer Schlüssel- projekte die Förderung von leistbarem Wohnen und Wohnungseigentum und der Ausbau des Bildungsangebots in Vorarlberg sind. Dass sie ein hohes Tempo vorgibt, hat Eva King auch schon in der Vergan- genheit bewiesen. Wir dürfen gespannt sein, was da noch kommt!

BASISWISSEN RASCH ERKLÄRT

Minusstunden Ob Minusstunden tatsächlich vorliegen oder ob allfällige Minusstunden im Rahmen von Lohnabrechnungen zum Abzug gebracht werden dürfen, hängt vom Einzelfall ab. Grundregel ist, dass Minusstunden, welche in der Sphäre des Arbeitgebers entstanden sind, nicht vom Arbeit- nehmer zu verantworten sind. Schickt ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter:innen beispielsweise nach Hause, weil keine Arbeit mehr vorhanden ist, liegt dies jedenfalls in der Sphäre des Arbeitgebers und es können keine Minus­ stunden verrechnet werden.

Eva King geboren 1976

verheiratet, vier Kinder wohnhaft in Fontanella Studium Volkswirtschaft und

Betriebswirtschaft WU Wien, Master in Nachhaltiger Entwicklung in Paris und Padua, spricht vier Sprachen, begeisterte Bergsportlerin

4 Politik und Soziales 

Jänner 2023

AK lädt zur großen Wohn-Umfrage – AK wie Sie in Vorarlberg wohnen, und helfen zu verbess GROSSE AK-WO Ein Grund Gefa

BELASTUNGEN. Wohnen ist ein Grund- recht. Dass es viel zu teuer ist, beklagen alle. Aber niemand tut etwas dagegen. Weiterhin dienen Wohnen, Grund und Boden als Speku- lationsobjekte, obwohl die AK bereits im Juni 2022 nachgewiesen hat, dass das Land viel mehr tun könnte. Das Gutachten hatte nicht irgendwer, sondern Univ.-Prof. Dr. Peter Buß- jäger verfasst. Allein, man nahm es einfach zur Kenntnis. Die AK Vorarlberg setzt sich weiterhin da- für ein, dass angemessenes Wohnen oder gar der Erwerb von Eigentum kein Wunschtraum wird. „In einer großen Online-Umfrage er- gründen wir jetzt die konkrete Situation der Menschen im Land“, unterstreicht AK-Prä- sident Bernhard Heinzle. Denn die monatli- chen Wohnkosten explodieren förmlich. Das

stellt immer mehr Mensc vor Herausforderungen, d men können. Ein Grundstü oder gar ein Haus kaufen nur noch ganz wenige leis ten sind in den vergangene gestiegen. Preise gehen durch die D Die irre Preisentwicklung f nen die Lohnabschlüsse wettmachen. Allein zwisc sind die Eigentumspreise um 78 Prozent gestiegen aber nur um 30 Prozent. Au in diesem Zeitraum um d Prozent gestiegen. Mieten zwischen nur noch in Sal Vorarlberg. „Deshalb wollen wir m die ganz individuellen Be betont Heinzle: „Wie geht ger:innen mit ihrer Woh

Stimmen von der Facebo Ich habe vor ein paar Jahren gemeinsam mit m eine Drei-Zimmer-Dachgeschosswohnung im punkt, als sich unser Fixzins zum variablen um an die Decke gingen! Ich habe mir seit jeher ein ich vor einem finanziellen Abgrund. Das sind a über 2000 Euro monatlich. Dazu kommen noc mich zum Leben (wohlgemerkt ohne Auto) tro rund 500 Euro. M. Z. Die 20 Prozent Eigenkapital für Wohnraumkre was leisten! J. B. Vielleicht könnte man einmal diesen „Wunsch derzeit vor die größte Herausforderung und h nachbarte Schweiz schauen, das Land des Kap gehört der Bank (also dem Staat). Bezahlt wer auch demStaat. Wohnraum ist ein Grundrech auf der Straße darf kein Mensch schlafen müs darüber wird progressiv besteuert. Und wenn dazunehmen, dann können wir einer Zukunft f W. J.

AK-Präsident Heinzle: „Sagen Sie uns, wie Sie wohnen und wo die Probleme liegen! Nur so können wir gute, nachhaltige Interessenpolitik betreiben!“

Gegen die Teuerung fordern viele mit der AK: Lohnsteuer runter und Löhne rauf!

Teuerung in Vorarlberg Online-Umfrage der AK Vorarlberg, 896 Befragte Wo spüren Sie die Teuerung am meisten? (Mehrfachantworten möglich)

Beim Einkauf im Supermarkt

95 %

UMFRAGE. Können wir uns das Leben noch leisten? Das Ergebnis einer Online- Umfrage der AK zwischen 5. Dezember 2022 und 5. Jänner 2023 spricht Bände. 896 Frauen und Männer nahmen teil. So kommt jede:r Vierte mit dem Ein- kommen gerade noch über die Runden. Wenn die Teuerung anhält, wird es bei 46 Prozent der Befragten eng. Mehr als jede:r zehnte Befragte kommt mit dem Gehalt gar nicht mehr zurecht. Praktisch jede:r (95 Prozent) spürt die Teuerung am meisten beim Einkauf im Supermarkt, 66 Prozent an der Tank- stelle, 55 Prozent beim Heizen und 49 Prozent beim Stromverbrauch. Nur ein

Prozent sagt, dass die Teuerung völlig spurlos an ihm bzw. ihr vorüberzieht. Nachdenklich in die Zukunft Angesichts des Kriegs in der Ukraine und aller damit verbundenen Unwäg- barkeiten blicken viele skeptisch in die Zukunft: 67 Prozent glauben daran, dass sich die Situation verschlechtern wird, jede:r Fünfte erwartet für sich selber ernsthafte finanzielle Probleme. Immer- hin: Dieser Wert hat sich gegenüber der Online-Befragung im Sommer 2022 um sieben Prozent verbessert. Nicht verän- dert hat sich hingegen, dass knapp mehr als die Hälfte der Befragten eine kräftige

Lohnerhöhung und eine Senkung der Lohnsteuer für angebracht hielte. Das kann AK-Präsident Bernhard Heinzle nur unterstreichen: „Wohnen, essen, heizen – alles verteuert sich in Re- kordzeit.“ Deshalb lautet der Ruf der AK Vorarlberg kurz und bündig: „Lohnsteu- er runter und Löhne rauf!“ Mit der Ab- schaffung der Kalten Progression hat die AK ein Kernanliegen bereits durchge- bracht. So wird ein:e Erwerbstätige:r mit einem Einkommen (Einkommensteuer- Bemessungsgrundlage) von 35.000 Euro im Jahr 2023 um mehr als 1000 Euro bzw. fast 14 Prozent weniger Steuern zahlen als im Jahr 2021.

An der Tankstelle

66 %

Beim Heizen

55 %

Beim Strom- verbrauch

48 %

In der Freizeit oder im Urlaub

40 %

Ich spüre sie gar nicht

1 %

Politik und Soziales 5

Jänner 2023

Die AKtion fragte: Habt ihr schon Zwei-Klassen-Medizin am eigenen Leib erfahren? Alle Versicherten haben ein Recht darauf, dass sie im Fall von Krankheit, Unfall oder Arbeitsunfähigkeit auf hohem Niveau, ohne finanzielles Risiko und unabhängig von Alter, Einkommen, gesellschaftlicher Stellung usw. abgesichert sind. Das ist das Herzstück der medizinischen Versorgung in Österreich. Aber schlägt dieses Herz noch regelmäßig? Die AK fordert darüber hinaus einen digitalen ‚Ärzt:innen-Vertretungspool‘, der die Vertretungen für Vertragsärzt:innen während z. B. einer Karenz organisiert oder übergangsweise den Betrieb in aktuell nicht besetzten Vertragsarztstellen sicherstellt. „Die Mitarbeit in einem derartigen „Ärzt:innen-Vertretungspool“ wäre eine neue und ideale Möglichkeit, um auch über Wahlärzt:innen die Sachleistungsversorgung für die Patient:innen lückenlos zu sichern“, ist AK-Präsident Bernhard Heinzle überzeugt. Wir baten die Leserschaft der AKtion um ihre Erfahrungen.

K-Präsident Heinzle: „Sagen Sie uns, n Sie uns so, die Situation im Ländle sern!“ OHNUMFRAGE drecht in ahr!

Die Zwei-Klassen-Medizin ist nicht zu übersehen. Es ist traurig, monatlich zu sehen, was vom Lohn an das Gesundheitssystem abgeht – und zeitweise muss zusätz- lich Geld in die Hand genommen werden, um in akuten Fällen ordentlich versorgt zu werden. Katharina Gartmann, Dornbirn Noch nicht, zum Glück muss ich sehr selten zum Arzt gehen. Judit Szücs, Bregenz Mir ist es schon passiert, dass ein Arzt beim Erstkontakt gleich nach einer Zusatzversicherung gefragt hat. Manuela Wehinger, Schwarzach Wenn die Krankenkassen den Ärzt:innen mehr zahlen würden, wären sie nicht auf Privatpatient:innen angewiesen, um über die Runden zu kommen. Sabine Wille, Dornbirn Die AK sollte unbedingt dagegensteuern, dass es nicht nur Wahlärzt:innen gibt. Ingrid Monschein, Nenzing Ja, unbedingt mehr Kassenärzt:innen. Ich musste im LKH behandelt werden und wurde zu einem Urologen über- wiesen. Natürlich ein Wahlarzt – hohe Kosten und nur ein Drittel Refundierung von der ÖGK. Für viele Personen ist das gar nicht leistbar. Brigitte Scheffknecht, Weiler Ja, ich habe es im Krankenhaus selbst erlebt. Ein privat Versicherter wurde unter allen bevorzugt. Adrian Springhetti-Reheis, Bregenz Wenn man keine Zusatzversicherung hat, muss man oft sehr lange Wartezeiten in Kauf nehmen, bis man einen Termin beim Facharzt hat. Karin König, Lustenau Ja, mehr Kassenärzt:innen wären dringend notwendig, da ich auch schon verschickt wurde und mein Mann schon zwei Mal die Zwei-Klassen-Medizin erlebt hat. Bettina Schmid, Dornbirn Als ich es mir noch leisten konnte, privat versichert zu sein, wurde ein Röntgentermin von drei Wochen auf

die Zwei-Klassen-Medizin keine Ausnahme mehr, sondern eher die Regel. Doris Fuchsberger, Hohenems Ich habe mit meinen Kindern auch zusätzlich bei Notwen- digkeit Kinder-Wahlärzt:innen in Anspruch genommen. Die Kosten dafür sind wirklich hoch, das können sich vor allem nur besserverdienende Eltern leisten, die das viel- leicht auch mit einer Zusatzkrankenversicherung kom- pensieren können. Doch auch hier wird es schwierig oder ist gar unmöglich, eine solche Versicherung abzuschlie- ßen, wenn man ein ernsthaft erkranktes oder behindertes Kind hat. Uns jedenfalls trifft diese Notwendigkeit sehr stark im Haushaltsbudget. Und zudem wünsche ich den eingesetzten Kinderärzt:innen unbedingt auch Entlas- tung, damit nicht noch diese wegen Burnout ausfallen! Susanne Caldonazzi-Schlögl, Ludesch Ich war ursprünglich privat versichert und bin jetzt bei der SVS, und beim Frauenarzt war ein deutlicher Unterschied zu spüren … die Ärztin nahm sich nicht mehr so viel Zeit wie gegenüber einer Privatversicherten! Ingrid Blecha, Feldkirch Als Privatpatient ist man besser dran. Habe es in der Phy- siotherapie auch schon selbst erlebt. Unsere Hausärztin ist Kassenärztin, sie ist aber ok und nimmt sich Zeit, wenn man Probleme hat. Mein Zahnarzt hingegen ist da schon etwas kurz gebunden. Macht seine Arbeit und Tschüss (Kassenarzt), das Menschliche fehlt mir da. Erika Weithaler, Lustenau Sehr deutlich habe ich den Unterschied nach einem Unfall mit einer Zertrümmerung eines Fingerknochens erlebt. Ich sollte am nächsten Morgen nüchtern zwecks OP er- scheinen. Am nächsten Morgen wusste niemand etwas davon, man konnte mir auch nicht sagen, wie die weitere Vorgangsweise sei. So wurde ich von einem Ambulanz- termin zum nächsten vertröstet. Erst als ich kategorisch verlangte, den verantwortlichen Oberarzt sprechen zu können, erhielt ich das, was ich eigentlich für ein selbst- verständliches Patientenrecht halte. Trotz der demonstrativen Verärgerung des Oberarztes über mein Verhalten erklärte ich ihm ruhig, dass ich nicht mehr verlange als eine klare Information, wie es mit der Fingerwunde weitergehen soll. Die erhielt ich dann auch, und von da an wurde ich bei jedem Am- bulanztermin sofort in das Zimmer des Oberarztes geschickt.

chen in Vorarlberg die sie nicht stem- ück, eine Wohnung n – das können sich sten. Auch die Mie- en 15 Jahren enorm Decke fürs Eigentum kön- längst nicht mehr chen 2010 und 2020 e im Durchschnitt n, die Einkommen uch die Mieten sind durchschnittlich 40 n ist bundesweit in- lzburg teurer als in möglichst viel über elastungen wissen“, t es den Vorarlber- nsituation? Online

und anonym kann uns jede:r die ganz persön- liche Situation schildern“, sagt der AK-Präsi- dent. „Denn jede:r muss wohnen.“ Da steht ein Grundrecht auf dem Spiel. Das wirft viele grundsätzliche Fragen auf: Miete oder Eigentum? Sind die Zeiten der Häuslebauer am Ende gar endgültig vor- bei? War früher in diesem Zusammenhang tatsächlich alles besser als heute? Aber auch ganz praktisch geht es in der großen AK- Wohnumfrage zur Sache: Stellen die neuen Kreditvorgaben ein unüberwindbares Hin- dernis dar? Wie oft wurde Ihre Miete im ver- gangenen Jahr erhöht? Wie haben sich die Be- triebs- und Energiekosten entwickelt? Haben Sie noch einen Überblick über Ihre Abrech- nungen? Und vor allem: Können Sie sich das Wohnen überhaupt noch leisten?

▸ Die AK führt nun eine große Umfrage durch. Machen Sie mit und schildern Sie uns anonym Ihre persönliche Situation! Wo? Auf ak-vorarlberg.at.

ook-Seite der AK Vorarlberg meiner Frau (nun Exfrau) unsere Traumimmobilie erstanden: Herzen von Bludenz. Die Trennung kam genau zu dem Zeit- mänderte und die Zinsen durch Erhöhung des EZB-Leitzinses in neues Leben in Vorarlberg aufbauen wollen, doch nun stehe allein für die Wohnung mit Rückfinanzierung + Unkosten etwas ch Unterhalt und diverse Versicherungen. Somit bleiben für otz eines stattlichen Gehaltes von monatlich 3000 Euro netto

den nächsten Tag vorgezogen. Susanne Hiestand, Muntlix

Aber was macht da jemand, der sich nicht traut, sein Recht einzufordern, oder einfach sprachlich nicht ge- wandt genug ist, um sich gegen unwillige, ungeduldige Ambulanzärzt:innen durchzusetzen? Walter King In Feldkirch gehen dem- nächst mehrere Kassen-

Definitiv habe ich das am eigenen Leib erfahren. Sogar ganz oft. Erste Frage beim Arzt: „Wie sind Sie versichert?“ Auch schon bei der Terminvergabe scheint dies die wichtigste Information zu sein – gerade was spezielle Untersuchungen betrifft (MRT usw.). Hier

edit wieder abschaffen, so kann sich kein Ottonormalbürger

bekommt man innerhalb einer Woche einen Termin, wenn man entsprechend versichert ist bzw. die Untersuchung selbst be- zahlt. Bei Abrechnung über die Kasse darf man ca. ein halbes Jahr warten (mittlerweile sogar schon für die Mam- mografie, für die es früher innerhalb eines Monats einen Termin gab). Leider ist

htraum Häusle bauen“ beerdigen. Diese Wohnform stellt uns hat keine Zukunft mehr. Vielleicht sollte man einmal in die be- pitals – dort ist der Besitz einer Wohnung nebensächlich – die rden nur die Zinsen – und bekanntlich gehören die eigentlich ht – klar, über Größe und Ausstattung müssen wir reden, aber ssen. Also, 25 bis 30 Quadratmeter pro Person sind frei, alles n wir dann auch noch eine Grundexistenzsicherung für alle für alle entgegensehen.

ärzt:innen in Pension. Keine Ahnung, wo ich dann unterkomme. An- dere Ärzte nehmen keine Neupatient:innen auf. Und Wahlärzt:innen gibt es in

Feldkirch auch nicht genügend. Desiree Ilg, Feldkirch

Wie gut können Sie mit Ihrem Einkommen leben?

Was glauben Sie: Wie wird sich Ihre ‡nanzielle Lage in den kommenden sechs Monaten entwickeln?

Was würde Ihnen am meisten gegen die Teuerung helfen?

Die Waschmaschine geht kaputt. Können Sie sich die 1000 Euro für eine neue leisten?

eine Senkung der Lohnsteuer 27 %

Es reicht hinten, vorne und auf beiden Seiten nicht. 12 %

ganz gut, und das wird auch so bleiben 16 %

Sie wird sich verschlechtern und mich vor ernsthafte Œnanzielle Probleme stellen. 19 %

Wieso entweder-oder? Ich will beides! 52 %

Ja 53 %

Sie wird sich verbessern. 4 %

Sie wird gleich bleiben. 29 %

Nein 47 %

Ich komm gerade noch über die Runden. 26 %

gut, aber wenn das mit der Teuerung weitergeht, wird’s eng 46 %

Sie wird sich leicht verschlechtern. 48 %

eine kräftige Lohnerhöhung 21 %

6 Soziales und Arbeit 

Jänner 2023

Gemeinsam für ein Ende ohne Schrecken Walz-Niederlassung in Höchst schließt am 30. Juni für immer – Gewerkschaft und Betriebsrat brachten einen umfassenden Sozialplan auf den Weg – Alle profitieren

WEIBERKRAM von Univ.-Prof. Irene Dyk-Ploss

Allheilmittel Pensionssplitting Steigende Inflation und immer höhere Energiekosten treffen Mehrkinderfamilien, Alleinerziehende und Pensionist:innen ganz besonders. Vor allem geschiedene oder verwitwete Frauen mit längeren Kindererziehungszeiten geraten im Alter nicht selten in prekäre finanzielle Schieflagen, weil sie kaum durch ausreichende Eigenpensionen abgesichert sind. Die Übertragung von Pensionsanteilen des Partners auf frei- williger Basis wurde bisher selten in Anspruch genommen; komplizierte Abläufe und fehlende Bereitschaft der Männer zum „Teilen“ spielen wohl ebenso eine Rolle wie die Hoffnung der Frauen, dass die Beziehung schon gutgehen werde. Eine von der Politik angedachte Verpflichtung zum Pensionssplitting ersetzt aber keineswegs eine bessere Anrechnung der Erziehungszeiten bzw. ausreichende Kinderbetreuungsstätten als Basis für (ganz- tägige) Frauenerwerbstätigkeit. Denn gerade in Fällen mit (zwei) niedrigen Einkommen bedeutet Pensionssplitting die Umver- teilung von „von Not auf Elend“ … und im schlimmsten Fall den teilweisen Verlust von öffentlichen Zuschüssen für Frauen … ▸ E-Mail: Irene.Dyk-Ploss@jku.at Vier Monate auf dem Trockenen AK verhalf 62-jähriger Homeoffice-Kraft nach Kündigung zu Überbrückungsgeld

SOZIALPLAN. Eigentlich ist die Schlie- ßung einer Arbeitsstätte kein Anlass zur Heiterkeit. Aber an der Geschichte von Beatrice Kanjo (55) ist nichts so, wie es sein sollte. Daran hat die Gewerk- schaft keinen unmaßgeblichen Anteil. Chefin und Betriebsrätin Sie hat damals, vor 25 Jahren, die Zweig- stelle der deutschen Walz AG in Höchst aufgesperrt. „Wir haben ganz Öster- reich und die Schweiz mit Babyartikeln beliefert.“ Das Geschäft brummte. Zu- letzt verdienten in Höchst 14 Frauen und ein Mann ihre Brötchen beim deut- schen Kleinkindspezialisten. Beatrice Kanjo führte das Geschäft. Und sie gründete umgehend einen Be- triebsrat. Im deutschen Mutterhaus in Bad Waldsee sah man das ungern. Aber Beatrice Kanjo war nicht zu bremsen. Alle ihre Mitarbeiter:innen traten der Gewerkschaft bei. Das alles hat sich jetzt sehr bezahlt gemacht. Gerüchte machen die Runde 27. Oktober 2022. Beatrice Knajo fährt nach Bad Waldsee. Zu einer „ganz nor- malen Sitzung“. Aber sie kann den Bra- ten schon riechen. Der Mietvertrag für die Höchster Niederlassung läuft aus. Die Gerüchteküche brodelt. Alles ist teurer geworden: das Papier, die Ein- käufe in Ostasien … Eine Stunde später hat sie’s dann schriftlich. Die Märkte Schweiz und Ös- terreich werden künftig von Bad Wald- see aus betreut, Höchst muss schließen. Was denkt man in so einem Augenblick, nach 25 Jahren? „Ich bin in die Therme gefahren“, bekennt sie, „und hab mir ge- dacht: Hüt schaff i amol nix meh!“ Wie sollte sie es ihren Leuten sagen? „Die ha- ben ja alle ein gewisses Alter, jede:r hat ein Schicksal …“ Sie ließ das Wochenen- de noch verstreichen, am Montag trat Beatrice Kanjo dann vor ihr Team. Was Dringendes? Als sie Marcel Gilly anrief, fragte der ziemlich beschäftigt: „Gibt’s was Drin- gendes?“ Der eben bestellte neue Ge- schäftsführer der GPA war in Sitzun- gen. „Da hat sie nur gesagt: Wir werden zugesperrt.“ Wenig später saß Gilly im Auto. Was dann geschah, könnte in ähn- lichen Fällen als Muster dienen: Die deutsche Geschäftsleitung war mit den österreichischen Gegebenheiten nicht vertraut. „Wir haben dann Wirtschafts- kammer und die Geschäftsleitung aus Bad Waldsee an einen Tisch gebeten“, sagt Gilly, der ab diesem Zeitpunkt

Betriebsrätin Beatrice Kanjo und Gewerkschafter Marcel Gilly: Als Team haben sie das „Aus“ für die Filiale für alle verträglich gestalten können.

nicht mehr von Kanjos Seite wich. Nach vier Gesprächen stand der Sozialplan. Er beinhaltet Sonderzahlungen für die Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten. Das Unternehmen bezahlt ihnen als Dank für die jahrelange Treue jenseits der gesetzlichen Ansprüche namhaf- te vierstellige Beträge. „Wir schließen endgültig Ende Juni“, sagt Kanjo, „aber alle Beschäftigten können bis dahin zu jedem Zeitpunkt ihr Dienstverhältnis auflösen, wenn sie einen neuen Job ge- funden haben.“ Bei zweien (59 und 54

Jahre) hat das schon geklappt. „Auch wenn die Leute irgendwo schnuppern gehen, wird das alles bezahlt.“ Der Ar- beitgeber gibt sich sichtlich Mühe. Und Beatrice Kanjo? Die sucht noch gar nicht. „Erst will ich alle meine Leute gut versorgt wissen“, sagt sie. Dann wird sie am 30. Juni das Licht abdrehen in der Höchster Bündtenstraße 6a, nach 25 Jahren und für immer. Das fällt ihr schwer. Aber ohne Gewerkschaft und Betriebsrat wäre sie ganz allein dage- standen.

IN NOT. Eine Arbeitnehme- rin war zum Ende ihrer beruf- lichen Tätigkeit ordentlich in die Klemme geraten und bat die AK um Hilfe. Sie war als Angestellte seit 2011 für ein deutsches Unternehmen beschäftigt. In Dornbirn be- treute sie von zu Hause aus sowohl österreichische als auch ausländische Kunden. Hauptsächlich war sie als Homeoffice-Mitarbeiterin be- schäftigt. Als die österreichi- sche Vertretung geschlossen wurde, sprach das Unterneh- men ihr die Kündigung aus. Vertrackte Situation Die Arbeitnehmerin war zu diesem Zeitpunkt bereits 62 Jahre alt. Als gebürtige Deut- sche konnte sie die Pension erst vier Monate nach der be- absichtigten Beendigung des Dienstverhältnisses in Anspruch nehmen. In Öster- reich hätte sie zwar einen Anspruch auf eine Alters- pension gehabt, hätte jedoch aufgrund der Tatsache, dass sie lediglich die Pensionszei- ten seit 2011 aufwies, nur eine ganz geringe Pension erhal-

ten. Weil sie aber eine Alters- pension in Österreich hätte beantragen können, hätte sie auch kein Arbeitslosengeld in Österreich beziehen dürfen. Die Kündigung traf die Arbeitnehmerin sehr. Sie musste davon ausgehen, dass sie mindestens vier Monate ohne jede Leistung durch- kommen musste, bis sie in Deutschland eine Pension erhalten würde. Die AK schal- tete sich ein. Den Arbeitgeber wies sie darauf hin, dass eine Klage wegen Kündigungs- anfechtung aufgrund von Altersdiskriminierung und Sozialwidrigkeit im Raum stehe. Das half. Die Kündigung blieb zwar aufrecht, die Arbeitnehme- rin aber erhielt als freiwillige Abfertigung jene Gehalts- zahlungen, die sie für die Dauer der Beschäftigung bis zum Pensionsantritt erhalten hätte. So konnte eine gericht- liche Auseinandersetzung vermieden werden, und der Arbeitnehmerin wurde eine finanzielle Absicherung bis zum Pensionsantritt ermög- licht. JETZT DEN NEWSLETTER DER AK VORARLBERG ABONNIEREN! Mit dem Newsletter

BASISWISSEN RASCH ERKLÄRT

von Dr. Christian Maier AK-Arbeitsrecht

Ohne Betriebsrat kein Sozialplan Betriebe werden gegründet, können wachsen und gedeihen, aber auch wieder ge- schlossen oder liquidiert werden. All das wirkt sich natürlich auf die Beschäftigten aus. Da aber der oder die Einzelne wenig bewirken kann, gibt es die Möglichkeit, eine Belegschaftsvertretung zu wählen, den Betriebsrat. Besteht im Betrieb ein gewählter Betriebsrat, dann ist die Firmenleitung verpflich- tet, den Betriebsrat über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Betriebs zu informieren und ihn bei geplanten Änderungen einzubinden. Der Betriebsrat kann so die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Belegschaft beurteilen und dem Chef beratend zur Seite stehen. Sind die angedachten Änderungen mit wesentlichen Nachteilen für erhebliche Teile der Belegschaft verbunden, kann der Betriebsrat in Betrieben ab 20 Dienstnehmer:innen den Abschluss eines Sozialplanes, notfalls auch unter Einschaltung einer gerichtlichen Schlichtungsstelle, erzwingen, um so die Aus- wirkungen für die betroffenen Mitarbeiter:innen abzumildern oder zu beseitigen. Oft reicht das Wissen um die Erzwingbarkeit alleine schon aus, dass die Arbeit- geberseite zum Abschluss eines Sozialplans bereit ist. Üblicherweise finden sich in Sozialplänen zusätzliche Abfertigungszahlungen gestaffelt nach Alter oder Dauer der Betriebszugehörigkeit, Abfindungen, Ausgleichszahlungen für entgehende Anwartschaften, längere Kündigungsfristen, Umschulungsmaßnahmen für die aus- scheidenden Arbeitnehmer:innen, Arbeitsstiftungen, Übernahme von Bewerbungs- kosten, Härtefonds, Umzugshilfen, Regelungen zu Dienstwohnungen oder privat genutzten Firmenfahrzeugen und Ähnliches. All das kann aber nur dann geregelt werden, wenn ein Betriebsrat besteht, denn ohne Betriebsrat kann kein Sozialplan abgeschlossen werden. Ohne Betriebsrat sind die betroffenen Beschäftigten auf das Wohlwollen und die Kulanz der Arbeitgeber- seite angewiesen.

Ein Schlag ins Gesicht der Älteren AK-Heinzle: Geblockte Altersteilzeit in manchen Branchen schlicht notwendig

der AK Vorarlberg erhältst du nütz- liche Informationen direkt aufs Handy. Und das gratis. Wie? Wo? ▸ vbg.arbeiter- kammer.at

ALTERSTEILZEIT. Die Re- gierung plant, die geblockte Altersteilzeit schrittweise abzuschaffen. Das empfin- det AK-Präsident Bernhard Heinzle als einen Schlag ins Gesicht der älteren Beschäf-

nicht schließen. Stattdessen werden die Invaliditätspen- sionen zulegen. „Das kann doch nicht der Sinn sein!“ Die Altersteilzeit ermög- licht es Beschäftigten, mit reduzierter Arbeitszeit glei-

tigten. „Es gibt besonders geforderte Berufsgruppen. Nicht jeder kann mit 60 noch am Bau stehen.“ Sie alle zu zwingen, durchzuhalten, wird in Heinzles Augen die Lücken am Arbeitsmarkt

tend vom Erwerbsleben in die Alterspension zu wech- seln. Sie kann bislang auch geblockt vereinbart werden. Dann arbeitet man eine be- stimmte Zeitspanne voll weiter und hat dann frei.

Schaffarei 7

Jänner 2023



›.œ.žž Ÿ ž¡.ž.ž¢

FIROBAD

Halbjahr #03 Das Haus für Arbeitskultur Widnau 10, Feldkirch

2018

2019

2016 2017

2020

2021

Zu- und Wegzüge nach und aus Vorarlberg nach Staatsangehörigkeit

Österreich

1163

1094

1118

1179

1174

1041

1555

1622

1629

1706

1483

1536

Zuhören lohnt sich! Das Erzählcafé Firobad beweist es jedes Mal. Was haben eine Fitnessbetreuerin von 21 Jahren, ein langgedienter Bibliothekar und eine Nachhaltigkeitsmanagerin einander zu erzählen? So viel. Hannah Feurstein, Thomas Feuerstein und Mirjam May erfüllten den Raum mit ihren Lebenswegen derart, dass die Zuhörer:innen den Vorsatz nach Hause trugen, sich künftig mehr für den Alltag anderer zu interes- sieren. Nicht nur dann, wenn sie vermeintlich prominent sind. Der Firobad stellt eindrücklich unter Beweis, wie viel Spannendes sich hinter jedem Arbeitsleben verbirgt. Das nächste Mal am 16. Februar 2023. Der ungerade Weg zur Berufung Wie der HTL-Lehrer Markus Kornfehl über Umwege zu seinem Traumberuf gekommen ist und heute die Schule der Zukunft mitgestaltet

01 02

24.2.23, ab 9 Uhr, Exkursion: GutePraxis „Arbeiten für das Gemeinwohl“ – Wirtschaftlich erfolg- reich sein und im Sinne des Gemeinwohls handeln. Wie das zusammen geht, erfahren wir in der Tischlerei Engel und Brotzge in Hard und beim Outdoorspezialis- ten Vaude im benachbar- ten Tettnang.

7.2.23, 12 Uhr, Mittag- essen mit meinem Traumjob: Data Scientist / Kuche Wir haben in der Kuche einen Tisch für dich und Jack Streatfeild reserviert. Er ist Senior Data Scientist bei TOWA und trifft dort anhand von Datensätzen treffsichere Vorhersa- gen. 16.2.23, 17:30 – 19:30 Uhr, Firobad Erzählcafe / Schaffarei OG3 21.2.23, 12 Uhr, Mittag essen mit meinem Traumjob: Bestatter / Kuche Wir haben in der Kuche einen Tisch für dich und Christof Wieland reserviert. Er arbeitet als Bestatter und steht Hinterbliebe- nen bei Todesfällen hilfreich zur Seite.

24.1.23, 12 Uhr, Mittagessen mit

meinem Traumjob: Kulturvermittler / Kuche Wir haben in der Kuche einen Tisch für dich

und Fatih Özcelik reserviert. Er setzt Vermittlungs- und

Vernetzungsprojekte im Vorarlberg Museum um und macht derzeit ein Studium in Digitaler Bildung. 26.1.23, 20 Uhr, ArbeitsLebens Geschichte: Rodar Ali / Klub Vom Tourismusfach- mann zum Elektrotech- niker: „Hör nie auf zu lernen.“

Detailliertes Programm auf: schaffarei.at

WERDEGANG. Die Karriere von Markus Kornfehl wechselt oft die Richtung, führt aber immer steil bergauf – bis er mit der Frage kon- frontiert wird: Was will ich eigent- lich wirklich? Als einziger Sohn hätte Markus Kornfehl den Fami- lienbetrieb, eine Spenglerei in Linz, übernehmen sollen. Sein Vater schickt ihn in die HTL für Maschi- nenbau in Linz. Im Nachhinein fin- det der heute 51-Jährige diese Wahl „gut getroffen“. Das binäre System, in dem er neben der Theorie auch in der Werkstätte selbst Hand anle- gen kann, gefällt dem Schüler – und auch dem Lehrer. Denn heute, nicht ganz 30 Jahre später, ist Markus Kornfehl wieder an einer HTL – diesmal in Dornbirn: als Lehrer und Abteilungsvorstand mit einer klaren Vision von Schule im 21. Jahrhundert. Damals denkt Markus sich, dass er nach fünf Jahren HTL nicht auch noch Maschinenbau studie- ren kann. Also zieht er nach Wien und inskribiert an der Universität für Bodenkultur „Kulturtechnik und Wasserwirtschaft“. Doch statt sich nach dem Abschluss einen Job in seinem Fachbereich zu suchen, wechselt er wieder die Branche. Er findet einen Job als IT-Consultant in einem großen Unternehmen. In seinem Job hat Markus sich genau um eine Sache zu kümmern: um die E-Mail-Clients eines Großkunden. Das wird im schnell zu monoton und er wechselt zu einem kleineren Unternehmen. Plötzliche Kündigung Seine prägendste berufliche Erfah- rung macht Markus jedoch erst ein paar Jahre später. Davon ahnt er noch nichts, als er 2008 bei einem internationalen Konzern anfängt. Anfangs leitet Markus den Verkaufs-

Zuzug Wegzug

Arbeitskulturen in Bewegung

Ein Projekt der Arbeiter- kammer Vorarlberg schaffarei.at

Markus Kornfehl im Gespräch mit Carmen Jurkovic-Burtscher: „Ich habe das gefunden, wofür ich brenne.“

entwickeln kann, fasziniert ihn. „Ich habe das gefunden, wofür ich brenne“, sagt er heute. Schule im 21. Jahrhundert Der neue FutureTecs-Lehrgang ist ein Erfolg und Markus hat es längst aufgegeben, „nur“ Lehrer sein zu wollen. Heute ist er Abteilungsvor- stand von eben diesem und einem weiteren Lehrgang. Darüber hinaus engagiert er sich im Bildungsminis- terium als Mitglied einer Bundesar- beitsgruppe für Individualisierung an HTLs. Sein Ziel: Das Schulsystem ins 21. Jahrhundert zu holen und mehr Raum zu schaffen für selbst- ständiges Lernen und für Problem- lösungskompetenz. Das sei es, was die Schüler:innen auf die Jobs der Zukunft am besten vorbereite. Auch wenn Markus, wie er sagt, von selbst wohl nicht den Mumm gehabt hätte, den Schritt in die Leh- re zu wagen: Heute ist er froh, dass es so gekommen ist. Was er daraus gelernt hat, fasst er so zusammen: „Man hat immer Optionen. Was es braucht, ist ein positives Mindset, um diese Optionen zu sehen, und den Mut, sie zu ergreifen.“

Innendienst. Zum Schluss ist er für den gesamten Verkauf und das Pro- duktmanagement verantwortlich. Sieben Jahre macht Markus die- sen spannenden Job, bis er Ende Jänner 2015 von einem Tag auf den anderen freigestellt wird. Der Haupt- grund: unterschiedliche Ansichten in der Mitarbeitendenführung. Der Schock sitzt tief. „Ich habe wahn- sinnig lange gebraucht, bis ich sagen konnte: Ich bin gefeuert worden“, erinnert er sich. Eine Führungsposi- tion will Markus keine mehr. Er will ein „ganz normaler Lehrer“ sein. Doch schon in seinem ersten Jahr gibt es an der HTL eine große Krise: Zwei Lehrgänge im Textil- bereich stehen kurz vor dem Aus. Ein Team wird zusammengestellt, das den betroffenen Ausbildungs- zweig komplett neu aufbauen soll. Markus wird eingeladen, mitzu- machen. „Da war mein Wunsch zu gestalten schon wieder größer“, schmunzelt er. In der Erarbeitung des neuen Lehrgangs setzt er sich intensiv mit Bildungspolitik und damit auseinander, was Lernen ei- gentlich heißt. Vor allem die Frage, wie sich Schule entwickeln soll und

Rodar Ali erzählt seine ArbeitsLebensGeschichte

VERANSTALTUNG. Auch Rodar Ali hat einen eher ungewöhnli- chen Lebenslauf. Seine Arbeits- LebensGeschichte erzählt er am Donnerstagabend, 26. Jänner, in der Schaffarei der AK Vorarlberg in Feldkirch. In Syrien hat Rodar Ali an der Universität Damaskus Tou- rismus studiert. Der Krieg in sei- ner Heimat zwang ihn zur Flucht. Erst in den Irak, wo er kurze Zeit als Koch arbeitete, und später nach Österreich. Ende 2015 kam Rodar nach Vorarlberg. Hier lernte er Deutsch, holte den Pflichtschulab- schluss nach und beendete im ver- gangenen August erfolgreich seine Lehre als Elektrotechniker und

Fähigkeiten zu glauben. Regel- mäßig kann man in der Schaffarei solchen Geschichten lauschen. Der Eintritt ist frei. Rodar Alis Werdegang: vom Tourismusfachmann zum Elektrotechniker

Gebäudeleittechniker. „Hör nie auf zu lernen“

Geschichten wie die von Rodar Ali und Markus Kornfehl sind eine Bestärkung, niemals aufzuhören zu lernen und an sich und seine

▸ Anmeldung und Infos unter www.schaffarei.at

Page 1 Page 2 Page 3 Page 4 Page 5 Page 6 Page 7 Page 8 Page 9 Page 10 Page 11 Page 12 Page 13 Page 14 Page 15 Page 16

www.ak-vorarlberg.at

Powered by