AKtion November 2021

2 Meinung und Politik 

November 2021

LEITARTIKEL Das wird so zur Normalität

Die derzeitigenPreissprünge für Energie sindAusdruck einer stark ex- pandierendenWirtschaft. Betroffendavon sindpraktischalle Energie- träger. Sei es Erdöl oderGas, elektrischer Stromoder Pellets –die Preise steigen. Die bereits beimanchenPolitiker:innenangekommene Panik darüber äußert sich inder Forderungnach einer Preisdeckelung oder ähnlichenAusgleichsmaßnahmen. Alswenn staatlicheRegulierung auf einemfreienMarkt jemals inder Lage gewesenwäre, langfristigdie Marktmechanismenaußer Kraft zu setzen. Bezeichnend ist auch, dass gerade europäische Länder, die sich vor 25 Jahren für die ,, Hohe Energiepreise sind künftig ein integraler Teil des Kampfs gegen den Klimawandel. Rainer Keckeis Direktor der AK Vorarlberg Liberalisierungdes Strommarktes starkgemacht haben, heutemit dessenAuswirkungennichtmehr lebenwollen. IhrWehklagenüber die Energiepreise ist allerdings auchangesichts des europaweitenTrends zumehrAbgabenauf Energie unglaubwürdig. Tatsächlichdienen ja Energieabgabendazu, denPreis indieHöhe zu treibenunddamit einen sorgsamerenUmgang zu erzwingen. Dass dies politischnicht immer einfachauszuhalten ist, steht außer Frage. Nochmehr außer Frage steht allerdings die Tatsache des Klimawandels. Undderwird sichnicht ohne echte Einschnitte und eineVeränderung indenProduktionspro- zessenbewältigen lassen. Sowichtig individuelleVerhaltensänderungen sind, siewerdenden Klimawandel nicht aufhaltenkönnen. Viel wichtiger sind strukturel- leVeränderungen, damitwir nachhaltiger undumweltschonender produzieren. Deshalb schonbei der erstenEnergiepreiserhöhungnach staatlicher Regulierung zu rufen, ist falschund steht inkrassemGegen- satz zudem, was es zu tungilt.

AK: Nur geeint den Problemen entgegentreten Zukunftsfragen dominierten die 188. Vollversammlung der AK. Wann rü- cken wir endlich das Wohl der Kinder in die Mitte? Wie begegnet das Land dem Pflegenotstand? Fällt die Kalte Progression noch vor der nächsten „größten Steuerreform aller Zeiten“. Und: Wem gehört das Land? Themen, denen alle Fraktionen der AK in nie gekannter Einmütigkeit begegneten. In der 188. Vollversammlung der AK Vorarlberg debattierten die 68 Kammerrät:innen u. a. die die Erhöhung des Arbeitslosengeldes, der Weg Vorarlbergs in die Zwei-Klassen-Medizin und der

▸ E-Mail: direktion@ak-vorarlberg.at

GASTKOMMENTAR

Wohnungseigentum fördern Derzeit bauen wir nicht mehr, um zu wohnen, sondern in weiten Teilen, umGeld zu veranlagen. Damit wird Grund und Boden, ein endliches Gut, dem Eigenbedarf der Bürger:innen entzogen und missbraucht. Wenn Veranlagungswohnbau undMietwohnungen kontinuierlich zunehmen, steigt die Abhängigkeit von Dritten. Bei unangemessenen Preisen, die allein Renditeüberlegungen folgen, spaltet diese Entwicklung unsere Gesellschaft immer mehr. Um diese Entwicklung einzubremsen, sind legistische und generelle Maßnah- men der öffentlichen Hand dringend notwendig: ,, Um den Veranlagungswohnbau einzudämmen, braucht es legistische Maßnahmen. Prof. Dr. Gerald Mathis Institut für Standort-, Regional- und Kommunalentwicklung ● Vergabe von Baugenehmigung nur dann, wenn Eigenbedarf nach- gewiesen wird. Bei Geschoßwohnbau soll nur noch ein definierter Prozentsatz anMietwohnungen möglich sein. Dies ist verfassungs- rechtlich zu prüfen. ● Bei Neuwidmungen soll die Vertragsraumordnung durch die Ge- meinden genutzt werden. Widmungen nur dann, wenn Eigenbedarf sichergestellt wird. ● ImGrundverkehrsgesetz darf nur dann Baugrund erworben wer- den, wenn er zur Deckung von Eigenbedarf dient. Das Gesetz selbst definiert als Ziel, eine möglichst breite Streuung des Grundeigen- tums zu erhalten und der Baulandhortung entgegenzuwirken. ● Darüber hinaus müssen die Gemeinden konsequent Flächen sichern und dürfen diese nicht mehr einfach dem freienMarkt über- lassen – denn hier findet ein klassisches Marktversagen zugunsten von wenigen und zulasten von vielen statt. ● Nicht zuletzt und unabdingbar muss das Grundverkehrsgesetz den Gemeinden endlich auch den Kauf von landwirtschaftlichen Flächen zugestehen. Mit solchenMaßnahmen schützenwir Grund und Boden vor Speku- lation undMissbrauch und sichern die Nutzung von Eigenbedarf. So können sich die Vorarlberger:innen auchweiterhinVorarlberg leisten. ▸ Info: Dieses Themawird in den Vorarlberger Standortgesprächen am29.11.2021 um19Uhr in der FHVorarlbergmit Politik und Experten diskutiert. Anmeldung: office@isk-institut.com

GEMEINSAM STARK. Das hat es in der sonst recht streitbaren AK- Vollversammlung in30 Jahrennicht gegeben: Alle Fraktionen – FCG. ÖAAB, FSG, FPÖ, Gemeinsam, HaK und NBZ – waren sich bei allen The- men einig: von der Kritik an der ökosozialen Steuerreform über die Erhöhung des Arbeitslosengeldes bis zum Wahlärzt:innensystem oder zur frühkindlichen Erziehung. Was für ein Tamtam! AK-Präsident Hubert Hämmerle hat das „Riesentamtam“ noch im Ohr, das die Geburt der jüngsten Steuerreform begleitete. Aber die versprochene Entlastung für alle kommt wieder nicht. Die Kalte Pro- gression schlägt weiter zu. Diese versteckte Steuererhöhung belas- tet die Menschen von 2017 bis 2022 zusätzlich mit 8,5 Milliarden Euro. Deshalb fordert die AK gebetsmüh- lenartig dieAbschaffung der Kalten Progression. Länder wie Schweden oder Kanada konnten das auch. Von der Kalten Progression ist es nur ein kurzer Schritt zu den kalten Betten. Der jüngste Pflege­

dialog in der AK mit 64 Expert:in- nen hat die Misere eindrücklich untermauert. „Winken und Klat- schen vom Balkon wird“ laut AK- Präsident Hämmerle „zu wenig sein. Wir brauchen höhere Löhne und mehr Personal.“ Auch inder FragederWahl- und Kassenärzt:innen braucht es drin- gend eine Kehrtwende. Wir sind auf dem besten Weg in die Zwei- Klassen-Medizin, in der sich nur noch Betuchte den Gang zum zum Arzt, zur Ärztin leisten können.

Hier fordert die AK u. a., die Wahl- ärzt:innen stärker ins System ein- zubinden, und stützt sich dabei auf eine aktuelle Berndt-Umfrage: 71 Prozent der Befragten sehen das auch so. Stemmer neu im Vorstand Die AK erhält mit dem von der FSG nominierten ÖGB-Vorsitzenden Reinhard Stemmer ein neues Vor- standsmitglied, weil Werner Posch sich in den wohlverdienten Ruhe- stand verabschiedet.

27 MILLIONEN BUDGET Einstimmig verabschiedet wurde das AK-Budget, das Einnahmen und Ausgaben in der Höhe von 27,01 Mil- lionen Euro vorsieht. Die größten Ausgabeposten sind der Rechts- und Sozialbereich (9,56 Mio.), die Bildung (4,43 Mio.), Information und Marketing (4,44 Mio.) und die Konsumentenberatung (2,98 Mio.). Somit kommen 79,3 Prozent des Budgets demDienstleis- tungsbereich der AK und direkt den Mitgliedern zugute. Der Großteil der Einnahmen ergibt sich aus der Kammerumlage (24,7 Mio.).

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