4 Politik und Arbeit
Jänner 2021
GEBOT DER STUNDE Mit Weiterbildung raus aus der Misere Vorarlberg startet mit 15.695 vorgemerkten Arbeitssuchenden ins neue Jahr. „Dabei wird die Arbeit nicht weniger“, betont AK-Präsident Hubert Hämmerle. „Aber sie verändert sich.“ Deshalb ist es so wichtig, möglichst viele Menschen höher zu qualifizieren. Außerdem „brauchen wir einen starken zweiten Arbeitsmarkt“.
HERAUSFORDERUNGEN. Mehr als 520.000 Österreicherinnen und Österrei- cher sind arbeitslos, fast 16.000 davon in Vorarlberg. Noch nie waren in der Alpenre- publik so vieleMenschen länger als ein Jahr auf Jobsuche. 171.000 Frauen und Männer haben mit jedem Tag schlechtere Chan- cen. Der Großteil der Langzeitarbeitslosen ist männlich und verfügt nur über einen Pflichtschulabschluss. Über 55-Jährige bil- den mit Abstand die größte Gruppe, unter 25-Jährige sind am zweitstärksten betrof- fen, hat das Momentum Institut erhoben. Berufliche Weiterbildung ist das Gebot der Stunde.
werden: Aber jede/r Zweite hat ein (sehr) großes Interesse an einer beruflichen Wei- terbildungsmaßnahme während der Kurz- arbeit. Aber nur 23 Prozent haben von ih- rem Arbeitgeber eine Bildungsmaßnahme im Rahmen der Kurzarbeit vorgeschlagen bekommen. Was braucht es außerdem? Hämmerle: Österreich braucht einen star- ken zweiten bzw. dritten Arbeitsmarkt – so wie etwa in der Schweiz. Denn eine be- stimmte Anzahl von Menschen wird auch über Qualifizierungsmaßnahmen nicht in den ersten Arbeitsmarkt zurückkehren. Das Schweizer Modell ermöglicht es zum Beispiel, dass ältere Mitarbeiter bis zur Pen- sion einer sinnvollen Beschäftigung nach- gehen. Wie erleben Sie die Bundesregierung in der Bewältigung der Pandemie? Hämmerle: Dass ich kein Fan von Bundes- kanzler Sebastian Kurz bin, ist ein offenes Geheimnis. Aber die Regierung hat am Anfang einen ordentlichen Job gemacht. Leider ist das nicht so geblieben. Mit Fort- dauer der Krise wurde klar, dass vieles nur Marketing war und die Inhalte großteils fehlten. In keinem Betrieb könnte so gear- beitet werden, wie das derzeit geschieht. Ich kann doch nicht am Abend Maßnahmen verkünden, die amnächsten Tag umgesetzt werden müssen, obwohl die dafür notwen- digen Richtlinien fehlen. Manche Dingen brauchen einfach etwas Vorlaufzeit. Bei an- deren – etwa bei Geschäftsschließungen – hätte man viel schneller reagieren müssen, damit nicht alle noch hektisch bis zuletzt
sich Menschen höher qualifizieren. Die Rede vom „lebenslangen Lernen“ klingt ab- gedroschen. Aber tatsächlich beginnt der Prozess in der Schule undmuss sich berufs- begleitend fortsetzen. Eine Grundausbil- dung reicht heute einfach nicht mehr. Jeder Einzelnemuss sichmit den Veränderungen seines Berufs auseinandersetzen. Bund, Land und die Sozialpartner sind hier gefor- dert, Angebote zu schaffen. Welche Angebote schafft die AK? Hämmerle: Eine ganze Menge. Wir bieten über unsere Bildungsschiene den Arbeit- nehmern ein breites Angebot. Der Digital Campus Vorarlberg wurde eigens dafür
zu den Wahnsinnigen rennen, die mit Son- derangeboten locken. Außerdem sollten Experten zu Wort kommen. Inzwischen hören immer weniger darauf, was die Bun- desregierung sagt. Österreich hat seit wenigen Tagen einen neuen Arbeitsminister. Sind Sie zufrieden mit der Wahl von IHS-Chef Martin Kocher? Hämmerle: Grundsätzlich ist es aus mei- ner Sicht zu begrüßen, wenn ein ausgewie- sener Experte in der Regierung sitzt. In der jetzigen Situation ist alles Knowhow von- nöten. Was sind Ihre Erwartungen an ihn? Hämmerle: Arbeitsminister Kocher eilt ein eher wirtschaftsliberaler Ruf voraus. Für mich sind die Rollen allerdings klar verteilt: Der Arbeitsminister fungiert als Vertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Er ist ja auch nicht Wirt- schaftsminister oder Innovationsminister. Die AK wird Martin Kocher daran messen, was er jetzt in der Krise und auch danach für die arbeitendenMenschen tut. Denn die aktuelle Situation ist schwierig für Arbeit- nehmer, der Druck ist groß. Was haben Sie bislang als Ihren größten Verlust empfunden während der Pandemie? Worauf freuen Sie sich ammeisten in der Zeit danach? Hämmerle: Am meisten fehlen mir per- sönliche Kontakte mit den Freunden und Kollegen, gemütliche Runden mit guten Gesprächen. Die Zeit danach? Die wird mit Arbeit und betrieblichen Kontakten star- ten, aber auchwiedermit den so vermissten Begegnungen im privaten Umfeld.
Hinter jeder Zahl in der Arbeitslosen- statistik stecken menschliche Schicksale. Das wird zu oft vergessen. Hubert Hämmerle AK-Präsident ,,
geschaffen, um zukunftsorientierte Wei- terbildung zu ermöglichen. Die AK unter- stützt die Teilnahme an den Angeboten von DCV und BFI großzügig, weil Bildung immer leistbar seinmuss. Wie weiterbildungswillig sind die Men- schen überhaupt? Hämmerle: Viel stärker, als erzählt wird. Wie haben Ende 2020 375 Arbeitslose und 370 Kurzarbeitende in Vorarlberg befragt. Ohne den Detailergebnissen vorgreifen zu wollen, die wir in Bälde präsentieren
AKtion: Alles spricht imAugenblick von der Bildung als dem Schlüssel zumArbeits- markt. Was aber ist mit jenen, die nicht Schritt halten können? Hubert Hämmerle: Das ist kein neues Problem. Ich erinnere mich gut, wie vor einigen Jahren mehr und mehr Unterneh- men auf Automatisierung umgestellt ha- ben. Schon damals galt: Grundsätzlichwird die Arbeit nicht weniger, aber sie verändert sich. Da kann die Lösung nur die sein, dass
AKtion-Leserinnen und -Leser blicken großteils zuversichtlich in das beginnende Jahr 2021
Ich gehe optimistisch ins Jahr 2021, vermutlich wird nach der Impfung wieder alles gut werden. Evelyn Oppl, Lorüns Corona wird auch 2021 ein Thema sein, aber dank Impfungen und vielen Tests wird es nicht mehr zu großen Ausfällen kommen. Markus Edlauer, Linz Ich sehe optimistisch ins neue Jahr. Irgendwann muss es ja wieder auf- wärtsgehen. Und ich würde sehr gerne auch mal wieder arbeiten dürfen. Die Gastronomie hat da ja leider einen Schwarzen-Peter- Stempel aufgedrückt bekommen in der Coronakrise. Christian Scheidbach, Feldkirch Ich habe die Hoffnung, dass es nach der Impfung wieder bergauf geht. Evi Schneider, Sulzberg Ich sehe sorgenvoll in die Zukunft. Die Medien schreiben, wir haben starken Facharbeiter-Mangel!
Leider bekomme ich auf meine Be- werbungen keine Antwort, weder schriftlich noch mündlich. Ich habe 35 Jahre Praxis in meinem Beruf! Woran liegt das? Christian Riedmann, Hohenems Ich schaue optimistisch ins neue Jahr, weil „es kann nur besser werden“. Michaela Gmeiner, Gaissau Hoffentlich bald wieder ein norma- les Leben ohne Corona. Christine Hämmerle, Dornbirn Optimistisch, denn es passieren immer wieder kleine Wunder. Magdalena Schäfer, Düns Gemeinsam schaffen wir auch 2021
tiger werden und nicht mehr alles für selbstverständlich ansehen. Evelyn Schneider, Sulzberg 2021 kann nur besser werden. Hermann Egger, Bregenz Nach jedem Regen kommt auch Sonnenschein, nach jeder Talfahrt geht es wieder bergauf. Aufgeben gilt nicht. Arnela Civic, Bregenz Da ich mich für einen unverbesser- lichen Optimisten halte, blicke ich recht zuversichtlich in das Jahr 2021 und glaube, dass es so man- che nette Überraschung bereithält. Theresia Halb, Bregenz Ich persönlich schaue dem Jahr 2021 optimistisch entgegen, was auch an meiner Natur liegen mag. Dennoch denke ich, dass ein biss- chen Optimismus keinem schaden kann. Besonders die Corona- Impfung stimmt mich erleichtert, auch wenn manch einer da noch
Bedenken haben mag. Jedenfalls werde ich 2021 all die Momente, die man wieder mit Freunden ver- bringen kann, umsomehr schätzen. Pia Grabher, Lustenau Das Jahr 2021 bringt hoffentlich coronafreie Zeiten und Möglich- keiten, umwieder Freunde und Be- kannte zu treffen, und viel Kultur! Lisa Gorbach, Lochau Ich nehme das Leben, wie es kommt, und blicke zuversichtlich ins neue Jahr 2021. Roland Dietrich, Feldkirch Es kann eigentlich nur besser werden. Wenn die Hotels und das Gastgewerbe wieder öffnen dürfen, dann wird sich auch die große Arbeitslosenrate verringern. Aber solche Werte wie im Februar 2020, das wird freilich noch einige Zeit dauern. Da auch ein gewisser Res- pekt und Vorsicht bei den Mitmen- schen zu spüren ist, wird das ganze lange in Erinnerung bleiben – auch
eine gewisse Angst wird bleiben. Nadja Speckle, Übersaxen Ich freue mich auf das Jahr 2021. Rith Mylonas, Feldkirch Die Hoffnung auf ein besseres Jahr besteht. Trotz einiger Zweifel versuche ich und versucht auch meine ganze Familie, optimistisch zu bleiben. Gerade da wir beruflich zumGroßteil von der wirtschaftli- chen Lage abhängig sind. Ich sehne mich nach den Kleinigkeiten, die unseren Alltag verschönern, doch ich denke, wir werden noch längere Zeit auf die „alltäglichen“ Ange- wohnheiten im Privat- wie auch im Berufsleben verzichten müssen. Nina Hofmann, Frastanz Ich blicke dem kommenden Jahr mit gemischten Gefühlen ent- gegen. Einerseits ist so ein Rund- umschlag mit dem Corona-Maß- nahmen-Hammer vor allem für die Wirtschaft und die Betriebe schwer zu verkraften. Andererseits bin ich
die Situation Pandemie. Max Metzler, Nenzing
Ich hoffe, dass das Jahr 2021 uns eine wirksame Impfung gegen Corona bringt. Mein Wunsch wäre, dass die Menschen etwas demü-
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