AKtion Dezember 2022

4 Politik und Soziales 

Dezember 2022

Haarscharf an der Überlastung entlang

Große Herausforderungen treffen auf hohe Belastungen – lange geht das nicht mehr gut. Rund 5000 Beschäftigte in den Landeskrankenhäu- sern brauchen dringend bessere Rahmenbedingungen. Sie haben in den schlimmsten Monaten der Corona-Pandemie durchgehalten. Jetzt zeigt die neueste Befragung der Mitarbeiter:innen durch die AK Vorarlberg, dass immer mehr Beschäftigte in den Landeskrankenhäusern völlig erschöpft sind. Für AK-Präsident Bernhard Heinzle schrillen die Alarm- glocken unüberhörbar.

Was belastet Ärzt:innen und Pflege besonders?

eher stark / sehr stark

Mehrere Aufgaben gleichzeitig

71,24 % 76,9 % (Pflege), 79,1 % (Ärzt:innen) 62,27 % 66,7 % (Pflege), 79,6 % (Ärzt:innen) 58,24 % 61,2 % (Pflege), 72,5 % (Ärzt:innen) 53,08 % 56,8 % (Pflege), 63,6 % (Ärzt:innen) 53,61 % 60,8 % (Pflege), 59,4 % (Ärzt:innen)

Zeitdruck

Zu große Arbeitsmenge

Unterbrechungen

Emotionale Belastungen

ÜBERLASTUNG. Sie haben in den schlimmsten Monaten der Coro- na-Pandemie durchgehalten. Jetzt zeigt die neueste Befragung der Mitarbeiter:innen durch die AK Vor- arlberg, dass immer mehr Beschäf- tigte in den Landeskrankenhäu- sern erschöpft sind. AK-Präsident Bernhard Heinzle sieht dringenden

unfähigkeitsrisiko drohen kann.“ geht ins Detail: „Die kritischsten A beitsbewältigungsindizes wurd bei jenen Mitarbeiter:innen gem sen, die mehr als elf Überstund leisten, die mit 35 bis 45 Lebensja ren in der ‚Rush Hour des Lebe stehen und in der Pflege beschäft sind.“ Das unterstreicht in den A gen von AK-Präsident Heinzle d dringenden Bedarf an Maßnahm zur Entlastung dieser Persone gruppen, etwa durch Personala stockung, Betreuungsangebote Kinder und/oder übernomme Pflegeverantwortungen und erne verlässliche Dienstpläne. Krank zur Arbeit Weitere Daten für Taten aus der tuellen Befragung, in deren Verla nur 7,6 Prozent eine Verbesseru bzw. 26,1 Prozent eine teilweise V besserung der Arbeitsbedingung in den vergangenen Jahren wahr nommen haben, sind: • Fast die Hälfte (42,6 Prozent) geht öfter krank zur Arbeit. Der sogenannte Präsentismus gilt lau Heinrich Geissler als künftiges Gesundheitsrisiko: „Mehr als fün Präsentismustage erhöhen das Risiko von mehr als 30 Tagen Kran kenstand.“ • 72,8 Prozent der Befragten kla- gen über einen überbordenden Verwaltungsaufwand, 65,8 Pro- zent leiden unter dem steigenden Arbeitsaufwand wegen fehlender Übergangspflege, 62,2 Prozent em finden die zunehmende Zahl beta ter Patient:innen als belastend. • Jede:r Vierte fühlt sich mehrm pro Woche am Ende eines Arbei tages völlig verbraucht, 13 Proze der Befragten fühlen das tägli Mehr als jede:r Vierte denkt oft od

Handlungsbedarf. Hoher Berufsethos

Zum dritten Mal hat die AK Vorarl- berg gemeinsam mit der Kranken- haus-Betriebsgesellschaft und dem Zentralbetriebsrat die Arbeitszu- friedenheit in den Landesspitälern erfragt. Die letzte Erhebung liegt vier Jahre zurück. Zwischen 2018 und 2022 liegt die Covid-19-Pande- mie mit all ihren Belastungen. Die Ergebnisse der Befragung zeichnen ein Bild hoher Belastungen. Den- noch würden noch immer 83 Pro- zent aller Befragten jederzeit wieder einen Beruf im Gesundheitswesen ergreifen, 79 Prozent erneut in den Landeskrankenhäusern. Nachweis in zwei Schritten Doch die aktuellen Herausforde- rungen sind enorm. Vor allem die

Prof. Dr. Heinrich Geissler, AK-Präsident Bernhard Heinzle, der Direktor der Krankenhaus-Betriebsgesellschaft Gerald Fleisch und Zentralbetriebsratsobmann Thomas Steurer sind sich einig: Es muss sich manches ändern.

fünf Jahre rollt von nun an eine Pen- sionierungswelle durch den Kran- kenhausbetrieb. In den nächsten 20 Jahren werden mehr als zwei von fünf der heute Beschäftigten nicht mehr im Dienst sein. „Das schreit förmlich nach einem Generationen- management, das diesen Namen auch verdient“, betonen Heinzle und Geissler unisono. Das bedeutet verlässliche Dienstpläne, alternsge- rechten Einsatz, wertschätzenden

nahmen setzen müssen“, betont der Direktor der Krankenhaus-Betriebs- gesellschaft, Gerald Fleisch. AK-Prä- sident Bernhard Heinzle entnimmt der Befragung den Ruf nach drän- genden Veränderungen, „wenn wir das System der gesundheitlichen Versorgung in den Krankenhäusern nicht gefährden wollen“. Herausfordernde Altersstruktur Die Personalstruktur zeichnet ein Bild der Überalterung. „Im Jahr 2032 werden über 50 Prozent der Beschäf- tigten über 45 Jahre alt sein“, sagt Heinrich Geissler. Der Arbeitswis- senschaftler hat die Befragung gelei- tet und ausgewertet. „In zehn Jahren scheiden über 16 Prozent der Beleg- schaft aus“, ergänzt AK-Präsident Heinzle. In diesem Zeitraum erhöht sich der Anteil der Mitarbeiter:in- nen, die 56 Jahre oder älter sind, von derzeit 16,1 auf über 26 Prozent. Alle

demografischen Entwicklungen bei Mitarbeitenden und Patient:innen werden den Einsatz aller erfordern. „Von der Pflegeausbildung über Arbeitsplatzgestaltung bis hin zu al- tersadäquaten und familientaugli- chen Rahmenbedingungen werden die Landeskrankenhäuser auch in Zukunft wichtige zusätzliche Maß-

Die Daten zur Umfrage Der Personalstand der Vorarlberger Landeskrankenhäuser umfasste mit Stand Oktober 2022 4928 „Köpfe“ der aktiven Bediensteten mit Karenzen/Sonderurlauben

Umgang und vieles mehr. Arbeitsfähigkeit leidet

Die aktuelle Befragung macht deut- lich, wie sehr die Arbeitsbewälti- gungsfähigkeit leidet. Heinrich Geissler nimmt die Pflege als be- sonders drastisches Beispiel heraus: „Hier hat sich die Arbeitsbewälti- gungsfähigkeit so verringert, dass für die nächsten zehn Jahre ein zweieinhalbfach erhöhtes Berufs-

davon Anteil Ärzt:innen

17,41 % 45,01 % 6,39 % 31,19 % 70,36 % 52,0 %

davon Anteil Pflege davon Anteil MTD

davon sonstige

Frauen Vollzeit

Die Rücklaufquote bei 4928 versandten Fragebögen lag diesmal bei 21 Prozent.

Powered by