6 Arbeit
Mai 2021
WEIBERKRAM
von Univ.-Prof. Irene Dyk-Ploss
Bestimmt keinWeiberkram Die großen Themen der letztenWochen sind die tragische Reihe an Frauenmorden in Österreich und das Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Dabei handelt es sich aber vor allem um eine gesamtgesell- schaftliche Fragestellung, die Staat, Recht und Politik betrifft, und um ein Männerproblem. Das legt zumindest die Spurensuche in den verletz- ten zarten Männerseelen nahe: Was muss ihnen nicht alles widerfahren sein, dass sie sich nicht anders zu helfen wussten, als ihre (Ex-)Partnerin zu bedrohen, grün und blau zu schlagen und schließlich zu töten? Selbst der renommierte Vorarlberger Psychiater Reinhard Haller bezeichnet Männer als extrem empfindlich, kränkbar und liebesbedürftig, die vor allemmit Trennungen nicht umgehen können. Aha, und sexuelle Beläs- tigung im beruflichen Kontext beruht also auch auf Liebesbedürftigkeit, die Entlassung sich widersetzender Frauen basiert auf Empfindsamkeit und Kränkung? Und nicht etwa auf Machtausübung und Seilschaften in einer männerdominierten Arbeitswelt? ▸ E-Mail: irene.dyk@jku.at
Plexiglaswände können, wie hier in der Rechtsabteilung der AK Vorarlberg, das Ansteckungsrisiko minimieren. Was jetzt am Arbeitsplatz gilt Mit der Woche der Lockerungen sollte auch an den Arbeitsplätzen wieder so etwas wie Normalität einkehren. AK-Arbeitsjurist Christian Maier hat sich angeschaut, was seit 19. Mai 2021 tatsächlich gilt.
Eine Schwangere einfach entlassen
KONFLIKT. Mehr als drei Jahre lang arbeitete die Sekretärin eines Kleinbetriebes auf Vollzeitbasis direkt mit dem Betriebsinhaber zusammen. Sie galt als zuverlässig und erledigte ihre Arbeit profes- sionell und gewissenhaft. Ihr Chef schätzte sie sehr. Dann kam Co- vid-19 und die Auftragslage brach ein. Wichtige Kunden gingen verlo- ren. Andere konnten nicht zahlen. Die finanzielle Lage der Firma ver- schlechterte sich von Tag zu Tag. Häufiger im Krankenstand Etwa zu diesem Zeitpunkt wurde die Sekretärin schwanger. Früh- schwangerschaftliche Beschwer- den zwangen sie häufiger in den Krankenstand. Die Frau war un- konzentriert, manchmal launisch, plötzlich unterliefen ihr Fehler. Nach einigen Kontroversen mit dem Chef und einem erneuten Krankenstand wurde sie schließ-
lich – trotz Kenntnis ihrer Schwan- gerschaft – vom Chef entlassen. Die werdende Mutter bat die AK um Hilfe. Die teilte dem Dienstge- ber schriftlich mit, dass Kündigung und Entlassung einer schwangeren Mitarbeiterin nur mit Zustimmung des Arbeits- und Sozialgerichtes zulässig sind. Eine solche Klage auf Zustimmung zur Entlassung hatte der Dienstgeber jedoch nicht ein- gebracht. Das tat er nun nachträg- lich. Die AK stellte sich auf die Seite der Schwangeren. Und schon in der ersten Tagsatzung stimmte der An- walt des Dienstgebers einem außer- gerichtlichen Vergleich zu. Die Se- kretärin wurde bis zum Beginn des Wochenschutzes bei vollen Bezügen unwiderruflich vom Dienst freige- stellt. Nach Ende der Wochenfrist wurde das Dienstverhältnis einver- nehmlich aufgelöst. Die junge Frau bezieht nun Kinderbetreuungsgeld und genießt ihr Mutterglück.
Arbeitnehmer in der Lagerlogis- tik, wo der Mindestabstand von zwei Metern regelmäßig nicht eingehalten werden kann – sie alle müssenmindestens wöchent- lich per Test nachweisen, dass sie quasi „ungefährlich“ sind. Wenn sie geimpft sind, entfällt diese Verpflichtung. Falls Arbeit- nehmer aus diesen Gruppen ihrer Nachweispflicht aber nicht nach- kommen, müssen sie FFP2-Maske tragen. In Pflege- und Betreuungs- diensten bleibt die Maskenpflicht grundsätzlich aufrecht. ● Wie lange sind Nach- weise über einen negativen Covid-19-Test gültig? Der PCR-Test 72 Stunden ab Probe- nahme, der Antigen-Test 48 Stun- den ab Probenahme, der Antigen- Selbsttest 24 Stunden lang. ● Und auf demWeg zur Arbeit, hat sich da was ver- ändert? Nein, so weit reichen die Lockerungen nicht. An allen öffentlichen Ortenmüssen Men- schen, die nicht im selben Haus-
Generell gilt an Arbeitsorten weiterhin, einen Abstand von mindestens zwei Metern einzu- halten und Mund-Nasen-Schutz zu tragen. ● Das heißt Maskenpflicht imGroßraumbüro? Nein, nicht unbedingt. Wenn das Ansteckungsrisiko durch „sonsti- ge geeignete Schutzmaßnahmen minimiert“ wird, braucht es keine Maske. Das können Plexiglas- wände sein oder organisatorische Maßnahmen wie das Bilden fester Teams. Arbeitgeber und Arbeit- nehmer können darüber hinaus natürlich auch strengere Maßnah- men vereinbaren. ● Manche Berufsgruppen nennt der Gesetzgeber aus- drücklich. Warum? Medizinisches Pflegepersonal, körpernahe Dienstleister, Lehrer, Arbeitnehmer in der Elementar- bildung (Kindergarten, Krippe …), Mitarbeiter mit unmittelbarem Kundenkontakt (z. B. Handel) oder im Parteienverkehr der Behörden,
REGELUNGEN. Bei allen Ankün- digungen der großen Lockerung ab 19. Mai blieb das Thema Arbeits- platz weitgehend außen vor. Ob- wohl da doch noch Ende April von einer Testpflicht die Rede war. Was gilt denn jetzt wirklich? ● Noch Ende April war von einer erweiterten Test- pflicht an Arbeitsorten die Rede. Ist die vomTisch? Ja, ganz offensichtlich. Auf den 17 Seiten der Öffnungsverordnung findet sich nichts mehr davon. ● Und wie sieht’s mit Homeoffice aus? Da bleibt die dringende Empfeh- lung aufrecht, weiterhin von zu Hause aus zu arbeiten. ● Das geht aber nicht im- mer … Deshalb schreibt der Gesetzgeber, „sofern dies möglich ist“. Außer- demmüssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über das Homeof- fice „ein Einvernehmen finden“.
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Leserinnen und Leser über ihre Ansicht zum grünen Pass
ABGEBLITZT. Ein Koch war knapp ein Jahr beschäftigt, dann über- nahm ein neuer Pächter das Lokal. Der wollte das Arbeitsverhältnis mit demKoch noch in der Probezeit von 14 Tagen ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist auflösen. Deshalb bat der Koch die AK um Hilfe. Er wollte neben dem Lohn für 13 Tage und den anteiligen Sonderzahlun- gen auch die Kündigungsentschä- digung für die Kündigungsfrist von 14 Tagen. Eine Prüfung der Unter- lagen ergab sogar noch mehr: Der Dienstgeber hatte einen Resturlaub von 18 Werktagen und die Zuschlä- ge für die vom Koch geleisteten Feiertage nicht ausbezahlt. Die AK machte vor Gericht insgesamt 5400 Euro brutto geltend. Nun ging der Dienstgeber in die Offensive und forderte seinerseits mehr als 12.000 Euro an unberech-
tigt erhaltenem Arbeitsentgelt und ausstehenden Mieten sowie Be- triebskosten. Das Landesgericht gab dem Dienstnehmer Recht und wies die Gegenforderungen des Dienstge- bers zurück. Anrufungen des Ober- landesgerichtes sowie des Obersten Gerichtshofs durch den Dienstgeber blieben erfolglos. Als die Ansprüche des Kochs schließlich noch immer nicht richtig abgerechnet wurden und auch die Verzugszinsen offen- blieben, musste ein Exekutionsver- fahren in die Wege geleitet werden. Letztlich musste der Dienst- geber nicht nur das volle offene Entgelt, sondern auch die über den langen Verfahrenszeitraum ange- fallenen Verzugszinsen von mehr als 1200 Euro, die Gerichtsgebüh- ren, seine eigenen Anwaltskosten und die Kosten der AK tragen.
Der „Grüne Pass“ sollte meinem Dafürhalten nach zum frühest- möglichen Zeitpunkt eingeführt werden! Horst Tomaselli, Bregenz Bin dafür. Datenrechtlich hängt es sehr stark von der techni- schen Umsetzung ab, etwa davon, ob die Daten auf dem Pass oder in einer Datenbank abgelegt werden. Wie sehen bei einer Verwendung von Daten- banken die Zugriffsrechte aus? Kann ich als Passbesitzer Zu- griffsrechte zum Auslesen tem- porär erteilen, wie mit der eCard beim Arzt? Stichwort „Privacy by Design“. Alfred Mandl, Feldkirch Ist eigentlich nicht notwendig, da es jetzt schon einen Impf- ausweis mit Bestätigung gibt.
Datenschutzrechtlich ist der Grüne Pass mehr als bedenklich. Elmar Stimpfl, Lauterach Ich sehe darin eine Befreiung, warte schon darauf und habe keine datenrechtlichen Beden- ken. EvelineWaldner, Bregenz Der Grüne Pass ist der Weg zu- rück zur langersehnten Freiheit, ein Schritt zurück zur sogenann- ten „Normalität“ und zu dem, was wir normalerweise gewohnt sind: Reisefreiheit, Sport-, Kino- und Kulturbesuche und wieder soziale Kontakte. Theresia Halb, Bregenz Ich finde es okay, wenn wir damit einen gangbarenWeg finden, um den Alltag leichter zu machen. Ich bin sonst sehr vorsichtig mit
der Datenerhebung und finde guten Datenschutz wichtig. Im Fall der Pandemie müssen wir den Nutzen für die Gesellschaft (Handling im Alltag für Kultur, Gastronomie …) stärker gewich- ten. Susanne Caldonazzi-Schlögl, Ludesch Bin schon geimpft, ich hoffe, der Grüne Pass kommt bald! Maria Ohneberg, Hard Wenn der Grüne Pass dazu führt, dass nicht so oft getestet werden muss, sehe ich es als Erleichterung, da dann die Test- Termine für mich als Begleitper- son ins Krankenhaus hoffentlich nach der zweiten Impfung auch entfallen würden. Inzwischen hat wohl keine/r mehr einen Überblick, wo ihr/sein Name
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