12 Konsumentenschutz
Jänner 2022
Recht auf Reparatur – auch bei Zahnbürsten
LEBENSDAUER. „Eine elektrische Zahnbürste sollte kein Wegwerf- produkt sein.“ Mit dieser Aussage sorgte die neue deutsche Verbrau- cherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) für Aufsehen. Die Zustim- mung von Konsumentensschüt- zer:innen und Umweltorganisatio- nen war ihr gewiss: Lemke hat die Pläne der deutschen Regierung für ein Recht auf Reparatur bekräftigt und eine längere Lebensdauer auch für elektrische Zahnbürsten gefor- dert. Lemke will die Hersteller dazu verpflichten, dass es bei elektrischen Zahn-
liche Vorschrift, dass für solche Pro- dukte der Akku austauschbar sein muss“, betonte die deutsche Minis- terin. Als Schlüsselprojekt sieht sie da- her das von der Koalition geplante Recht auf Reparatur, um Ressourcen zu schonen und den Rohstoffbedarf zu mindern. Werden die Hersteller in die Pflicht genommen, hätte das nicht nur für Deutschland, sondern auch für die übrigen Märkte Aus- wirkungen. Lemke: „Es darf dann nicht mehr passieren, dass Sie eine Waschmaschine kaufen und nach fünf Jahren keine Ersatzteile mehr bekommen“, sagte Lemke. Wenn ein Produkt nicht
bürsten künftig eine Akku-Wechselmög- lichkeit geben muss, wie sie Anfang der Woche in einem Zeitungsinterview sagte. Nötig sei „eine ge- set z-
neu gekauft werden müsse, sondern länger genutzt oder zu vertretbaren Preisen re- pariert werden könne, sei das auch ein sozialer Aspekt.
Neue Rechte im W In zwei Stufen wird 2022 das Wohnungs- WOHNEN. Mit Jahresbeginn bzw. zur Jahresmitte stehen für Woh- nungseigentümer:innen mehre- Für das möglichst friktionsfreie Zusammenleben in Eigentümergemeinschaften gibt das Gesetz bestimm
Forderung: Akkus für Zahnbürsten sollen austauschbar sein.
Franken-Kredite: Saron statt Libor
• wegen einer erst kurz zurücklie- genden Neuerrichtung oder durch- greifenden Sanierung des Gebäudes • wenn im Fall einer Reihen- oder Einzelhausanlage die Wohnungs- eigentümer:innen die Erhaltungs- pflicht an allgemeinen Teilen der Liegenschaft und die Behebungs- pflicht für ernste Schäden am Gebäude selbst vertraglich über- nommen haben Meistens Rücklagenerhöhung Die neue Mindestrücklage über- steigt in vielen Fällen das, was die Eigentümer:innen bisher in den Re- paraturfonds eingezahlt hatten. Da- mit bekommt die Hausverwaltung oft mehr Geld in die Hand, ohne dass die Gesetzesänderung regelt, wie diese Mittel konkret zu verwen- den sind. AK-Tipp Wohnungseigentü- mer:innen können über einen Beschluss die Hausverwaltung an- weisen, dass geplante Sanierungsarbeiten, die über einen bestimmten Betrag hinausgehen, nur nach Beschlussfassung durch die Eigentümer- gemeinschaft in Auftrag gegeben werden dürfen.
ZINSEN. Mehr als drei Jahrzehnte lang wurde zur Berechnung des Ba- siszinssatzes für Franken-Kredite in Österreich der sogenannte Libor (London Interbank Offered Rate) herangezogen. Mit 1. Jänner ist das Vergangenheit. Der Libor wurde nach einer EU-Verordnung durch den Geldmarktzins Saron (Swiss Average Rate Overnight) ersetzt. Er gilt als transparenter als der durch verschiedene Skan- dale in
Verruf geratene Libor, der nicht mehr als repräsentativ gilt. Für die Konsument:innen sollte sichdurchdieUmstellung nichts än- dern – sie haben auch keineHandha- be dagegen. Neben dem Saron wer- den anstelle des Libor auch der Sonia für das britische Pfund, der Tona für den japanischen Yen und der Sofer für US-Dollar eingeführt. Rund 10 Mrd. in Fremdwährung Seit dem Neuvergabeverbot 2008 wurden übrigens 81 Prozent aller Fremdwährungskredite in Ös- terreich abgebaut – im Aus- maß von 38 Milliarden Euro. Derzeit liegt das Volu- men laut Finanzmarktaufsicht jedoch immer noch bei 9,74 Milliar- den Euro.
eigentumsgesetz (WEG) novelliert. Einerseits wird durch mehrere Bestimmun- gen eine Alternative zur bisherigen, sehr restriktiven Be- schlussfassung ge- schaffen. Den Eigen- tümer:innen werden mehr Rechte einge- räumt. Andererseits ist erstmals auch eine bestimmte Summe definiert, die von den Eigentümer:innen verpflichtend auf die „hohe Kante“ gelegt werden muss.
re rechtliche Änderungen an. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) wird im Sinne des Klimaschutzes in zwei Schritten novelliert. Im Fo- kus stehen vor allem thermische Sanierungen von Wohnanlagen so- wie die Erleichterung für einzelne Wohnungseigentümer:innen, ent- sprechende Änderungen durchzu- setzen. Zu diesem Zweck sieht das Ge- setz im Wesentlichen die folgenden drei Änderungen vor. 1. DurchMindestrücklagen sollen ausreichend finan- zielleMittel für erforder- liche Sanierungsschritte bereitgestellt werden Ab 1. Juli 2022 ist erstmals eine Min- destrücklage vorgesehen. Die Rück- lage muss mindestens 0,90 Euro pro Quadratmeter Gesamtnutzfläche der Liegenschaft betragen. Dieser Mindestbetrag ist alle zwei Jahre an den Verbraucherpreisindex anzu- passen. Die erste Anpassung wird demnach am 1. Jänner 2024 erfol- gen. Die Aufteilung zwischen den Wohnungseigentümer:innen hat nach dem geltenden Aufteilungs- schlüssel zu erfolgen. Eine Ausnahme von dieser Min- destrücklage ist nur in folgenden Fällen vorgesehen: • wegen des besonderen Ausma- ßes der bereits vorhandenen Rück- lage
BASISWISSEN RASCH ERKLÄRT
von Mag. Gabriele Bertsch AK-Konsumentenschutz
Rücktrittsrecht bei Weinbestellung Kürzlich berichtete mir eine Konsumentin mit hörbarer Entrüstung von ihrem Erlebnis mit einem innerösterreichischen Weinhändler. Eines Tages seien zwei Kartons mit Weinflaschen samt Rechnung über mehrere hundert Euro, adressiert an ihre betagte Mutter, vor der Haustür gestanden. In der Familie war bekannt, dass die alte Dame lange schon keinen Alkohol mehr trank. Die Konsumentin fragte daher telefonisch beimWeinverkäufer nach dem Grund für die Lieferung. Laut Weinhändler sei die Seniorin schon jahre- lang Kundin bei ihm und habe bei einem kurz zuvor erfolgten Werbeanruf des Verkäufers der Lieferung zugestimmt. Muss die alte Dame die Weinrechnung nun bezahlen? Hier gibt es gute Nachrichten für die Konsument:innen. In dieser Situation besteht ein kostenloses Rücktrittsrecht. Empfehlenswert ist es, binnen 14 Ta- gen abWarenerhalt per Einschreiben gegenüber demVerkäufer den Rücktritt zu erklären und die Abholung der Ware zu verlangen. Vorsicht: Wenn Sie am Stand eines Weinhändlers auf der Dornbirner Messe Wein bestellen, besteht dieses kostenlose Rücktrittsrecht nicht!
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