4 Politik und Arbeit
März 2022
Stagnierende Löhne und explodierende Preise machen Arbeitnehmer:innen den Eigentumserwerb unmöglich – auch Mieten belasten die Menschen sehr. Wohnungsmarkt ist längst kein Spiel mehr!
Ein Ende der russischen Gas- lieferungen würde Österreich hart treffen.
HÖCHSTPREISIG. Wohnen ist ein Menschenrecht. So steht das in Ar- tikel 11 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Da ist von „aus- reichender Unterbringung“ und stetiger „Verbesserung der Lebens- bedingungen“ die Rede. So weit die Theorie. Die Praxis sieht anders aus. Die Preise explodieren förmlich Vorarlberg umfasst 2601 Quadrat- kilometer. Darauf befinden sich 371.000 Grundstücke. Das sollte im Grunde reichen. Tut es aber nicht. Denn Wohnen ist viel zu teuer. Die Immobilienpreise sind allein im ersten Quartal 2021 um 12,3 Pro- zent gestiegen. Die Grundstücke haben sich nicht quasi selbst vergol- det. Dennoch explodieren die Prei- se und nur mehr wenige Menschen
bei einer Inflation von knapp 20 Prozent gewachsen. Wie ist es möglich, dass Arbeit- nehmer:innen, die ihr Arbeitsleben lang in Miete wohnten, nach Pen- sionsantritt in existenzielle Krisen kippen, weil sie sich ihre Wohnun- gen nicht mehr leisten können? Vor allem Frauen trifft das oft. Letztendlich muss jede vierte Pen- sionistin in Österreich nach einem arbeitsreichen Leben jeden Cent zweimal umdrehen. Weitergegeben wird nichts Die Covid-19-Pandemie hat Teile der Wirtschaft arg zerzaust. Aber die exportorientierte Sachgüterer- zeugung Vorarlbergs konnte in den vergangenen zwei Jahren Rekord- gewinne schreiben. Das beweist, wie wettbewerbsfähig unsere In- dustrie- und Gewerbebetriebe sind. „Wer allerdings glaubt, dass die- ses Faktum anerkannt und zu einer deutlich besseren Honorierung der hauptsächlichen Akteur:innen die- ses Erfolgs – der Arbeitnehmer:in- nen – beiträgt, der irrt“, kritisiert AK-Direktor Rainer Keckeis. Man müsse jedes Jahr hart um jedes Zehntelprozent Lohnerhöhung kämpfen. Streiks sind im Zuge der Lohnverhandlungen längst keine Ausnahme mehr. Spielwiese Grundstücksmarkt Denn die Arbeitnehmer:innen müssen bei gleichbleibenden Löh- nen erleben, wie Unternehmen ihre Gewinne in den Grundstücks- und Immobilienmarkt verlagern. Das lässt die Preise am Wohnungs- markt explodieren. „Die enorme Auseinanderentwicklung der Löh- ne und der Preise für das Wohnen führt heute dazu, dass der Eigen-
Nur raus aus der Abhängigkeit
Im März zwische 12,74 un Euro/m
Es ist denkbar, dass bei Erschei- nen dieser Ausgabe der „AKtion“ Russland seine Gaslieferungen in denWesten gestoppt hat. Was bedeutet das? „Bei einem Ausfall sämtlicher Gaslieferun- gen aus Russland und einem überdurchschnittlich kalten Winter kann der gesamte Erd- gas-Bedarf in Österreich bis Ende März gedeckt werden”, sagt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler. Bei einem durch- schnittlichenWinter ohne Kälte- einbruch könnte das Gas noch bis Ende April ausreichen. Aktuell sind die heimischen Gasspeicher zu 18 Prozent ge- füllt. Die Lage wird täglich bewertet. Auch der Import von Flüssiggas wird in Betracht ge- zogen, um die Situation zu ent- schärfen. Derzeit stammen rund 80 Prozent der Erdgaslieferun- gen in Österreich aus Russland. Rund 19 Prozent des Gases fließen in Österreich an Haus- halte, die Großindustrie ist mit einemAnteil von rund 63 Prozent größter Abnehmer, die mittlere Industrie und sonstige Kleinabnehmer verbrauchen jeweils rund neun Prozent. Rund ein Viertel des Gases wird für die Stromproduktion genutzt. Der Gaspreis bewegte sich zu- letzt in schwindelnden Höhen. Und Expert:innen erwarten 2023 auch für die privaten Haushalte noch einmal saftige Preisan- stiege.
lichen Spielräume auf Landesebene aus, um den unseligen Spekulation wirkungsvoll entgegenzutreten. Denn wie kann es sein, dass junge Menschen nur noch Eigen- tum erwerben können, wenn ihre Eltern kräftig in Vorlage treten oder sie schlicht im Lotto gewonnen ha- ben? Auch die Mieten überfordern die Einsteiger:innen ins Erwerbs- leben total. Die Einkommen der 20- bis 39-Jährigen bewegen sich nicht vom Fleck, indes sind die Mietprei- se von 2010 bis 2020 um 45 Prozent Keckeis: Der Wohnungsmarkt darf nicht zur Spielwiese der Reichen werden.
können sich das leisten. Wem gehört das Land?
Wem das Land tatsächlich gehört, das lässt die AK Vorarlberg gerade wissenschaftlich fundiert erheben. Gleichzeitig lotet Univ.-Prof. Dr. Pe- ter Bußjäger die verfassungsrecht-
Deshalb fordert die AK Vorarlberg • die Neugestaltung der Wohnbauförderung – Aufwertung des gemeinnützigen Wohnbaus
• eine Besteuerung der Umwid- mungen und die Förderung des sozialen Wohnbaus • die Errichtung eines Bodenfonds durch das Land
Es ist in eines der erfolgreichsten Brett lien Scout 24 eine Version mit aktuelle
tumserwerb für den überwiegen- den Teil der Vorarlberger Arbeit- nehmer:innen verunmöglicht wird“, sagt Keckeis. Deshalb ist es dringend geboten, den Auswüch- sen am Grundstücksmarkt – etwa durch die Besteuerung von Umwid-
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Die AKtion fragte: Was halten Sie von einer Millionärssteuer mit Freibeträgen?
Millionärssteuer? Un- bedingt! Freibetrag von ca. einer Million Euro. Derzeit kommt das arbeitende Volk aus dem immer kleiner werden- demMittelstand für den Hauptteil der Steuerein- nahmen auf. Heike Fessler, Rank- weil Ich bin dafür; die Reichen werden immer reicher. In Österreich besitzen die Millionär:innen 90 Pro- zent des Privatvermö- gens. Eine Abgabe der Millionärssteuer finde ich nur gerecht. Markus Rella, Dornbirn Wäre bestimmt eine effektive Lösung, um die Steueraufkommen ein
wenig für die Bürger:in- nen zu normalisieren bzw. diese zu entlasten. Elisabeth Rusch, Röns Wäre schon längst fällig, zur Unterstützung von Pflege und Kindern gera- de nach Corona. Emil Klösch, Nüziders Sehr gut! Wird unbe- dingt Zeit, sie endlich einzuführen! Denise Doniscez, St. Anton imMontafon Eine „Millionärssteuer“ wäre in meinen Augen sinnvoll. Natürlich müss- te vernünftig unterschie- den werden, wie das Vermögen geschaffen wurde, und es müssten angemessene Freibe-
träge angesetzt werden, was sich wahrschein- lich schwierig gestalten würde. Edeltraud Laura, Götzis Sinnvoll. Tut keinem weh, bei Millionenein- kommen etwas Geringes abzugeben. RolandWallis, Bludenz Nichts – lieber die jetzi- gen Ausgaben und Pro- zesse effizienter machen und weniger bürokrati-
den/die betreffende:n Steuerzahler:in nicht noch zusätzlich zum bereits bestehenden Höchststeuersatz be- lastet, denn es soll hier nicht umNeid gehen. Vielmehr stelle ich mir einen kleinen Beitrag vor, den die/der betref- fende Steuerzahler:in zweckgebunden leisten kann. Mögliche Berei- che: Bildung, Wissen- schaft und Forschung, Nachhaltigkeit, Umwelt und Klima … Sibylle Feichtner, Bludenz Nachdem ich keine Millionärin bin, habe ich natürlich nichts gegen eine Millionärssteuer. Ich habe mich über
dieses Thema infor- miert und bin schon der Meinung, dass es eine ungerechte Verteilung von Vermögen gibt. Um dem entgegenzuwirken und in Zukunft damit Vernünftiges finanzieren zu können, finde ich die Einführung sinnvoll. In anderen Ländern gibt es das ja schon. Birgit Pisoni Absolut zu befürworten! Stefanie Bauer, Feldkirch Die Millionärssteuer, im richtigen Ausmaß angesetzt, kann ich be- fürworten. Viele dieser Gesetze werden leider von einigen falschen per- sonellen Besetzungen
konstruiert. Dies führt zu ungleichen Gewich- ten bei der Auslegung. Siegfried Gruber, Koblach Es sollte nicht sein, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Ich wäre für die Ein- führung einer Mil- lionärssteuer mit entsprechenden Freibeträgen. Die einge- nommenen Steuern sollten dann aber auch den unverschuldet Verarmten zugute- kommen und nicht zweckentfremdet
verwendet werden. Ingeborg Rencher, Lustenau Ich finde eine Millio- närssteuer gut, weil es
sche Hindernisse. Ingrid Nesensohn, Rankweil
Ohne die genauen Mo- delle zu kennen, bin ich grundsätzlich für eine Millionärssteuer, die
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