Politik 15
März 2021
Geld ohne Gegenleistung?
Corona hat die Dis- kussion um ein be- dingungsloses Grundeinkommen wieder angefacht. In den USA endet u. a. ein zweijähri- ges Experiment mit erstaunlichen Ergebnissen.
GRUNDEINKOMMEN. Die Stadt Stockton in Kalifornien hat rund 300.000 Einwohner. Viele leben vom Weinbau. Aber Bekanntheit erlangte die Stadt, weil sie das bedin- gungslose Grundeinkommen ausprobiert: 125 Einwohner erhielten zwei Jahre lang 500 US-Dollar (420 Euro) im Monat und konnten damit machen, was sie wollten. Das Programm SEED (Stockton
Economic Empowerment Demonstration) wurde wis- senschaftlich begleitet. Jetzt liegen erste Ergebnisse vor. Mit demGeldhabendieBe- troffenen offenbar Schulden bezahlt. Sie fühlten sich psy- chisch gesünder und legten sich nicht auf die faule Haut: ImFebruar 2019hatten28Pro- zent der Empfänger eine Voll- zeitbeschäftigung, ein Jahr später waren es 40 Prozent.
Corona hat an vielen Arbeitsstätten die Lichter gelöscht. Würde ein bedingungsloses Grundeinkommen helfen? Ist jetzt die Zeit für solche sozialen Experimente?
Liste AK-Präsident Hubert Hämmerle – FCG.ÖAAB
Liste Manuela Auer – FSG
Erweiterter Arbeitsmarkt schafft neue Perspektive
Arbeit fördern und Sozialstaat stärken
zeilen. Dort bekamen 2000 zufällig ausgewählte Arbeits- lose für zwei Jahre monat- lich 560 Euro ausbezahlt. Die Ergebnisse zeigen, dass das Geld keine signifikanten Auswirkungen auf die Be- schäftigungsfähigkeit der Teilnehmer hatte. Sie fühlten sich „nur“ subjektiv wohler, weil sie sich keine Sorgen um ihre Einkommenssituation machenmussten. Sinnvoller wäre aus unse- rer Sicht die Schaffung eines
erweiterten Arbeitsmarktes, eines sogenannten „Chan- cenMarktes“ für Langzeitar- beitslose. Denn es ist allemal vernünftiger, in Beschäfti- gung zu investieren als in Ar- beitslosigkeit. Das ist volks- wirtschaftlich sinnvoller und hat einen klaren Mehrwert für die Betroffenen, denn die psychische Wirkung von Be- schäftigung ist fast noch es- senzieller als die finanzielle. ▸ E-Mail: bernhard.heinzle@ gpa.at
nen. Um Arbeit gerade jetzt besser zu verteilen, ist eine staatlich geförderte Arbeits- zeitverkürzung sinnvoll. Da- neben muss der Sozialstaat gestärkt werden. Das Arbeits- losengeld gehört auf eine Net- toersatzrate von 70 Prozent erhöht. Die Krise hat jedoch deutlich gezeigt, dass nicht alle aufgefangen werden. EPUs, Kleinstunternehme- rInnen oder KünstlerInnen haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Auch ge-
ringfügig Beschäftigte – häu- fig AlleinerzieherInnen – sind davon meist betroffen, was viele in die Armut drängt. Die Frage ist, ob sie in die Arbeits- losenversicherung einbezo- genwerdenkönnen, oder ob es eine Grundsicherung braucht. Deshalb müssen wir über Möglichkeiten einer treffsi- cheren finanziellen Absiche- rung diskutieren – wie immer eine solche aussehenmag. ▸ E-Mail: manuelaauer@ manuelaauer.at
Bernhard Heinzle
Manuela Auer
CHANCENMARKT. Das be- dingungslose Grundeinkom- men wird seit vielen Jahren diskutiert und es gab dazu auch immer wieder Versuche in verschiedenen Ländern. Zuletzt machte ein Experi- ment in Finnland Schlag-
ABSICHERUNG. Wir müs- sen über eine bessere Absiche- rung von Einkommen reden. Erwerbsarbeit muss gefördert und Rahmenbedingungen müssen verbessert werden. Es braucht höhere Löhne – vor allem bei GeringverdienerIn-
Liste Freiheitliche + Parteifreie Arbeitnehmer – FA
Liste Heimat aller Kulturen – HaK
Keine „Belohnung“ für soziale Hängematte!
Grundeinkommen ist keine Utopie
Dies stellt eine grob unge- rechte Form von Umvertei- lung dar, die aufgrund des Lenkungseffektes eine ge- deihliche Entwicklung ge- fährdet. Wir freiheitlichen Arbeit- nehmer bekennen uns zu einem umfassenden Sozial- system, das maximal bedürf- nisorientiert und gleichzeitig leistungsfördernd ist. Ein sol- ches System entspricht unse- rem Bekenntnis, dass Armut in Österreich keinen Platz ha-
verändern ihn. Neue Stellen werden geschaffen, ganze Berufszweige werden unren- tabel oder vom Fortschritt überholt, und die ehemali- gen Beschäftigten stehen vor der Arbeitslosigkeit. Die sich schnell wandelnde dy- namische Arbeitswelt stellt vor allem ältere Menschen vor Herausforderungen, die manchmal unlösbar sind, be- sondersmanuelle Tätigkeiten werden zunehmend von Ma- schinen übernommen.
ben darf! Unser soziales Netz muss Armut verhindern und bekämpfen, doch es darf nie- mals Sozialmissbrauch för- dern. Die fleißigen Bürger, die Mittelschicht und die enga- gierten Unternehmer sind die Tragsäulen unseres mitteleu- ropäischen Wohlstandes. Mit wahnsinnigen Forderungen wie nach einem Grundein- kommen schädigt man Öster- reich nachhaltig. ▸ E-Mail: michael.koschat@ fpoe-satteins.at
Diese sind kostengünstig, nie krank und arbeiten stets mit gleicher Präzision. Men- schen, die nicht im digitalen Zeitalter mit all den techni- schen Geräten aufgewachsen sind, tun sich jedoch schwer mit Umschulungen in diese Richtung. Deshalb und aus noch vielen anderenGründen ist die Idee eines bedingungs- losen Grundeinkommens un- abdingbar und überfällig. ▸ E-Mail: info@hak-online.at
Michael Koschat
Volkan Meral
WAHNSINN. Ein bedin- gungsloses Grundeinkom- men für alle in Österreich lebenden Personen, das un- abhängig von der Leistungs- bereitschaft des Einzelnen finanzielle Mittel zusichert, wird von uns klar abgelehnt!
ÜBERFÄLLIG. Einige Be- rufszweige sind bereits heute von den großen Wandlungen unserer Generationen betrof- fen, die Globalisierung und Digitalisierung beeinflussen die Branchen des ganzen Ar- beitsmarktes nachhaltig und
Liste NBZ – Neue Bewegung für die Zukunft
Liste Gemeinsam – Grüne und Unabhängige
Eine bedarfsorientierte Grundsicherung wäre realistisch
Grundeinkommen hätte positive Auswirkung
das Grundfeinkommen aber an Faszination. Es wäre die gewaltigste Umverteilungsak- tion, die je stattgefunden hat. Eine Durchsetzung im kapita- listischen Wirtschaftssystem ist unrealistisch. Wir stellen ambitionierte, aber umsetzbare Forderun- gen. Sie sollen sicherstellen, dass Menschen in Problem- lagen, in Phasen der Umori- entierung oder bei unerwar- teten Änderungen im Leben existenziell abgesichert sind.
Die Einführung würde aber eine große Veränderung der Gesellschaft mit sich bringen, außerdemmüsste das gesamte Steuer- und Sozialsystem radi- kal verändert werden. Um dies zu realisieren, müssen sehr viele Hausaufgaben imVorfeld erledigt werden. Die Abschaf- fung des jetzigen Sozialsys- tems ist eineHerausforderung, natürlich würde durch die radikale Verschlankung der Verwaltung viel Geld einge- spart werden, jedoch würde es
Ziel ist es, die funktionieren- den Einzelteile des Sozial- systems zu erhalten und die Lücken dazwischen zu schlie- ßen. Wir treten daher für eine bedarfsorientierte Grundsi- cherung ein, die auch Elemen- te eines Grundeinkommens enthält, und neben Geldleis- tungen (im Unterschied zu li- beralen BGE-Konzepten) auch Garantien für eine soziale In frastruktur beinhaltet. ▸ E-Mail: sadettin.demir@ gemeinsam-ug.at
die Kosten für die Einführung nicht abdecken. Die entste- henden Mehrkosten müssten finanzierbar und die Gesell- schaft müsste dazu bereit sein. Die Einsparungen in der Ver- waltungwürden nicht reichen, daher müsste die Mehrwert- steuer erhöht und neue Steu- ern müssten eingeführt wer- den. DieEinführungwürde auf jeden Fall die Unabhängigkeit des Einzelnen stärken. ▸ E-Mail: info@nbz-online.at
Adnan Dincer
Sadettin Demir
UNABHÄNGIGKEIT.
GRUNDSICHERUNG. Was das Perpetuum mobile in der Technik, ist dasBedingungslo- se Grundeinkommen (BGE) in der Sozialpolitik. Regelmäßig taucht diese einfache Lösung für (fast) alle Probleme auf. Genauer betrachtet verliert
Das
bedingungslose Grundein- kommen hätte natürlich eine Reihe von Vorteilen für unsere gesamte Gesellschaft, dadurch könnten wir die Armut be- kämpfen und allen ein wür- devolles Leben ermöglichen.
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