WIR BRAUCHEN: Ausbau des öffentlichen Verkehrs!
VERKEHR
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„Bis vor gut zwei Jahren gab es hier noch eine Regionalbahn.“ Philipp Herndl, Betriebsratsvorsitzender in der Klinik Pirawarth
M it dem Bus fahre ich im Kreis und bin zwei Stunden unter- wegs, mit dem Auto brauche ich circa fünfzehn Minuten“, sagt Josef Exler. Der 57-Jährige lebt in Kronberg und arbeitet als Koch in der Reha-Klinik Pirawarth. Das sind nur zwölf Kilome- ter, aber: „Von Kronberg müsste ich den Bus nach Schleinbach nehmen. Von dort geht’s mit dem Zug nach Wolkers- dorf und weiter nach Bad Pirawarth.“ KaumÖffis Der Parkplatz vor der Reha-Klinik ist voll. „Unsere rund 420 Mitarbei- ter*innen kommen aus allen Richtun- gen, auch aus Nachbarländern“, sagt Betriebsrat Philipp Herndl, „fast alle fahren mit dem Auto.“ An der Bushalte- stelle halten die von Wien kommenden Busse. Aber: „Der Fahrplan geht sich nicht mit unseren Arbeitszeiten aus.“ Reinigungs-, Service- und Küchenper- sonal fangen zeitig an, auch die Thera- pien starten amMorgen. „Außerdem sind wir ein Sieben-Tage-Betrieb.“ Sous-Chef Exler steht von halb sieben
bis 15 Uhr in der Küche, auch an Wo- chenenden.
MARKUS WIESER: „Land und Bund sind gefordert!“
Wer hier lebt, pendelt „Wer in Niederösterreich lebt, pen- delt“, sagt Thomas Kronister. Der Ver- kehrsexperte der AK kennt die Zahlen der letzten 30 Jahre: „2019 haben von über 600.000 wohnhaft Beschäftigten 420.000 ihren Wohn- und Arbeitsort in Niederösterreich. 300.000 Beschäf- tigte pendeln über die Bezirksgrenze. 185.000 fahren in ein anderes Bun- desland, vor allem nach Wien. Nur 21 Prozent wohnen und arbeiten im gleichen Ort“.1 „Für den Arbeitsweg nehmen 66 Prozent der Beschäftigten das Auto. 22 Prozent der Pendler*innen sind mit dem öffentlichen Verkehr un- terwegs und 12 Prozent fahren mit dem Rad oder gehen zu Fuß.2 Der mittlere Arbeitsweg für die Beschäftigten in NÖ ist 35 km lang. Allerdings sind 35 Pro- zent der Arbeitswege kürzer als zehn Kilometer.“3 Teures Auto Andrea Bauer pendelt mit dem Auto von Wien nach Bad Pirawarth. 40 Ki- lometer in eine Richtung. Die 49-Jäh- rige arbeitet als Neuropsychologin in der Reha-Klinik und würde sofort auf Öffis umsteigen: „Die Kosten fürs Auto steigen. Jetzt sind es die Spritpreise, davor war’s das Parkpickerl.“ Auch bei ihr scheitert es an den passenden Busfahrzeiten. Studie: Hier hapert’s „Damit Pendler*innen auf die Öffis umsteigen, muss das Angebot passen“,
Öffi-Ausbau – aber rasch!
Ein Blick auf die Spritpreise stellt viele vor die Frage: Kann ich mir das Autofahren noch leisten? Wie komme ich an den Arbeitsplatz? Mehr als ein Drittel der niederösterreichi schen Beschäftigten hat keinen oder kaum Zugang zu öffentli chem Verkehr, sie sind auf das Auto angewiesen. Wenn man den Pendler*innen aber immer wieder ausrichtet, sie mögen auf Öffis umsteigen, muss es auch das Angebot dafür geben. Doch statt des versprochenen Ausbaus kommt es zu regionalen Rückschritten, Verzögerungen und Stilllegun gen von Regionalbahnen. Es ist hoch an der Zeit, den Ausbau des öffentlichen Verkehrs zu realisieren. Das Land und der Bund sind gefordert, für die Versorgungs sicherheit und den Klimaschutz die notwendigen Schritte zu setzen.
AK-VERKEHRSSTUDIE: Öffentlicher Verkehr klimafit Eine Studie der TU Wien im Auftrag der AK Niederösterreich: Was ist möglich und notwendig, um den öffentlichen Verkehr in Niederösterreich auszubauen. noe.arbeiterkammer.at/verkehrsstudie
MARKUS WIESER AK Niederösterreich-Präsident ÖGB NÖ-Vorsitzender
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