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Juni 2022 Endlich „Aus“ für Kalte Progression! AK-Präsident Hubert Hämmerle begrüßt die Abschaffung der Kalten Progression. Das entspricht einer alten Forderung der AK, wenngleich die Regierung sich vorbehält, ein Drittel des freiwerdenden Geldes selbst auszuschütten. „Wenn da mal nur keine neuerlichen Steuergeschenke an die Unternehmer in Aussicht stehen!“
WEIBERKRAM von Univ.-Prof. Irene Dyk-Ploss
Neuer Arbeitsmarkt Jahrelang wurde Jobbewer- bern eingetrichtert, was für die Arbeitssuche essenziell sei: neben punktgenauer Ausbildung, beruf- licher Erfahrung und Weiterbil- dungsnachweisen möglichst auch das passende Geschlecht und Alter sowie die richtige Nationali- tät bzw. regionale Herkunft. Zeitliche Flexibilität und räum- liche Mobilitätsbereitschaft, Teamfähigkeit, in bestimmten Fällen Führungskompetenz, und Identifikation mit der Firma wurden ebenso vorausgesetzt wie bei Frauen mit dem Betrieb abge- stimmte Familienplanung, deren Abschluss bzw. abgesicherte Kin- derbetreuung … Mittlerweile ge- nügt es, wenn man und vor allem auch frau arbeits- und lernwillig ist und adäquate Basiskenntnisse mitbringt – alles andere wird geboten: Um- und Nachschulung, Teilzeitbeschäftigung, 4-Tage- Woche, Kinderbetreuung, freies Wochenende, überkollektivver- tragliche Bezahlung. Schadenfreude und Genugtuung sind trotzdem nicht angebracht: der Wind in der Wirtschaft und am Arbeitsmarkt kann schnell drehen. ▸ E-Mail: irene.dyk@jku.at
STEUERN. Mit der Abschaffung der Kalten Progression geht eine langjährige Forderung der AK Vorarlberg endlich in Erfüllung. „Das ist ein Erfolg für die Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer“, bekräftigt Präsident Hubert Häm- merle, „die so endlich langfristig Entlastung erfahren.“ Seit seiner Wahl zum AK-Präsidenten im Jahr 2006 fordert er das Ende dieser un- gerechten schleichenden Steuer- erhöhung. Unendliche Geschichte Um die Kalte Progression rankt sich in Österreich eine schier un- endliche Geschichte voller Ver- sprechungen und Wortbrüche. In kaum einem Wahlgang auf Bun- desebene fehlte die Verheißung, dass die künftige Regierung der
Kalten Progression den Garaus machen würde. Immer geriet das Versprechen nach erfolgter Wahl in Vergessenheit, denn Finanzmi- nister lieben die Kalte Progression. Dass sie alle paar Jahre die „größ- te Steuerentlastung der Zweiten Republik“ ankündigen können, ermöglicht ihnen der kleine, fei- ne Trumpf im Ärmel: Steigen auf- grund der Inflation die Gehälter, rutschen Steuerpflichtige auto- matisch in höhere Steuersätze. Die Steuerlast wird größer, obwohl die Menschen real nicht mehr ver- dienen. Bei Gelegenheit kann der Staat dann „mildtätig“ die zusätz- lichen Einnahmen großzügig ver- teilen. Seit Jahrzehnten gefordert Die Kalte Progression greift bisher unmittelbar in unser aller Leben ein. „Wenn jemand mehr Lohn be- kommt und sich trotzdem weniger leisten kann, dann ist das die Aus- wirkung der Kalten Progression, und das ist ungerecht“, wurde AK- Präsident Hubert Hämmerle nicht müde und fordert seit Jahren „die sofortige Abschaffung dieser ver- steckten Steuererhöhung“. Jetzt, unter dem Eindruck der enormen Inflation, geht dieser Wunsch doch in Erfüllung. Der Vorarlberger Finanzminister Mag nus Brunner will das Ende der Kalten Progression sogar in die Verfassung schreiben, wofür frei- lich eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat nötig wäre. Der Grund für diesen plötzlichen Sinneswan- del dürfte sein, dass die Bundesre-
gierung die wachsenden Nöte der Bevölkerung nicht länger überse- hen kann. Die AK Vorarlberg hat in weni- gen Tagen online ein Stimmungs- bild mit über 800 Beteiligten aus der Bevölkerung abgeholt. Dem- nach kommt jede:r Dritte finan- ziell gerade noch über die Runden, jede:r Zehnte bekennt: Es reicht jetzt schon hinten und vorne nicht. Noch konkreter: Wenn morgen die Waschmaschine kaputt geht, kön- nen sich 53 Prozent spontan keine neue leisten. Und die Aussichten? Jede:r Fünfte fürchtet, dass sich die finanzielle Lage verschlech-
tern und ernsthafte finanzielle Probleme verursachen wird. Die Inflationsrate stieg in den vergangenen Monaten atemberau- bend schnell an. Derzeit liegt die Teuerung in Österreich bei acht Prozent. Niemand weiß, wie lange das so weitergehen wird. Vor die- sem Hintergrund sind Entlastun- gen wie das Aus für die Kalte Pro- gression durchaus zu begrüßen, zumal diese Entscheidung ja auch den Weg freigeben müsste für eine echte Steuerreform, die schon in wenigen Jahren auch bereinigend in die Struktur des Steueraufkom- mens eingreifen könnte.
Teuerung in Vorarlberg Online-Umfrage der AK Vorarlberg, 803 Befragte
Was glaubst du: Wie wird sich deine nanzielle Lage in den kommenden sechs Monaten entwickeln?
Sie wird sich verbessern. 2 %
Sie wird sich verschlechtern und mich vor ernsthafte nanzielle Probleme stellen. 21 %
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Sie wird sich leicht verschlechtern. 53 %
Sie wird gleich bleiben. 24 %
Mit dem Newsletter der AK Vorarlberg erhältst du nützli- che Informationen direkt aufs Handy. Und das gratis. Wie? Wo? ▸ vbg.arbeiterkammer.at
Wo spürst du die Teuerung am meisten? (Mehrfachantworten möglich)
87 %
Beim Einkauf im Supermarkt An der Tankstelle Beim Stromverbrauch Beim Heizen In der Freizeit oder im Urlaub Ich spüre sie nicht
72 %
49 %
40 %
AK-Präsident Hubert Häm- merle: Dafür haben wir lange gekämpft!
32 %
1 %
Bewusstsein schaffen für neue Wohnformen Wer die heilige Kuh Eigentum schlachten will, muss vernünftige Alternativen bieten
WOHNEN. Welche Starthilfen braucht es für neue Wohnformen in Vorarlberg? Darüber diskutierten im AK-Saal Paul Stampfl (Bieterge- meinschaft Telesis/ISK), Anja In- nauer (Gemeinde Bezau), Bernhard Kleber (Gemeinde Andelsbuch), AK-Direktor Rainer Keckeis, WK- Direktor Christoph Jenny und Fred Frohofer (Neustart Schweiz). Die Re- gionalentwicklung hatte nach Feld- kirch geladen. Denn Wohnraum ist knapp und teuer, immer öfter auch im ländlichen Raum. Gemein- schaftliches Bauen und Wohnen kann eine interessante Alternative zu herkömmlichen Bau- und Wohn- konzepten sein. Aber wie bringt man diese Ideen in die Breite? Anja Innauer, Vize-Bürgermeis- terin von Bezau und Architektin, sieht das teure Einfamilienhaus als Auslaufmodell. Sie möchte den
im Publikum das vorherrschende Denkschema in Vorarlberg. Diese Einstellung müsse besonders aus den jungen Köpfen herausgebracht werden. Wichtig dabei ist, zu zeigen, dass die gemeinsame Nutzung einen Mehrwert bringen kann: bessere Waschmaschinen, ein großer Kühl- raum, Spielzimmer und vieles mehr. „Damit gemeinschaftliche Nutzung und Zusammenleben funktionie- ren, braucht es klare Spielregeln, die gemeinsam formuliert werden“, rät Frohofer. Spielregeln werden verschärft Ab Juli 2022 werden die Regeln für die Kreditvergabe verschärft. Es ist abzusehen, dass sich deutlich weni- ger Menschen einen Immobilienkre- dit leisten können. Laut Christoph Jenny, Direktor der Wirtschafts- kammer, sollen die neuen Regeln
Menschen zeigen, dass gemein- schaftliches Wohnen kein sozialer Abstieg, sondern eine positive Al- ternative ist: Das hat sie selber bei einer Exkursion des Projekts „Neue Nachbarschaft“ nach Wangen er- fahren. Bernhard Kleber hat als Bürgermeister von Andelsbuch ein erstes Vorzeigebeispiel unterstützt und gemeinsam mit einem Privat- investor ein integriertes Wohn- und Betreuungsprojekt bestehend aus vier Gebäuden im Ortszentrum um- gesetzt. „Das hat im Bregenzerwald etwas ausgelöst“, betont Innauer die Wichtigkeit von Referenzprojekten. Fred Frohofer (Neustart Schweiz) empfiehlt, klein anzufangen und zivilgesellschaftliche Initiativen zu unterstützen – die Ideen entwickeln sich dann von selbst weiter. „Nur was dir gehört, ist etwas wert“, bekräftigt eine Besucherin
mehr Stabilität in den Immobilien- markt bringen. AK-Direktor Rainer Keckeis sieht Wohngenossenschaf- ten als wichtige Angebotsergän- zung, um gerade älteren Menschen langfristig leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Gemeinden sind die Schlüs- selakteure, wenn es um Wohnini- tiativen geht. Sie können gemein- schaftliche Bau- und Wohnprojekte unterstützen, selbst umsetzen, aber auch erschweren und verhindern. Gemeindeverantwortliche aus Vorarlberg erfuhren im Rahmen des Projektes „Neue Nachbarschaft“ aus erster Hand, worauf es beim ge- meinschaftlichen Bauen und Woh- nen ankommt. Planspiele boten die Möglichkeit, sich vertieft mit Wohnbauprojekten und Nachbar- schaftsbetrachtungen auseinander- zusetzen und die raumplanerischen
Rahmenbedingungen und Sicht- weisen verschiedener Akteur:innen und Beteiligter kennenzulernen. Das Projekt hat zweieinhalb Jahre lang Fachwissen zusammengetra- gen, das weiter online verfügbar ist. Paul Stampfl hat das Projekt „Neue Nachbarschaft“ begleitet.
▸ Einen Leitfaden für Gemeinden gibt es gratis unter https:// www.regio-v.at
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