18 Politik
Juni 2022
Nachhilfe für viele enorme Belastung
Wie gegensteuern, wenn Nachhilfe nötig, aber einfach nicht mehr leistbar ist?
NACHHILFE. Schulische Bildung muss für alle Kinder gleichermaßen zugänglich sein. So weit die Theorie. Aber immer mehr Schüler:innen brauchen dringend Nachhilfe und immer mehr Eltern können sich das schlichtweg nicht leisten. Das Institut für empirische So- zialforschung (IFES) hat im Auftrag der AK das große Nachhilfemonito- ring durchgeführt. Die Ergebnisse erschrecken. Fast 4,5 Millionen Euro gaben Vorarlberger Eltern in diesem
Schuljahr für Nachhilfe aus. Beinah ein Drittel (13.800) Schüler:innen brauchen Unterstützung. Bei 7200 Kindern aber mussten die Eltern passen, weil ihre angespannte fi- nanzielle Lage die zusätzlichen Kos- ten nicht verkraftet. Die AK Vorarlberg bietet auch heuer während der ganzen Sommer- ferien kostenlos Lernhilfe an. Was aber muss darüber hinaus getan werden, damit dieses Dilemma auf lange Sicht ein Ende findet?
▸ AK-Lernhilfe gibt es gratis den ganzen Sommer über. Infos unter
ak-vorarlberg. at/lernhilfeauf- abruf
Die AK-Nachhilfe-Erhebung zeigt: 20 Prozent der Eltern tun sich schwer damit, ihren Kindern bei den Hausaufgaben zu helfen.
Liste AK-Präsident Hubert Hämmerle – FCG.ÖAAB
Liste Manuela Auer – FSG
Ganztagsschule: Am besten so schnell wie möglich!
Schule stärken heißt Bildung stärken
Eltern, Schüler, Personalver- treter etc. Dabei geht es um nicht weniger als um die Zu- kunft unserer Kinder. Ihre In- teressen gilt es, in den Mittel- punkt zu stellen. Getreu dem Motto „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ (über)holt die Realität die Streitenden. Immer mehr Schüler brauchen – auch in- folge der Pandemie – Nach- hilfe, diese wird immer teurer und viele Familien können sie sich nicht mehr leisten.
ein Schulsystem, das trotz des riesigen Engagements der Pädagog:innen seinen Auftrag nicht mehr erfüllen kann. Wieso halten wir da ran fest? Es würde doch auch niemand ein Auto kaufen, das man selbst schieben muss. Es braucht dringend mehr ganz- tägige Schulformen, damit Bildung wieder umfassend in der Schule stattfinden kann. Darüber hinaus muss end- lich ein flächendeckendes und ganztägiges elementar-
Heißt: Am Ausbau von Ganz- tagsschulen mit verschränk- tem Unterricht und entspre- chenden Qualitätskriterien führt kein Weg mehr vorbei. Denn das AK-Nachhilfe-Mo- nitoring zeigt klar: Nachhilfe kann durch Ganztagsschule eingedämmt werden. Zusätz- lich wird es aber auch Entlas- tungen für armutsgefährdete Familien und Alleinerziehen- de brauchen. ▸ E-Mail: bernhard.heinzle@ gpa.at
pädagogisches Betreuungs- angebot geschaffen werden. Das Land soll zudem seinem Versprechen von einer „Mo- dellregion gemeinsame Schu- le“ nachkommen, um gleiche Bildungschancen für alle zu schaffen. Letztlich wird das alles nur mit ausreichendem Personal umsetzbar sein. Da- her braucht es eine entspre- chende Personaloffensive im gesamten Bildungsbereich! ▸ E-Mail: manuelaauer@ manuelaauer.at
Bernhard Heinzle
Manuela Auer
DIE ZEIT DRÄNGT. Der Streit um die Weiterentwick- lung unseres Schul- und Bil- dungssystems ist ein nicht enden wollender. Die Inter- essen der zahlreichen Player blockieren sich seit Jahren gegenseitig: Lehrer, Politik,
WECHSEL. Die horrenden Ausgaben für private Nach- hilfe sind alarmierend. Lern- unterstützung wird mehr und mehr zur Normalität. Das müsste aber nicht so sein und muss erst recht nicht so blei- ben. Wir haben offensichtlich
Liste Freiheitliche + Parteifreie Arbeitnehmer – FA
Liste Heimat aller Kulturen – HaK
Nachhilfeförderung für Kinder im Pflichtschulalter
„Docendo discimus“ – durch das Lehren lernen wir
nicht einfacher, es war sogar kontraproduktiv und erzeug- te höheren Nachhilfebedarf. In erster Linie müsste man die Sprengelregelung aufhe- ben, damit es zu einer besse- ren Durchmischung der Kin- der kommt. Und zusätzlich müsste man die Klassengrö- ßen erheblich reduzieren. Aus heutiger Sicht wäre ein sinnvoller Weg, das Stütz- lehrer:innen-Programm mit den PH-Student:innen zu er- weitern und diese als Förder-
dern, den Eltern und auch den Lehrkräften viel ab. Schülerinnen und Schü- ler sind seither gefordert, Lerndefizite zu kompensie- ren. Der dafür oft benötigte außerschulische Nachhil- feunterricht stellt für viele Familien eine beträchtliche finanzielle Belastung dar. Wir fordern deshalb die Einführung einer Förderung des Nachhilfeunterrichts für Kinder im Pflichtschul- alter. Konkret sollen Familien
durch einen Beitrag zu den Kosten, die im Zusammen- hang mit einer Nachhilfe- förderung eines Kindes im Pflichtschulalter anfallen, fi- nanziell unterstützt werden. Die Förderung soll 150 Euro pro Schüler und Semester in Form eines Gutscheines be- tragen. ▸ E-Mail: michael.koschat@ fpoe-satteins.at
lehrer:innen an bestimmten Nachmittagen einzusetzen. Diese können von den Schü- ler:innen direkt, unkompli- ziert und vor allem kostenlos kontaktiert und in Anspruch genommen werden. Aus die- ser Praxis würden nicht nur die Eltern und Schüler:innen, sondern auch die Stützleh- rer:innen profitieren, die ihr Wissen in der Praxis perfek- tionieren können. ▸ E-Mail: info@hak-online.at
Michael Koschat
Volkan Meral
FÖRDERUNG. Die Corona- Beschränkungen der letzten zwei Jahre sind auch an den schulischen Leistungen der Kinder nicht spurlos vorü- bergegangen. Die plötzliche Umstellung auf das „Lernen zu Hause“ verlangte den Kin-
SPRENGEL. Die aktuelle Sprengelregelung sorgt leider dafür, dass Brennpunkte ent- stehen, in denen immer mehr Kinder nachhilfebedürftig werden. Die Einführung der sogenannten Deutschförder- klassen machte dies leider
Liste NBZ – Neue Bewegung für die Zukunft
Liste Gemeinsam – Grüne und Unabhängige
Symptom für weit größere Probleme des Systems
Nachhilfe und das Versagen des Bildungssystems
mit Kosten für Nachhilfe für jene verbunden, die sich das (noch) leisten können. Jeder Schritt zur Reprivatisierung von Bildung ist auch ein An- griff auf unsere Demokratie. Unser Bildungssystem muss also vom Kindergarten bis zur Universität fit gemacht werden, um Bildungschan- cen für alle zu garantieren. Die Entwicklung geht leider in die andere Richtung. Nach- hilfe ist also nur ein Symp- tom für ein viel größeres
Problem. Fehlende Bildung bedeutet auch schlechte bis keine Chancen am Arbeits- markt. Unsere Wirtschaft braucht qualifizierte Arbeits- kräfte. Bildung ist also auch die Grundlage für Ökonomie und Wohlstand. Hier nicht ausreichend Ressourcen zur Verfügung zu stellen, ist also nicht nur asozial, sondern auch antidemokratisch und ökonomisch unvernünftig. ▸ E-Mail: sadettin.demir@ gemeinsam-ug.at
gehen. Die dabei definierten Ziele sollten neu überdacht und angepasst werden. Das Bildungssystem hat eindeu- tig versagt. Es kann ja nicht sein, dass fast alle Schüler:in- nen eine Nachhilfe brauchen, um die Anforderungen zu er- füllen. Viele Familien können sich die Nachhilfe nicht mehr leisten, das wiederum führt dazu, dass eine bildungsfer- ne Generation heranwächst, die wir alle spüren werden. Natürlich sollte erwähnt wer-
den, dass auch die Familien und das soziale Umfeld be- stimmende Faktoren sind. Um eine Verbesserung der Situation herbeizuführen, müssen alle Hand in Hand arbeiten. Das Bildungssystem muss geändert und verfeinert werden. Alle Kinder brauchen die gleiche Chance. Vergessen wir nicht, dass nicht die Kin- der, sondern das System sich ändern muss. ▸ E-Mail: info@nbz-online.at
Adnan Dincer
Sadettin Demir
ALLE GEFORDERT. Das Ziel des österreichischen Schul- systems ist es doch, die Schü- ler:innen auf den für sie indivi- duell geeigneten Bildungsweg vorzubereiten, jedem:r die Chance zu geben, später dem gewünschten Beruf nachzu-
SO NICHT! Bildung war lan- ge das Privileg der Reichen und Mächtigen. Der freie Zugang zur Bildung ist eine zentrale Errungenschaft unserer demokratischen Gesellschaft. Wird er auf- geweicht, ist das nicht nur
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