AKtion Oktober 2022

6 Soziales und Arbeit 

Oktober 2022

Jede qualifizierte Arbeitskraft mehr ist ein enormer Gewinn Arbeiterkammer und Land errichten die „Fördergesellschaft für den Arbeitsmarkt Vorarlberg gGmbH“

WEIBERKRAM von Univ.-Prof. Irene Dyk-Ploss

Sparen ist angesagt Wir erleben nicht nur einen politisch heißen Herbst, mög- licherweise liegt auch ein kalter Winter vor uns. Energiesparen ist aufgrund steigender Preise wohl unausweichlich. Im Haus- halt kann das u. a. bedeuten, dass arbeitssparende Geräte seltener genutzt werden – was vielfach die Frauen betrifft, die aufgrund der Inflation ohne- hin schon zu weniger teuren Produkten greifen müssen, das heißt: keine leicht zuzubereiten- den Convenience-Produkte mehr. Mütter und Frauen sind es auch, die den Familienmitgliedern das „einfachere Leben“ schmackhaft machen müssen – im doppelten Wortsinn. Schwerer wiegt da noch, dass in vielen (vor allem Alleinerzieher-)Familien die Kinder auf Freizeit- und Förder- programme verzichten werden müssen, die sie in Corona-Zei- ten dringend bräuchten. Dazu kommen der teure Schulstart, die Ausgaben für Schulmaterial und für viele nicht mehr leistbare Schulveranstaltungen … Ein- malzahlungen und Zuschüsse werden rasch verpuffen, und ob die Erfolge der herbstlichen Lohnrunden und Steuerrefor- men auch in den Geldbörsen der berufstätigen Frauen ankom- men, muss sich zeigen. Oder ob gerade bei ihnen gespart wird … ▸ E-Mail: irene.dyk@jku.at Arbeiten mit HIV Seit 2020 sind die Österreichi- schen Aidshilfen in Zusammen- arbeit mit Selbsthilfegruppen, Wirtschaft und öffentlichen Institutionen Projektpartner der Initiative #positivarbeiten. Diese Initiative steht für einen diskriminierungsfreien Umgang mit HIV-positiven Menschen im Arbeitsleben. Am 18. Oktober 2022 bietet die Initiative einen Online-Workshop für Menschen mit HIV zum Thema Arbeits- recht an. ▸ Alle Infos unter Tel. 01/59 99 37-96 oder https://www.aids-hilfe. at/positivarbeiten/

INITIATIVE. „Unser Ziel muss sein, möglichst vielen Vorarlberger:innen höhere Qualifikationen zu ermögli- chen.“ Mit diesem Satz skizziert der designierte AK-Präsident Bernhard Heinzle das Herzstück der neuen Fördergesellschaft von AK und Land. Die Initiative tut not. Denn wenn Vorarlberg eine wirtschaftliche Top-Region in Europa bleiben will, „müssen wir konsequent und nach- haltig Investitionen setzen“, unter- streicht Landeshauptmann Markus Wallner. Was trägt die Fördergesell- schaft bei? „Hier werden künftig alle Fragen rund um die Höherqualifi- zierung kostenlos beantwortet, um möglichst vielen Vorarlberger:innen höhere und hohe Qualifikationen zu ermöglichen und alle verfügbaren Talente für eine Arbeitsmarktteil- nahme zu gewinnen“, informiert der designierte Arbeiterkammerpräsi- dent Bernhard Heinzle. „Die Förder- gesellschaft ist ein zusätzliches In­ strument, um Fachkräfte besser im Land halten oder sie für den Stand- ort Vorarlberg gewinnen zu können“, sagt Landesrat Marco Tittler. Drei strategische Ziele Die neue Gesellschaft verfolgt drei strategische Ziele: ● Bedarfsgerechte Qualifizierung ● Verbesserung der Vereinbarkeit für eine hohe Erwerbsbeteiligung ● Gewinnung und Bindung von Fachkräften „Das Angebot der Fördergesell- schaft richtet sich an alle Vorarlber- ger:innen“, betont der designierte AK-Präsident Bernhard Heinzle, „hier werden künftig all ihre Fra- gen rund um Höherqualifizierung kostenlos beantwortet.“ Mehr noch: Die gemeinnützige Gesellschaft von Land Vorarlberg und AK wird zu- dem Drehscheibe sein für alle Ein- richtungen am Arbeitsmarkt, wenn es um die Entwicklung und Rea- lisierung arbeitsmarktpolitischer Initiativen geht. „Denn uns allen ist klar: Die Attraktivität des Standorts Vorarlberg steht und fällt mit der

Für die Arbeitnehmer:innen ist das allemal ein Gewinn: Denn höhe- re Qualifikation bedeutet mehr Zu- friedenheit am Arbeitsplatz, höhere Löhne und nicht zuletzt entschie- den bessere Chancen am Arbeits- markt in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Die Arbeitnehmer:innen und auch jene, die erst in den Ar- beitsmarkt eintreten werden, wis- sen oft gar nicht, wozu sie fähig sind, wo ihre Talente liegen. „Es wird die Aufgabe der Vorarlberger Arbeits- markt-Fördergesellschaft sein, sie dort abzuholen, wo sie stehen.“ Denn nur gezielte Orientierung und Qua- lifizierung garantieren den Erfolg. „Unser Ziel muss sein, möglichst vielen Vorarlberger:innen höhere Qualifikationen zu ermöglichen.“ Für den designierten AK-Präsiden- ten ist entscheidend, „dass wir dabei ein besonderes Augenmerk auf Ver- einbarkeit und Leistbarkeit legen“. An der neuen Fördergesellschaft wird das Land mit 40 Prozent und die Arbeiterkammer mit 60 Prozent des Stammkapitals in Gesamthöhe von 35.000 Euro beteiligt sein. Auch die laufenden Kosten von 500.000 Euro jährlich werden von den beiden Part- nern getragen. Die Geschäftsfüh- rung wird zeitnah unter Beiziehung eines externen Personalberatungs- büros öffentlich ausgeschrieben.

AK-Vizepräsident Bernhard Heinzle, LH Markus Wallner und LR Marco Tittler: gemeinsam gegen den Fachkräftemangel

Verfügbarkeit qualifizierter Arbeits- kräfte.“ Lieber in die Fabrik Die Problemstellungen reichen weit: Derzeit wandern gut Quali- fizierte in die Ballungszentren und ins Ausland ab, Geringqualifizierte wandern zu. Bei den hier lebenden Kindern und Jugendlichen nicht deutscher Muttersprache werden Talente vergeudet, weil die Bildungs- wege kaum Erfolg versprechen. „Sie gehen lieber als Hilfsarbeiter :innen in die Fabrik statt in einer Lehre ihre Zukunft zu gestalten.“ Noch immer verfügen knapp 18 Prozent der ar- beitenden Bevölkerung im Land nur über einen Pflichtschulabschluss. Die Hindernisse für Frauen, stärker am Arbeitsmarkt teilzunehmen, sind immer noch groß, obwohl sie vielfach über ein hohes Bildungs- niveau verfügen. Mal mangelt es an Kinderbetreuung, mal erweist sich die angebotene Teilzeitbeschäfti- gung oder Entlohnung als schlicht unattraktiv. Natürlich gibt es eine Menge an Fördermaßnahmen. Aber viel zu oft entsprechen sie nicht dem Be- darf der Arbeitnehmer:innen, sind zu teuer oder unflexibel. Und nicht

wenige Beschäftigte kapitulieren vor der Vielzahl der Angebote, weil sie sich schlichtweg nicht zurecht- finden. Die AK bietet hier mit ihrer FastLane-Bildungsplattform bereits wichtige Orientierung. „Die vor- handenen Instrumente müssen ge- bündelt und zielgerichteter zur Be- kämpfung des Facharbeitermangels eingesetzt werden“, unterstreicht Heinzle und begrüßt es ausdrück- lich, wenn nun „eine zentrale An- laufstelle in Vorarlberg geschaffen wird“.

Services der Fördergesellschaft ● Anlaufstelle für alle Fragen rund um Höherqualifizierung und berufli- che Weiterentwicklung für alle Vorarlberger:innen und Unternehmen. Die Beratung umfasst: berufliche Orientierung, Planung einer beruflichen Ver- änderung, Aus- und Weiterbildungen, Bildungsförderungen, Erarbeitung der eigenen Kompetenzen und Interessen, Berufsbildung etc. ● Kostenlose digitale Plattform („FastLane Plus“), die durch Umschulung, Höherqualifizierung und Active Sourcing neue Personalressourcen mobili- siert, die vorher nicht zur Verfügung standen ● Unterstützung der Unternehmen bei der Fachkräftegewinnung un d der strategischen Personalentwicklung sowie dem „Up-Skilling“ der Mitarbei- ter:innen ● Kostenlose Beratung im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und allen Fragen rund um die Kinderbetreuung ● Koordinations-, Kontakt- und Anlaufstelle für alle Einrichtungen am Vorarlberger Arbeitsmarkt zur Entwicklung und Abwicklung von arbeits- marktpolitischen Initiativen

Chef wollte Kurskosten zurück, nur leider … … war Vereinbarung unter Druck zustande gekommen – AK half: Angestellte muss 3000 Euro nicht bezahlen

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ZURÜCKGEFORDERT. Sie war schon jahrelang in ihrem Unterneh- men beschäftigt, als ihr der Arbeit- geber eine Weiterbildung anbot: Der Kurs im Rechnungswesen kostete insgesamt 3500 Euro, die der Arbeit- geber übernahm. Also besuchte die Mitarbeiterin im ersten Halbjahr 2021 alle Einheiten und schloss die Ausbildung im Juni 2021 erfolgreich ab. Im August forderte der Arbeitge- ber dann seine Mitarbeiterin auf, im Nachhinein eine Ausbildungskos- tenrückersatzvereinbarung zu un-

Vereinbarung sichert dem/der Ar- beitnehmer:in eine selbstbestimm- te Entscheidung zu, sich auf eine Ausbildung einzulassen, die unter bestimmten Umständen zu einem Ausbildungskostenrückersatz füh- ren kann. Die nachträgliche Verein- barung setzt ihn/sie lediglich unter Druck. Das schützenswerte Inter- esse, sich frei und sachlich über die Teilnahme an einer Ausbildung zu entscheiden, wird so nur beschädigt. Die Intervention der AK hatte Er- folg. Die Frau musste die 3000 Euro nicht bezahlen.

Unstrittig war, dass der absol- vierte Kurs der Arbeitnehmerin Kenntnisse vermittelte, die über den Rahmen der Einschulung hi­ nausgingen; also Spezialkenntnis- se, die ihr im Falle eines Firmen- wechsels bessere Verdienstchancen verschafften und am Arbeitsmarkt verwertbar waren. Da die schriftli- che Vereinbarung aber nicht vor der Ausbildung abgeschlossen worden war, war sie ungültig. Im Arbeits- vertragsrechts-Anpassungsgesetz kann man es nachlesen: Nur eine vor der Ausbildung abgeschlossene

terzeichnen. Aus Angst vor dem Ver- lust des Arbeitsplatzes unterschrieb sie und wurde damit verpflichtet, die 3000 Euro aliquot zurückzuzah- len, sollte sie das Unternehmen in- nerhalb von zwei Jahren verlassen. Job- und Wohnortwechsel Dann wechselte die Frau ihren Wohnort und war gezwungen, noch im Jahr 2021 den Job aufzukündi- gen. Der Arbeitgeber wollte die 3000 Euro an Kurskosten zurück. Die An- gestellte wandte sich hilfesuchend an ihre AK.

▸ So erreicht ihr uns Telefon 050/258-2000 zum Ortstarif oder 05522/306-2000, E-Mail über das Kontaktformular unserer Website. Unsere Kontaktzeiten sind von Montag bis Donnerstag, 8 bis 12 Uhr und 13 bis 16 Uhr, sowie am Freitag von 8 bis 12 Uhr.

Auf unserer Website finden Sie auch den Brutto-Netto-Rechner der AK. Per Mausklick sehen Sie, was Ihnen tatsächlich von Lohn und Gehalt übrigbleibt. Wo? ▸ ak-vorarlberg.at/ beratung/arbeitundrecht

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