AKtion Dezember 2024

2 Arbeitsrecht 

Dezember 2024

Falscher Lohn: AK rettete Mitglied vor existenzbedrohender Rückzahlung

Wenn der Lohn plötzlich höher ist als vereinbart: Für einen Facharbeiter wurde eine Systemum- stellung beinahe zum teuren Stolperstein. Der Fall zeigt, wie wichtig der regelmäßige Blick auf die Lohnabrechnung ist.

ßigen Arbeitszeiten und wechseln- den Zuschlägen ist es für Arbeitneh- mende oft schwierig, den Überblick zu behalten“, erklärt AK Expertin Hager. „Die zentrale Frage an diesem Fall war jedoch, ob dem Arbeitneh- mer die irrtümliche Mehrleistung nach objektiven Kriterien auffallen hätte müssen.“ Abrechnung nicht geprüft Zwar hätte M. theoretisch Zugang zum digitalen Abrechnungssystem gehabt, nutzte dies aber nie. „Das ist leider keine Seltenheit“, so Hager. „Viele Beschäftigte vertrauen darauf, dass die Lohnabrechnung stimmt, und prüfen sie nicht regelmäßig.“ AK Präsident Bernhard Heinzle nimmt den Arbeitgeber in die Pflicht: „Es ist grundsätzlich die Aufgabe der Betriebe, für korrekte Lohn- bzw. Gehaltsabrechnungen zu sorgen. Wenn ein Fehler einein-

einen kurzen Blick auf die Abrech- nung zu werfen und bei Unklar- heiten zeitnah das Gespräch mit dem:der Arbeitgeber:in zu suchen. Im Zweifelsfall bietet die Arbeiter- kammer eine kostenlose Beratung an. Abrechnung stets kontrollieren „Ein kurzer Check jeden Monat kann später vor bösen Überraschungen schützen“, fasst AK Arbeitsrechtsex- pertin Michelle Hager zusammen. „Dabei geht es nicht nur darum, Feh- ler zu Ungunsten der Beschäftigten zu entdecken, sondern auch darum, mögliche irrtümliche Zahlungen frühzeitig zu klären.“ AK Expertin Michelle Hager rät deshalb, dass Arbeitnehmer:innen den Lohn- bzw. Gehaltszettel stets kontrollieren sollten – wie der vor- liegende Fall des Herrn M. eindrück- lich zeigt.

halb Jahre unentdeckt bleibt, tragen die Unternehmen dafür die Ver- antwortung. Die einseitige Über-

wälzung des fi- nanziellen Risikos auf die Beschäftig- ten ist völlig inak- zeptabel.“

FALL. Der Facharbeiter M. war seit neun Jahren bei seinem Arbeitgeber beschäftigt, zuletzt in Teilzeit. Sein vereinbartes Arbeitspensum betrug 60 Prozent. Doch nach einer IT-Um- stellung Anfang 2023 unterlief dem Arbeitgeber ein folgenschwerer Feh- ler: Durch einen Tippfehler stufte das System M. mit einer 80-prozen- tigen Beschäftigung ein – mit ent- sprechend höherer Vergütung. „Erst nach eineinhalb Jahren fiel der Fehler bei einer internen Re- vision auf“, berichtet AK Expertin Michelle Hager. „Der Arbeitgeber forderte daraufhin die komplette Überzahlung von rund 20.000 Euro

brutto zurück.“ Eine solche Summe stellt für den Vorarlberger und seine Familie ohne Zweifel eine existenz- bedrohende Situation dar. Schwankende Löhne Die Krux an der Sache: M. arbeite- te im Schichtdienst, wodurch sein monatlicher Lohn ohnehin stark schwankte. Die durchschnittliche Mehrleistung von etwa 500 Euro net- to pro Monat fiel ihm nach eigenen Angaben nicht auf. „Bei unregelmä- M. Hager

B. Heinzle

AK vermittelt Einigung Im konkreten Fall konnte durch Ver- mittlung der Arbeiterkammer eine außergerichtliche Einigung erzielt werden. Beide Parteien einigten sich auf einen Vergleich, um das lang- jährige Arbeitsverhältnis nicht zu gefährden. Der Fall macht deutlich: Auch wenn die Digitalisierung vieles ver- einfacht, ersetzt sie nicht die regel- mäßige Kontrolle der eigenen Lohn- bzw. Gehaltsabrechnung. Experten und Expertinnen raten, monatlich

Lohn- und Gehaltsabrechnung: Darauf solltest du achten

SOZIALRECHT. „Eine Gehalts­ abrechnung kann je nach Branche und Unternehmen sehr unter- schiedlich aussehen“, erklärt AK Arbeitsrechtsexpertin Michelle Hager. „Speziell Beschäftigte mit schwankendem Entgelt sollten ihre Abrechnung besonders sorgfältig Jeden Monat flattern sie ins Haus: die Lohn- bzw. Gehaltsabrechnungen. Doch wie genau sollten Arbeitnehmer:innen diese prüfen? Die AK Vorarlberg gibt wichtige Tipps, um kein Geld zu verlieren.

Fristen für einzelne Vergütungs­ bestandteile wie Überstunden, Zula- gen oder Reisekostenerstattungen. Auch im Arbeitsvertrag können Verfallsregelungen festgelegt sein – diese dürfen jedoch nicht ungünsti- ger sein als die Bestimmungen des jeweiligen Kollektivvertrags. Hauptsache schriftlich „Im Zweifelsfall empfehle ich im- mer, Ansprüche schriftlich beim Arbeitgeber geltend zu machen“, so Hager. „Das wahrt die Verfallsfrist und gibt Ihnen Sicherheit.“

prüfen.“ Dabei gilt es, verschiede- ne Aspekte zu berücksichtigen: Stimmt die Anzahl der regulären Arbeitsstunden? Wurden Über- stunden korrekt erfasst? Wie steht es um Urlaubs- und Krankengeld? Wichtig: die Verfallsfristen Ein oft übersehener, aber entschei- dender Punkt sind die Verfallsfris- ten. „Viele Arbeitnehmer:innen wissen nicht, dass sie nur eine be- grenzte Zeit haben, um ihre An- sprüche geltend zu machen“, warnt Hager. „Die kürzestmögliche Frist beträgt drei Monate, aber je nach Kollektivvertrag kann sie auch vier, sechs, neun oder zwölf Monate be- tragen.“ Manchmal gelten spezielle

▸ Weitere Infos und Kontakte zu den Expert:innen gibt es auf der AK Website.

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