Politik 15
April 2021
Den Job verloren und null Aussicht
Monat für Monat bes- sern sich die Arbeitslo- senzahlen. Aber für die 190.000 Langzeitar- beitslosen sind kaum Perspektiven in Sicht. Je länger ihr Schicksal dau- ert, desto aussichtsloser ist es.
HOFFNUNGSLOS? Ende März zählte Österreich mehr als 190.000 Langzeitarbeitslose. Noch nie waren in Österreich so viele Menschen län- ger als ein Jahr auf Jobsuche. Darin enthalten sind 150.000 Menschen, die beim AMS seit über einem Jahr als arbeitslos registriert sind. Es sind um knapp die Hälfte mehr seit Aus- bruch der Pandemie. Hinzu kom- men aber noch rund 40.000 Lang- zeitarbeitslose, die an Schulungen teilnehmen. Sie werden in der regu-
lärenMonatsstatistik des AMS nicht mitgerechnet. Allein von Februar auf März erhielten knapp 10.000 Menschen zusätzlich den Stempel „langzeitarbeitslos“ verpasst. Mit Ende April werden weitere hinzu- kommen. Die stärksten Zuwachs- raten finden sich bei Menschen im Alter zwischen 25 und 44 Jahren. Während sich der Arbeitsmarkt also langsam zu erholen scheint, drohen Unzählige auf der Strecke zu bleiben. Was tun?
Corona lässt die Zahl der Langzeitarbeitslosen weiter steigen. Man- che werden den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt nicht schaffen.
Liste AK-Präsident Hubert Hämmerle – FCG.ÖAAB
Liste Manuela Auer – FSG
Langzeitarbeitslose: Gegensteuern notwendig
Der Staat muss öffentliche Jobs schaffen
überzeugt. Wir fordern des- halb ein Nachfolgeprojekt für die „Aktion 20.000“. Bei dem Prestigeprojekt bekamen 20.000 ältere Langzeitarbeits- lose Jobs, diemit Steuergeld fi- nanziert wurden. Sie wurden etwa im Bereich der Verwal- tung inGemeinden eingesetzt oder bekamen Arbeit bei ge- meinnützigen Unternehmen. Die staatlichen Jobs sollen im besten Fall vorübergehend sein und Langzeitarbeits- losen helfen, wieder Fuß am
als 3000 Menschen in Vor- arlberg werden in den nächs- ten Jahren nicht den Funken einer Chance haben, einen Job zu finden. Diese Zahlen machen ein entschlossenes Gegensteuern dringend not- wendig. Wir werden des- halb bei der kommenden AK-Vollversammlung einen Antrag einbringen, der den Bund dazu auffordert, end- lich einen Masterplan für den nachhaltigen Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit zu
implementieren bzw. einen erweiterten Arbeitsmarkt („ChancenMarkt“) zu schaf- fen. Finanzierung von Be- schäftigung statt Finanzie- rung von Arbeitslosigkeit ist dabei die Devise. Daneben wird es auch die Bereitstel- lung zielgruppenspezifischer Beschäftigungsprojekte so- wie die Erhöhung des Arbeits- losengeldes (auf 70 Prozent Nettoersatzrate) brauchen. ▸ E-Mail: bernhard.heinzle@ gpa.at
Arbeitsmarkt zu fassen. Eine Studie zur „Aktion 20.000“ belegt, dass nach Beendigung des Projekts jeder oder jede dritte TeilnehmerIn in einem regulären Beschäftigungsver- hältnis war. Daneben müssen endlich das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe er- höht werden, damit Langzeit- arbeitslose neben ihrem Job nicht auch noch ihre Existenz verlieren. ▸ E-Mail: manuelaauer@ manuelaauer.at
Bernhard Heinzle
Manuela Auer
KEINE CHANCE. Noch nie waren in Österreich so vie- le Menschen länger als ein Jahr auf Arbeitssuche als Ende 2020. Die Zahl der Men- schen, die seit fünf Jahren keine Arbeit finden, hat sich seit 2012 verfünffacht. Mehr
AKTION 20.000. Noch nie waren in Österreich so viele Menschen langzeitarbeits- los wie jetzt. Und es könnten noch mehr werden. Der Staat muss dringend öffentliche Jobs schaffen – ohne wird es nicht gehen, sind Experten
Liste Freiheitliche + Parteifreie Arbeitnehmer – FA
Liste Heimat aller Kulturen – HaK
Alles tun, um Menschen wieder in Arbeit zu bringen
Perspektiven schaffen für Langzeitarbeitslose
bringen, wird es erst geben, wenn es gelingt, unser Land aus der Krise zu führen und weitere Öffnungsschritte zu setzen. Zudem muss die Poli- tik gerade jetzt wichtige Zu- kunftsinvestitionen tätigen, um die Wirtschaft anzukur- beln und somit Arbeitsplätze zu schaffen. Vor allem Menschen, die schon lange auf Arbeitssu- che und deshalb besonders armutsgefährdet sind, brau- chen jetzt die notwendige
Für einen überwiegenden Teil derMenschen bildet Arbeit die materielle Lebensgrundlage. Für arbeitslose Personen war die Armutsgefährdungsquote 2019 inÖsterreich fast dreimal so hoch wie für den Durch- schnitt der Bevölkerung. Ar- beitslosigkeit führt außerdem zu sozialer Exklusion und be- günstigt die Entstehung bzw. Verstärkung gesundheitlicher Probleme. So ist Arbeitslosig- keit etwa mit einem höheren Mortalitätsrisiko verbunden
Unterstützung. Wir fordern daher, dass die Notstandshil- fe bis Ende des Jahres 2021 auf das Arbeitslosengeld aufge- stockt wird. Weiters braucht es gerade für ältere Arbeitslose ent- sprechende Qualifikations- programme, damit ihnen die Rückkehr in den Arbeits- markt leichter ermöglicht wird. ▸ E-Mail: michael.koschat@ fpoe-satteins.at
und begünstigt psychische Probleme. Gesundheitliche Einschränkungen vermin- dern wiederum die Chancen auf Beschäftigung, sodass die Arbeitslosigkeit zur Sackgasse wird. Es bedarf daher konse- quenten staatlichen Eingrei- fens, um das Problem der Arbeitslosigkeit mit all seinen sozialen und gesellschaftli- chen Folgen zu lindern. ▸ E-Mail: info@hak-online.at
Michael Koschat
Volkan Meral
ÖFFNEN. Der schwarz-grü- ne Dauer-Lockdown hat dazu geführt, dass viele Menschen ihren Arbeitsplatz verloren haben. Die Chance auf eine echte Trendwende am Ar- beitsmarkt und darauf, viele Menschenwieder inArbeit zu
EINGRIFF. Engagiertes staat- liches Eingreifen ist notwen- dig, um dafür zu sorgen, dass sich Arbeitslosigkeit nicht verfestigt und bestehen bleibt, dennsie istmit erheblichenso- zialen und gesellschaftlichen Konsequenzen verbunden.
Liste NBZ – Neue Bewegung für die Zukunft
Liste Gemeinsam – Grüne und Unabhängige
Zweiten Arbeitsmarkt ausbauen, dritten aufbauen
Niemand ist freiwillig in der Arbeitslosigkeit
die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen in die Langzeit- arbeitslosigkeit rutschen und nicht mehr rauskommen. Niemand ist freiwillig arbeits- los oder krank oder sucht sich aus, älter zu werden. Politik und die Industrie müssen einen Konsens finden. Und genau hier muss angesetzt werden. Die Industrie beklagt einerseits, dass sie Fachkräf- temangel hat, und will ande- rerseits keine älteren Men- schen einstellen. Hier müssen
rungsmaßnahmen geholfen werden (zweiter Arbeitsmarkt) und sie finden dann wieder zurück in den ersten Arbeits- markt. Anderen bietet dieser keine Chance mehr an. Sie sind zu krank oder zu beein- trächtigt für denArbeitsmarkt, aber zu gesund für eine Pen- sionierung, und werden ohne Perspektive zwischen AMS, Pensionsversicherung und Mindestsicherung hin- und hergeschickt. Für sie braucht es einen dritten Arbeitsmarkt,
auf dem sie ihren Lebensunter- halt verdienen, unbefristet ei- ner sinnvollen Beschäftigung nachgehen und die Zeit bis zur Pensionierung überbrücken können. Umdie Krise nach der Krise abzufedern, brauchenwir den Ausbau der Angebote an Qualifizierung und Unterstüt- zung (zweiter Arbeitsmarkt) und die Umsetzung unserer Forderung nach einem dritten Arbeitsmarkt. ▸ E-Mail: sadettin.demir@ gemeinsam-ug.at
seitens des Staates Anreize geschaffen werden, dass diese Gruppe eingestellt wird. Die Industrie sollte finanzielleUn- terstützung haben, aber auch die Menschen, die eingestellt werden, brauchenAnreizewie z. B. verkürzte Arbeitszeiten, dem Alter und dem gesund- heitlichen Zustand entspre- chende Arbeitsplätze. Die Er- fahrung der Älteren darf nicht verloren gehen. ▸ E-Mail: info@nbz-online.at
Adnan Dincer
Sadettin Demir
ANREIZE. Ein Grund für Langzeitarbeitslosigkeit ist unter anderem die Wirt- schaftskrise kombiniert mit dem Alter und eventuellen gesundheitlichen Problemen der Menschen. Mit dem zu- nehmenden Alter erhöht sich
BEIDES NÖTIG. Die Pande- mie verschärft soziale Pro bleme. So ist es auch mit der Langzeitarbeitslosigkeit. Mehr Menschen sind betroffen und auch länger. Vielenkanndurch zeitlich befristete Unterstüt- zung und durch Qualifizie-
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