AKtion April 2021

Jugend und Arbeit 11

April 2021

„Brauchen eine stärkere Lehrstellenförderung“ AK warnt: Zukunft der Jugend ist bedroht – jede dritte Firma streicht bei der Ausbildung – Spezielle Förderung betrieblicher Ausbildungsplätze würde das Risiko für ausbildende Betriebe deutlich senken

LEHRLINGS- TIPP

von Tamara Wojtech, Abtei- lung Lehrlinge und Jugend

Wenn Lehrlinge auf Montage gehen Im Rahmen der Ausbildung kommt es immer wieder vor, dass Lehrlinge zu Montage- arbeiten mitgenommen werden. Montagearbeiten sind laut Gesetz Arbeiten, die außerhalb des Lehrbetriebes geleistet werden und welche die Montage, Demontage, Erhaltung oder Reparatur von Anlagen zum Inhalt haben. Daran knüpfen sich Ansprüche. So sieht z. B. der Kollektivver- trag für das eisen- und metall- verarbeitende Gewerbe bei einer ununterbrochenen Abwesenheit von mehr als sechs Stunden eine Entfernungszulage in der Höhe von 9,37 Euro vor. Diese Entfer- nungszulage gebührt zusätz- lich zum Lehrlingseinkommen und muss auf dem Lohnzettel separat ausgewiesen sein. Bei Unregelmäßigkeiten empfiehlt es sich, selber Aufzeichnungen zu führen bzw. sich bei uns in der Abteilung Lehrlinge und Jugend zu informieren!  ▸ Information und Beratung: ak-vorarlberg.at/lehrejugend

PERSPEKTIVE. Die Corona-Pan- demie hat den Lehrstellenschwund noch beschleunigt. Immer mehr Jugendlichen fehlen die Lebensper- spektiven und den Unternehmen die Fachkräfte. Die AK schlägt daher vor, mit einer neuen Lehrstellenför- derung gegenzusteuern. Demografie überholt Schon zwischen 2008 und 2019 sank die Zahl der Ausbildungsbe- triebe in Österreich von 39.606 auf 27.722. Praktisch jede dritte Firma gab die Ausbildung auf. Die Zahl der betrieblichen Lehrlinge ging im selben Zeitraumumüber 20 Prozent zurück. „Damit ist der betriebliche Lehrstellenschwund in Österreich mittlerweile größer als der demo- grafische Rückgang“, sagt AK-Prä- sident Hubert Hämmerle. Corona hat die Situation noch einmal deut- lich verschärft. Aktuell warnt jedes

Lehrplätzen anbieten kann. Deshalb fordert der AK-Präsident „eine neue, angepasste Form der Lehrstellenför- ,, Die Fachspezialisten werden in vier Jahren fehlen, wenn sie nicht jetzt als Lehrlinge eingestellt werden. Hubert Hämmerle AK-Präsident derung, denn die Fachspezialisten werden in vier Jahren fehlen, wenn sie nicht jetzt als Lehrlinge einge- stellt werden“.

Immer mehr Jugendlichen fehlen die Lebensperspektiven und den Betrieben die Fachkräfte – das darf nicht so bleiben!

Lehrlingen aus anderen Lehrjahren trennen, um mit dem neuen Modell mehr unterstützte Erstjahrslehrlin- ge aufzunehmen, müsste man dem entsprechend entgegenwirken. Be- triebliche Ausbildungsplätze soll- ten auch deshalb speziell gefördert werden, weil nur ein Teil der rund 10.000 fehlenden Lehrstellen in Ös- terreich über überbetriebliche Aus- bildungszentren wie etwa das AZV in Hohenems und Rankweil abge- deckt werden können. Zudem kos- tet jeder Ausbildungsplatz in einem überbetrieblichen Ausbildungszen- trum pro Jahr 15.000 Euro.

In erster Linie sind es Klein- und Mittelunternehmen, die angeben, sich ohne entsprechende Unterstüt- zung wegen Corona keine Lehrstel- len mehr leisten zu können. „Das neue Fördermodell muss in Häm- merles Augen „darauf abzielen, dass Ausbildungsbetriebe Lehrlinge mit einemfür sie überschaubarenRisiko aufnehmen können“. Deshalb wäre es sinnvoll, jedem Unternehmen für die jeweils ersten fünf Lehrlinge, die 2021 bzw. 2022 aufgenommen werden, die volle Lehrlingsentschä- digung für das erste Lehrjahr zu vergüten. Sollte sich ein Betrieb von

LEHRLINGE: JETZT NEGATIVSTEUER 2020 BEANTRAGEN

UND BARES KASSIEREN!

dritte Unternehmen in Österreich und Deutschland, dass es wegen der Auswirkungen der Pandemie keine oder nur eine weit geringere Zahl an

Als Lehrling stehen dir für das Jahr 2020 genau 50 Prozent der bezahlten Sozialversiche- rungsbeiträge bis maximal 400 Euro an „Negativsteuer“ zu. Wenn du noch Anspruch auf eine Pendlerpauschale hast, kannst du sogar bis maximal 500 Euro erhalten! Also: Einfach das Formular bei deinemWohnsitzfinanzamt anfordern bzw. den Antrag via FinanzOnline stellen und Geld kassieren! ▸ www.ak-vorarlberg.at/ anvlehrling

Viele gehen krank zur Arbeit Arbeitsklimaindex der AK zeigt: mehr Menschen arbeiten, auch wenn sie krank sind! Warum? Gründe finden sich in Pflicht- gefühl, Stress und Homeoffice. BELASTUNG. Der Anteil jener, die trotz Krankheit arbeiten, ist so hoch wie nie. Das zeigt die aktuelle Auswertung des Arbeitsklimain- dex der AK. „Frauen sind stärker als Männer betroffen“, betont AK- Präsident Hubert Hämmerle, „in der Pflege gingen im ersten Quar- tal 2021 sogar mehr als 70 Prozent krank zur Arbeit!“ 4000 Beschäftigte am Wort

lastung, die sie schultern müssen. „Außerdem arbeiten Frauen häufi- ger in jenen Berufen, in denen das Phänomen des Präsentismus, also krank zu arbeiten, besonders zu- genommen hat“, betont Hämmer- le und meint die Pflege und den Gesundheitsbereich. „71 Prozent der Pflegekräfte haben im Vorjahr krank gearbeitet“, dahinter folgen Lehrerinnen und Lehrer, Sachbe- arbeiter, öffentliche Angestellte und Beschäftigte im Einzelhandel. Warum tun sie das? Das Pflichtge- fühl gegenüber Kollegen und Pa- tienten sei die Hauptursache, wa- rum Menschen krank zur Arbeit gingen, sagen die Studienautoren von Ifes und Sora. Entgrenzt durch Homeoffice Auch vermehrtes Homeoffice hat den Anstieg mitverursacht. Ak- tuell arbeiten etwa vier von zehn Beschäftigten ausschließlich oder teilweise im Homeoffice. Das Risi- ko, krank zu arbeiten, ist laut Ifes für diese Personen um zehn Pro- zent höher als für Beschäftigte, die in den Firmen tätig sind. Im Homeoffice fällt es viel schwerer, Arbeiten zu teilen oder zu delegie-

ren. Die Schwelle, krank zu arbei- ten, ist deutlich niedriger. Der AK- Präsident sieht die Arbeitgeber in der Pflicht, dringend gegenzusteu- ern. „Wenn die Belastungen der Corona-Krise auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer ausgetragen werden, wird das nicht gutgehen.“ Die Arbeitge- ber müssten Arbeitsbedingungen schaffen, die sowohl körperliche und psychische Belastungen mini- mieren als auch überlange Arbeits- zeiten verringern. Denn wer unter steigendem Zeitdruck, schlechten Gesundheitsbedingungen und permanentemArbeitsdruck leidet, dessen Zufriedenheit in Beruf und Leben sinkt ständig weiter. Schon die aktuelle Studie spricht Bände beim Vergleich der Lebenszufriedenheit der zehn Pro- zent mit höchster bzw. niedrigster Arbeitszufriedenheit. In den unte- ren zehn Prozent ist die Lebenszu- friedenheit von 52 Prozent im Jahr 2019 auf 45 Prozent im Jahr 2020 abgesunken, während sie in den oberen zehn Prozent stabil bei 99 Prozent geblieben ist. Das bedeutet nichts weniger als wachsenden so- zialen Sprengstoff.

Den starken Anstieg an Berufstä- tigen, die trotz Krankheit arbeiten, haben die Meinungsforschungs- institute Ifes und Sora im Auftrag der AK erhoben. Befragt werden im Rahmen des Arbeitsklimaindex jährlich 4000 Frauen und Männer im ganzen Bundesgebiet. „DieWer- te im ersten Quartal 2021 sind er- schreckend“, betont AK-Präsident Hämmerle. So gaben zuletzt 54 Prozent der Frauen und 49 Prozent der Männer an, trotz Erkrankung gearbeitet zu haben. Über beide Geschlechter ist dieser Wert, der sich in den Jahren vor Corona bei 30 bis 35 Prozent eingependelt hat- te, auf 53 Prozent emporgeschnellt. Dass Frauen stärker betroffen sind, liegt einerseits an der Mehrfachbe-

Auflösung des Rätsels von Seite 8

A U R I K E L N I R I S C H

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