AKtion Dezember 2022

Politik 15

Dezember 2022

Was tun gegen den Pflegenotstand? 200 Betten in der Langzeitpflege stehen leer –Pflegende Angehörige warten noch immer auf Entlastung – AK-Modell wird seit zwei Jahren „erwogen“.

NOTSTAND. Mit geschönten Stu- dien lässt sich die dramatische Ent- wicklung in der Pflege nicht stop- pen, warnen AK-Präsident Bernhard Heinzle und Direktor Rainer Ke- ckeis: „Wir steuern auf einen absolu- ten Notstand zu.“ Denn so sieht die Realität aus: Viele Pfleger:innen leiden unter to- taler Überforderung. Dienstpläne

werden laufend geändert, damit die Pflegeerfordernisse irgendwie ab- gedeckt werden können. Geteilte Dienste und permanentes Einsprin- gen für fehlende oder erkrankte Kolleg:innen sorgen für eine viel zu hohe Arbeitsbelastung. Der von der Landesregierung beschlossene er- höhte Pflegeschlüssel, der an und für sich ja positiv wäre, wirkt in die-

sem Zusammenhang wie blanker Hohn, da es die dafür notwendigen Pflegekräfte einfach nicht gibt. Was also tun, damit der Karren nicht vollends an die Wand fährt? Die Aktion bat alle in Vorarlbergs Arbeitnehmerparlament vertrete- nen politischen Gruppierungen um ihre Meinung. Denn „jetzt schon erhalten wir Notrufe aus der Pflege

Drei Viertel der pflegenden Angehörigen sind Frauen. So ist Hel- mut Maierhofer die große Ausnahme: Er pflegt seine kranke Frau.

und von Patientinnen und Patien- ten“, erzählt AK-Direktor Keckeis. Das AK-Modell, das pflegende Angehörige anstellen und ausbil- den würde, wird seit mehr als zwei Jahren beim Land diskutiert und er-

wogen. Inzwischen überlegen selbst Tirol und Südtirol eine derartige Entlastung, die es im Burgenland schon gibt, weil man auch dort er- kannt hat, dass ohne pflegende An- gehörige gar nichts mehr geht.

Liste AK-Präsident Hubert Hämmerle – FCG.ÖAAB

Liste Manuela Auer – FSG

Bessere Bedingungen und mehr Ausbildungsplätze

„5 nach 12 “ ist längst schon vorbei!

mehr Pflegekräfte sind aus- gebrannt und am Ende ihrer Kräfte. Das hat krankheitsbe- dingte Ausfälle zur Folge und veranlasst viele, die Branche überhaupt zu verlassen. Und das erhöht den Druck auf die verbleibenden Kolleginnen und Kollegen noch mehr, sie leiden unter totaler Über- forderung. Was wir deshalb dringend brauchen: • Bessere Rahmenbedingun- gen für die bereits in der Pfle- ge arbeitenden Kolleg:innen,

u. a. Einhaltung des höheren Pflegeschlüssels, Dienstplan- sicherheit, keine geteilten Dienste, familienfreundliche Arbeitsbedingungen und Kinderbetreuungsangebote • Mehr Ausbildungsplätze speziell für die Gehobenen Dienste (Fortführung der Diplom-Ausbildung) • Umsetzung des AK-Mo- dells zur Anstellung pflegen- der Angehöriger ▸ E-Mail: bernhard.heinzle@ ak-vorarlberg.at

dern dass sogar schon Pfle- getätigkeiten weggelassen werden müssen. Die Freude an der Arbeit leidet! Die Ver- sorgungsqualität leidet! Ge- fährdungsanzeigen drohen! Was muss noch kommen, bis alle Alarmglocken läuten? Wir brauchen mehr Personal! Nur durch das enorme Enga- gement der Pflegekräfte kann die Versorgung im Land noch aufrechterhalten werden. Seit Jahren machen wir auf den akuten Personalmangel und

dessen gravierende Folgen für das System aufmerksam. Die Politik schaut jedoch im- mer noch lieber weg. Es ist längst überfällig, deutlich mehr Geld in die Hand zu nehmen, in die Ausbildung zu investieren, bessere Rah- menbedingungen zu schaf- fen und den Beruf finanziell attraktiver zu machen! Die Politik ist aufgefordert, end- lich zu handeln! ▸ E-Mail: manuelaauer@ manuelaauer.at

Bernhard Heinzle

Manuela Auer

ÜBERFORDERT. Die aktu- ellen Berichte zur Pflege sind dramatisch: 200 Betten in der Langzeitpflege wegen fehlen- der Mitarbeiter:innen nicht belegt, 100 Betten sind es in den Spitälern. Daraus ergibt sich ein Teufelskreis: Immer

ÜBERFÄLLIG. In Spitälern müssen Betten gesperrt, in Pflegeheimen können Plätze nicht belegt werden, weil das Personal fehlt. Pflegekräfte berichten, dass sie nicht nur kaum mehr Zeit für die Pfle- gebedürftigen haben, son-

Liste Freiheitliche + Parteifreie Arbeitnehmer – FA

Liste Heimat aller Kulturen – HaK

Gerechte Entlohnung und Hilfe für die Angehörigen

Bedingungen verbessern und die Familien stärken

wurde oft und lang darüber gesprochen, wie die Situation der Pfleger:innen verbessert werden kann. Wir sind der Meinung, dass wir gewisse Potenziale besser ausnutzen sollten. Die Ausbildungswe- ge müssen angepasst wer- den. Viele junge Menschen, die Pfleger:innen unterstüt- zen könnten, scheitern aus sprachlichen Gründen an die- sem Vorhaben. Hier könnten die Bildungseinrichtungen sich einen Weg überlegen,

Jahren bekannt ist, schafft es die Landesregierung nicht, die notwendigen Maßnah- men umzusetzen, um eine Entschärfung des massiven Personalproblems zu errei- chen. Wir Freiheitliche Ar- beitnehmer sind überzeugt: Um dem Personalmangel ent- gegenzuwirken, braucht es vor allem eine gerechte Ent- lohnung für die Pflegekräfte. Weiters müssen Schritte ge- setzt werden, um die Pflege- Ausbildung auszubauen und

attraktiver zu gestalten. Auch mit einer Stärkung der Pflege zu Hause könnte der Pflege- notstand bekämpft werden. Dazu braucht es vor allem Verbesserungen und mehr Unterstützung für pflegende Angehörige. Wir fordern von der Landesregierung schon seit Jahren die Umsetzung des bekannten AK-Modells zur Anstellung pflegender Ange- höriger. ▸ E-Mail: michael.koschat@ fpoe-satteins.at

wie sie diese Motivation in Produktivität in der Praxis umwandeln könnten. Mit etwas mehr Aufwand in der Ausbildung könnte man so viele Hilfskräfte für die Pflegeeinrichtungen gewin- nen. Leider ist seitdem nicht viel passiert. Gleichzeitig for- dern wir die Regierung auf, endlich die Arbeitsbedingun- gen, Löhne und Ausbildung in der Pflege zu verbessern. ▸ E-Mail: info@hak-online.at

Michael Koschat

Murat Durdu

LÖHNE. Aufgrund des massi- ven Personalmangels können in Vorarlberger Pflegeheimen über 150 Betten nicht belegt werden, obwohl über 200 pflegebedürftige Menschen auf einen Heimplatz war- ten. Obwohl das Problem seit

BRISANT. Es war eng, es wird noch enger. Mindestens 76.000 Pflegekräfte fehlen österreichweit. Die Notlage, in der sich die Pflegeanstal- ten befinden, erreichte in Zeiten der Pandemie ihren bisherigen Höhepunkt. Es

Liste NBZ – Neue Bewegung für die Zukunft

Liste Gemeinsam – Grüne und Unabhängige

Die Zukunft der Pflege geht uns alle an!

Sofortmaßnahmen sind ein absolutes „Muss“!

die Lage sehr prekär, durch diesen Mangel ist auch die Versorgung der Patient:innen nicht mehr gewährleistet, es frustriert das vorhande- ne Personal zusätzlich und zwingt viele, diesen Beruf aufzugeben. Die gesetzte Aus- bildungsoffensive ist sehr wichtig, jedoch brauchen wir auch dringend kurzfristig wirkende Maßnahmen. Zwar- gibt es Bemühungen in den Bundesländern, jedoch soll- ten diese koordiniert und ös-

kommt hinzu, dass die Rah- menbedingungen für den Pflegeberuf so unattraktiv sind, dass sich immer weni- ger Menschen dafür entschei- den oder in andere Branchen wechseln – und das bei wach- sendem Bedarf in einer al- ternden Gesellschaft. Die Lö- sungen liegen auf der Hand: bessere Entlohnung, kürzere Arbeitszeiten, attraktivere Rahmenbedingungen für die Ausbildung, finanzielle Ab- sicherung von Menschen, die

bereit sind, eine Pflegeausbil- dung anzutreten. Wir alle werden einmal alt und vermutlich pflegebedürf- tig. Wir alle können jederzeit im Krankenhaus landen. Wa­ rum schaffen wir es als Gesell- schaft nicht, den Gesundheits- und Pflegebereich qualitativ und quantitativ abzusichern? Warum können wir unsere Po- litiker:innen nicht dazu zwin- gen, zu handeln? ▸ E-Mail: sadettin.demir@ gemeinsam-ug.at

terreichweit umgesetzt wer- den. Dieses Problem betrifft uns alle, nur gemeinsam und mit Sofortmaßnehmen kön- nen wir es halbwegs in den Griff bekommen. Wir müssen uns auch um das vorhandene Pflegepersonal kümmern, wir brauchen Personaluntergren- zen, genauso sind attraktivere Dienstzeiten und eine Dienst- plansicherheit ein Muss, mit mehr Geld für das Personal. ▸ E-Mail: info@nbz-online.at

Adnan Dincer

Sadettin Demir

DRINGEND. Wir altern und brauchen in Zukunft noch mehr Pflegepersonal, die Pflegereform ist ein richtiger Schritt, jedoch brauchen wir bereits die Pflegereform 2. Durch den Personalman- gel, den wir bereits haben, ist

UNTRAGBAR. Hunderte Betten in allen Kranken- häusern und Pflegeheimen sind leer. Nicht weil es keine Patient:innen bzw. Pflegebe- dürftigen gäbe, sondern weil das Personal fehlt. Zum all- gemeinen Fachkräftemangel

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