10 Bildung und Arbeit
Juni 2021
Arbeitslebensgeschichten sichtbar machen. Erwartungen und Hoffnungen reflektieren und diskutieren. Arbeitskultur von morgen ins Rollen bringen.
Eintritt frei
Ein Projekt der Arbeiterkammer Vorarlberg
Sich für die Anliegen der anderen einsetzen
Auch Lehrlinge haben ihre gewählte Vertretung: In Vor- arlberg kümmern sich der- zeit 127 junge Frauen und Männer als Jugendvertrau- ensräte um ihre Anliegen.
Bei der Gewerkschaft er- halten die angehenden Be- triebsräte das nötige Rüst- zeug. Gerade hat die GPA eine Handvoll Nachwuchskräfte eineWoche lang imBildungs- haus St. Arbogast im öffent- lichen Auftreten und Ar-
gumentieren geschult. Was motiviert junge Menschen, sich zusätzlich zu ihrer eige- nen Ausbildung auch noch betriebsrätliche Tätigkeiten aufzuhalsen? Wir fragten nach: drei Jugendvertrauens- räte im Porträt.
Gewerkschafter und AK-Vizepräsident Bernhard Heinzle sagt den Jungen, worauf es ankommt.
Die Quirlige Name: Xenia Danner Alter: 17 Jahre Wohnort: Höchst Lehrberuf: Konstrukteurin im dritten Lehrjahr Unternehmen: Blum
Der Bedächtige Name: Benedikt Furxer Alter: 20 Jahre Wohnort: Batschuns Lehrberuf: Werkzeugbautechniker, drittes Lehrjahr Unternehmen: Hirschmann Eigentlich hätte alles anders laufen sollen. Die Furxers haben einen Bau- ernhof: neun Milchkühe nebst Zucht. Benedikts Weg schien vorgezeichnet. Er besuchte die Landwirt- schaftsschule in Hohen ems. Dort hat er gelernt, „wie man einen Betrieb in der heutigen Zeit führen muss. Du brauchst eine bestimmte Größe, die kön- nen wir nicht erfüllen.“ Benedikt Furxer schloss die Schule ab. Aber den Bauernhof übernimmt er nicht. Mit einem lachen- den und einem weinenden Auge hat er sich einem technischen Beruf zugewandt. Seit Oktober 2019 ist er Jugendvertrauensrat. Furxer fiel schon bei der Vorstellung und während der Kennenlernta- ge als guter Redner auf. Schritt für Schritt ist er in die neue Funktion eingetaucht. Schließlich geht es um die Anliegen von etwa 90 Lehrlingen. Wenn die Zusammenarbeit zwi- schen Lehrling und Ausbilder schwierig wird, „bin ich da als Brückenbauer“. Benedikt kann gut zuhören. „Ich brauche vielleicht manchmal länger zum Überlegen. Aber ich muss aus meinemeigenen Gefühl herausWege finden, umdie Pro- bleme aus der Welt zu schaffen.“ Ob ihn sein beruflicher Werdegang wie gewünscht in die Instandhaltung führen wird, das wird sich im September entscheiden.
Die G’standene Name: Güleser Sengül Alter: 20 Jahre Wohnort: Außerbraz Lehrberuf: Maschinenbautechnikerin Unternehmen: Getzner Textil
Xenia Danner (aus dem gleichnamigen le- gendären Café im Dorn- birner Hatlerdorf) hat im Gymnasium Schoren die Unterstufe und noch ein Jahr lang die Oberstufe besucht und dann ganz pragmatisch umgesattelt: „Als Lehrling hast du Geld auf der Seite, das ist auch kein Schaden.“ Dass sie die Matura eines Tages nach- holen wird, schließt sie nicht aus. Für andere die Stimme erheben, das war ihr im- mer wichtig. Xenia setzte sich schon in der Schule
Ist das nicht immer noch ein männerdomi- nierter Beruf? „Wir sind fünf Frauen im Maschi- nenbau“, entgegnet Güle- ser Sengül, die sich auch seit 2019 als Jugendver- trauensrätin für die Anlie- gen der rund 40 Lehrlinge bei Getzner Textil einsetzt. In Zeiten der Pandemie kein leichter Job. Durch Homeoffice haben sich auch die Lehrlinge viel sel- tener gesehen. Warum sie wohl ihr
Vorgänger gefragt hat, ob sie in seine Fußstapfen tre- ten möchte? „Weil ich mit den Jugendlichen gut zurande komme“, sagt Güleser ganz be- stimmt, „meistens hören sie auf mich.“ Ihre selbstbewusste Art kam ihr schon oft zugute. In ih- rem Beruf muss sie noch immer kämpfen, damit die Männer sie ernst nehmen. „Ich muss zum Beispiel beweisen, dass ich Motor und Getriebe ohne fremde Hilfe herausheben kann.“ Es gab Zeiten, da hat sie das ganz schön genervt. „Was denken die eigentlich, was ich bin?“, fuhr es ihr dann durch den Kopf. Heute antwortet sie kühl: „Wenn ich Hilfe brauche, dann sag ich’s schon.“ Güleser ist seit ihrem13. LebensjahrMitglied der freiwilligen Feuerwehr. Wenn sie heute Lehrlinge zum Kon- fliktgespräch mit ihren Ausbildern begleitet, fühlen sie sich zu Recht gut aufgehoben bei ihr.
als Unterstufensprecherin ein. Als bei Blum im ersten Lehr- jahr der Jugendvertrauensrat neu gewählt wurde, war sie „auf jeden Fall“ mit dabei. Seither vertritt sie Lehrlinge bei der Ausbildungsleitung, wenn sie Sorgen haben. „Ein großes Thema war die Kleidung.“ Die Lehrlinge wollten feinere T- Shirts und sich die Arbeitshosen lieber flexibler aussuchen. „Wir organisieren Events wie einen Paintball-Nachmittag und das Eishockeymatch ‚Ausbilder gegen Lehrlinge‘.“ Was hat sie beim einwöchigen Seminar der GPA in St. Ar- bogast gelernt? „Wie man gut kommuniziert und rhetorisch besser aufgestellt ist.“ Nicht dass sie das nötig hätte, aber aus demGymnasium hat sie dafür wenig mitgenommen.
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