4 Arbeit und Gleichstellung
März 2025
Equal Pay Day in Vorarlberg: Frauen arbeiten 73 Tage gratis
Abwechslung im Spital, die Scheu abbaut: Die Teddybärenklinik.
Stete Verbesserungen an den Landesspitälern Studie „Zfrieda schaffa im Krankahus“ von AK und Krankenhaus-Betriebsgesellschaft hat viel bewegt Regelmäßig und abteilungsübergreifend: Ausbildung am Simula- tionszentrum des LKH Feldkirch.
Forderungen nach Maßnahmen Die AK Vorarlberg fordert ein Um- denken und konkrete Maßnahmen zur Schließung der Gehaltslücke. „Es reicht nicht mehr, nur auf die Ungleichbehandlung hinzuweisen. Die Politik muss endlich handeln“, so AK Präsident Heinzle weiter. Systemische Diskriminierung Eva Fischer-Schweigkofler, Leiterin der Abteilung Familie und Beruf bei
Der Equal Pay Day fällt in Vorarlberg auf den 14. März. Bis dahin arbeiten Frauen im Vergleich zu männlichen Kollegen gratis. Damit ist Vorarlberg Schlusslicht in ganz Österreich – schon wieder. Denn seit Jahren ändert sich kaum etwas an der eklatanten Einkommensschere.
ERFOLGE. Dreimal schon hat die AK Vorarlberg gemeinsam mit der Krankenhaus-Betriebsgesellschaft und dem Zentralbetriebsrat die Arbeitszufriedenheit in den Lan- desspitälern erfragt. Zuletzt bat das Team um den Arbeitswissenschaft- ler Heinrich Geissler die rund 5.000
Neben individuellen Coachings zur Arbeitsbewältigung standen die „Zeitfresser“ im Fokus. Geissler hat diese unspezifischen Arbeitsunter- brechungen untersucht und das Personal in Tag- und Nachtdiensten begleitet. „Arbeitsunterbrechungen kosten Arbeit, Zeit und Geld“, sagt Geißler. Vier Zeitfresser stachen be- sonders ins Auge: ● Telefonate während der Visite. Das LKH Bludenz hat das so gelöst: Visiten beginnen pünktlich nach vorheriger Fallrecherche, Telefo- nieren ist während der Visite un- erwünscht, die Aufgaben sind nach Kompetenzen zwischen Ärzt:innen, Dokumentationsassistenz und Pfle- gekräften klar verteilt, fasst DGKP Katharina Winkler von der Inneren Medizin zusammen. ● Laborwerte, die an das gesamte Team gehen. Künftig sollen Labor- werte nur mehr an die betreffenden Ärzt:innen gehen. ● Ständige Störungen beim Schrei- ben der Dienstpläne. Die können künftig zumindest teilweise unge- stört im Homeoffice erstellt werden. Festgesetzte Zeiten ● Angehörige, die unentwegt an- rufen. Natürlich, sie sind in Sorge. Aber um eine effiziente Kommu- nikation zu gewährleisten und den Pflegealltag zu entlasten, erhalten am LKH Rankweil Angehörige wichtige Informationen bei der Aufnahme schriftlich. „Wir bitten sie, sich zu festgelegten Telefonzei- ten zu melden, um Terminverein- barungen zu treffen und Auskünfte zu ihren Angehörigen zu erhalten“, erklären DGKP Mirjam Illmer und DGKP Katharina Matt, Stationslei- terinnen der Gerontopsychiatrie Station M2, LKH Rankweil. „Diese Maßnahme soll dazu beitragen, die telefonische Erreichbarkeit zu ver- bessern und unnötige Wartezeiten zu minimieren.“
GLEICHSTELLUNG. Vorarlberg bleibt erneut das österreichische Bundesland mit dem größten Ge- haltsunterschied zwischen Frauen und Männern: Der Equal Pay Day fällt hier auf den 14. März, im Öster- reichschnitt findet er bereits einen ganzen Monat eher statt. AK Präsident: „Eine Schande“ „Es ist eine Schande, dass sich seit Jahren nichts an dieser Situation ändert. Vorarlberg liegt beim Equal
hat auch zu Oberösterreich auf dem vorletzten Platz mehr Abstand als die übrigen Bundesländer unterei- nander.“ Ein Fünftel weniger Gehalt Im Durchschnitt verdienen Frauen in Vorarlberg im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen 20 Prozent weniger. Zum Vergleich: In Wien fin- det der Equal Pay Day bereits am 16. Januar statt, was einem Unterschied von „nur“ 4,3 Prozent entspricht. Der Österreichdurchschnitt liegt bei 12,8 Prozent. Vorarlberg bleibt somit das Bundesland mit dem größten Un- gleichgewicht, und das zeigt einmal mehr, dass es dringender Maßnah- men bedarf. Immerhin: Vorarlberg holt schnel- ler auf als die übrigen Bundesländer. Trotzdem bleibt es Schlusslicht, der Abstand zu den anderen Ländern groß und noch viel Luft nach oben.
Bediensteten 2022 um ihre Antwor- ten, nachdem die Coronapandemie eben abgeklungen war. Die Ergebnis- se der Befragung „Zfrieda schaffa im Krankahus“
der AK Vorarlberg, unterstreicht, dass die Diskriminie- rung von Frauen ein systemisches Problem ist: „Frau- en sind nicht nur im gleichen Job
Prof. Hein- rich Geissler
Fischer-Sch.
zeichneten ein Bild hoher Belastun- gen, aber untermauerten auch hohe Einsatzbereitschaft: Immerhin woll- ten 2022 rund 83 Prozent aller Be- fragten jederzeit wieder einen Beruf im Gesundheitswesen ergreifen, 79 Prozent erneut in den Landes- krankenhäusern. Und doch: Hoher Verwaltungsaufwand und diverse Zeitfresser“ verursachen Stress, feh- lende Anerkennung frustriert. Was ist seitdem geschehen? Bessere Kinderbetreuung Um die Rahmenbedingungen zu verbessern, hat die Krankenhaus- Betriebsgesellschaft im Oktober 2024 am LKH Bregenz 55 neue Kinderbetreuungsplätze eröffnet. Kommendes Jahr werden 70 neue Dienstwohnungen am LKH Feld- kirch bezugsfertig sein. Schulung durch Experten Die fehlende Anerkennung mach- te sich Univ. Prof. em. Dr. Heinrich Geissler zum Thema und schulte das Personal an den Landeskranken- häusern Bregenz, Hohenems und Feldkirch im anerkennenden Er- fahrungsaustausch. Da geht es um den anerkennenden und wertschät- zenden Umgang miteinander, wie er nur auf Augenhöhe gedeihen kann.
schlechter bezahlt, sondern ha- ben auch weniger Zugang zu Füh- rungspositionen und oft schlechter bezahlte Stellen. Wir müssen die Rahmenbedingungen ändern, um endlich Chancengleichheit herzu- stellen.“ Das gerne vorgebrachte Argument, dass Frauen weniger verdienen, weil sie öfter in Teilzeit arbeiten, lässt Expertin Fischer- Schweigkofler nicht gelten: „Für den Equal Pay Day werden die Gehälter der vollzeitbeschäftigten Frauen und Männer miteinander vergli- chen – würden die Teilzeitgehälter in die Berechnung einfließen, wäre der Unterschied sogar noch deutlich größer.“ Ungerechte Verteilung zu Hause AK Expertin Gloria Kinsperger weist zudem auf die ungerechte Verteilung
Pay Day wieder einmal an letzter Stelle – und das deutlich hinter den anderen Bun- desländern“, kom- mentiert AK Prä- sident Bernhard
B. Heinzle
Heinzle den Missstand. „Vorarlberg bleibt damit nicht nur hinter dem Österreichdurchschnitt, sondern
Gleichstellung: Das fordert die AK → Umsetzung der EU-Lohntransparenzrichtlinie: Die EU hat eine Lohntransparenzrichtlinie verabschiedet, die Unternehmen ab 100 Beschäftigten verpflichtet, Einkommensberichte vorzulegen. Diese Richtlinie muss auch in Österreich schnell und umfassend umgesetzt werden. → Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Vorarlberg benötigt dringend mehr leistbare, vollzeitkonforme Kinderbetreuungsmög- lichkeiten, um Frauen den Wiedereinstieg in den Beruf zu erleich- tern. Auch die Rahmenbedingungen für Personal in Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen müssen verbessert werden. → Gerechte Aufteilung der Care-Arbeit: Eine gerechtere Vertei- lung der Care-Arbeit ist unerlässlich, damit Frauen nicht weiterhin in schlecht bezahlten Teilzeitjobs gefangen bleiben. → Förderung von Frauen in Führungspositionen: Die politischen Maßnahmen zur Förderung von Frauen in Führungspositionen müssen ausgebaut und die Qualifizierungsoffensive für Frauen weiter vorangetrieben werden.
von Aufgaben im Privaten hin: „Eine aktuelle Auswer- tung der Hans- Böckler-Stiftung zeigt, dass die un- bezahlte Arbeit in Familien noch im-
G. Kinsperger
mer völlig ungleich verteilt ist und zum Großteil an den Frauen hängt.“ Das betrifft nicht nur Tätigkeiten
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