AKtion Juni 2024

6 Schaffarei und Arbeit 

Juni 2024

„Nicht denken – tun!“

MENSCHEN. Für welche Ausbil- dung soll man sich mit 16 Jahren entscheiden, wenn man am liebs- ten auf dem Snowboard oder Skate- board steht? Physiotherapeut oder Grafiker zu werden, das hätte Aaron Stöckl getaugt. Oder eine Profikar- riere im Sport? Nein, dafür ist die Szene Ende der 1990er-Jahre noch zu klein. Bei einer Berufsberatung rät man ihm jedoch auch von seinen realistischeren Jobvorstellungen ab: Zu schwierig sei es, sich als Grafiker oder Physiotherapeut eine Existenz aufzubauen. Also geht Aaron den Weg der Vernunft. Mit den Händen gearbeitet hat er schließlich auch schon immer gern. So entschließt er sich, eine Tischlerlehre zu machen, und stellt sich darauf ein, den Betrieb seines Vaters zu übernehmen. Doch schon bald merkt Aaron: So richtig seins ist das nicht. Nach einer Berufsberatung setzt Aaron sich hin und überlegt, was ihm wirklich gefällt. Und die Liste füllt Eigentlich wollte Aaron Stöckl Physiotherapeut oder Grafiker werden. Gelernt hat er Tischler – und ist seit 25 Jahren Tätowierer. Bei den Ar- beitsLebensGeschichten erklärte er, wieso man nicht zu viel nachdenken, sondern auch einfach mal machen sollte.

sich. „Ich habe ganz einfache Dinge aufgeschrieben, wie dass ich nicht gern früh aufstehe zum Beispiel, oder dass ich gern zeichne“, erzählt er. Auch dass er keinen Papierkram mag, aber gern mit Menschen zu tun hat, notiert Aaron. Über mehrere Wochen beschäftigt er sich immer wieder mit der Liste, spürt nach, ob noch stimmt, was da steht, streicht durch und ergänzt. „Eines Tages bin ich vor der Liste gesessen und mir ist ‚Tätowierer‘ in den Sinn gekommen“, sagt er dann. Arbeiten, um zu lernen Ende der 90er-Jahre gibt es vier Tat- too-Studios in Vorarlberg, und bei Weitem nicht jeder ist überzeugt, dass man davon leben kann. Sein Va- ter allerdings akzeptiert den Wunsch seines Sohnes. Aaron stellt eine Portfolio-Mappe zusammen, findet in Feldkirch einen Ausbildungs- platz. Zweieinhalb Tage verbringt er im Tattoo-Studio, schaut zu, zeich- net viel, bereitet Arbeitsplätze vor und räumt wieder auf. Den Rest der Woche arbeitet er weiterhin in der Tischlerei, um Geld zu verdienen. Nach einem halben Jahr macht er seine ersten einfachen Tätowierun- gen, nach zwei Jahren die Gewerbe- prüfung. Doch bis er da steht, wo er heute steht, sollte ihn sein Weg noch weit führen – unter anderem sogar nach Bali …

Im Gespräch mit Carmen Jurkovic-Burtscher erzählte Aaron seine ArbeitsLebens- Geschichte. Foto: Marc Thiebault / AK

▸ Die ganze Geschichte von Aaron Stöckl und Videos vom Talk gibt es auf dem Schaffarei Blog.

Ist das noch Arbeit oder schon Sucht? Diese Frage sollten sich alle stellen, die übermäßig viel Zeit, Energie und Kraft in den Beruf stecken – und damit vieles gefährden. Workaholism: Wenn Arbeit zur Sucht wird

Anerkennung. Entgegenwirken kann man der Arbeitssucht durch Selbstreflexion, Therapie oder Beratung und Rück- meldungen von anderen Personen. Die Bereitschaft, Hilfe anzunehmen und Veränderungen zu akzeptieren, ist der erste Schritt in Richtung einer gesunden Balance zwischen Privat- und Arbeitsleben. Es gibt verschie- dene Hilfsangebote für Menschen, die unter Workaholism leiden und ihr Arbeitsverhalten ändern möch- ten. Die erste Anlaufstelle kann die AK Vorarlberg sein. Die Expert:in- nen in der Abteilung für Arbeit und Gesundheit bieten kostenlose und anonyme Beratungsgespräche an. Darüber hinaus können professio- nelle Therapeut:innen helfen. Wich- tig ist die Unterstützung von Fami- lie, Freunden und Freundinnen oder anderen nahestehenden Personen. Eine offene Kommunikation sowie deren Unterstützung und Verständ- nis können für Betroffene besonders hilfreich sein.

Auf dem AK Blog ver- rät ein Test, ob man betroffen sein könnte. Foto: Tim Gouw / Pexels

GESUNDHEIT. Schon mal von „Wor- kaholism“ gehört? Der Begriff setzt sich aus den englischen Wörtern für Arbeit, also „work“, und Alkohol- sucht, „alcoholism“, zusammen und bedeutet auf Deutsch „arbeitssüch- tig“. Auch in Vorarlberg ist der Be- griff „Workaholic“ schon lange kein Fremdwort mehr. „Schaffa, schaffa, Hüsle baua“ steht für viele Vorarlber- ger:innen an erster Stelle. Doch was, wenn die Arbeit zur Sucht wird? Was ist Workaholism? Als Workaholic wird eine Person bezeichnet, die zwanghaft arbeitet und ein starkes Bedürfnis verspürt, ständig arbeiten zu müssen. Sie in- vestiert übermäßig viel Zeit, Ener- gie und Kraft in den Beruf, wobei beispielsweise Gesundheit, Familie und Freizeit auf der Strecke blei- ben. Workaholics können sich nur schwer entspannen oder abschalten, weil sie sich dauerhaft auf die Arbeit

konzentrieren und den Fokus aufs Arbeiten legen. Sie vernachlässigen damit nicht nur ihre körperliche und psychische Gesundheit, son- dern auch Beziehungen zu Freun- den und Freundinnen, Familie oder

dem/der Partner:in. Typische Symptome

Workaholism kann viele verschie- dene Symptome aufweisen und sich auf vielfältige Weise manifestieren. Typische Symptome sind etwa lange Arbeitszeiten, Fokus auf die Arbeit, Vernachlässigung anderer Lebens- bereiche, keine Pausen, gesund- heitliche Probleme, Beziehungs- schwierigkeiten und übermäßiges Streben nach Anerkennung. Aber Achtung: Nicht jede Person, die viel arbeitet, ist zwangsläufig ein Work- aholic. Der Unterschied liegt oft in der Zwanghaftigkeit, den negativen Auswirkungen, dem Arbeitsdruck und dem ständigen Streben nach

▸ Einen Selbsttest und weitere Infos zur Arbeits- sucht gibt es online auf dem AK Blog.

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