6 Arbeit und Soziales
März 2024
Job gewechselt: Ex-Chef wollte 7300 Euro Strafe Die Arbeitsrechtsexpert:innen der AK Vorarlberg konnten die Konventionalstrafe gegen den früheren Mitarbeiter einer Wachfirma abwenden.
AK verhilft Mitglied zu 700 Euro Urlaubsgeld Herr S. war in einem Handels- unternehmen als Verkäufer beschäftigt, bevor er und sein Arbeitgeber beschlossen, das Arbeitsverhältnis einvernehmli- che aufzulösen. Als S. seine End- abrechnung erhielt, stellte er fest, dass die Auszahlung niedriger war als gedacht. S. wandte sich an die AK Vorarlberg, um die Ab- rechnung prüfen zu lassen. Die Expert:innen stellten fest, dass für S. der Kollektivvertrag für An- gestellte und Lehrlinge in Han- delsbetrieben galt. Dieser sieht vor, dass der Urlaubszuschuss nur dann rückverrechnet werden kann, wenn der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin selbst kündigt, aus dem Arbeitsverhält- nis ohne wichtigen Grund vorzei- tig austritt oder berechtigt ent- lassen wird. In den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnis- ses kann der Urlaubszuschuss un- abhängig von der Beendigungs- form zurückverlangt werden. Das Arbeitsverhältnis von S. wurde aber einvernehmlich aufgelöst, und das auch erst in der zweiten Jahreshälfte. Das bereits gezahlte Urlaubsgeld durfte also nicht rückverrechnet werden und S. behielt die 700 Euro. Endabrechnungen sollte man stets prüfen. Foto: Anna / stock.adobe.com
ARBEITSRECHT. Sein Nebenjob wäre einen Vorarlberger beinahe teuer zu stehen gekommen. Herr N. besserte das Gehalt aus seinem Hauptberuf mit einem Teilzeitjob als Wachmann auf. Dieser Neben- job endete im beiderseitigen Ein- vernehmen. Kurz darauf begann N., wieder bei einer Sicherheits- firma zu arbeiten. Seine frühere Firma klagte daraufhin auf Zahlung der im Arbeitsvertrag vereinbarten Ver- tragsstrafe. Der Arbeitsvertrag enthielt nämlich eine Klausel, die es dem Arbeitnehmer für sechs Monate untersagte, wieder im Be- wachungsgewerbe zu arbeiten.
rechtsexperte Christian Maier. Da sowohl die Konkurrenzklausel als auch die Vertragsstrafe nicht die gesetzlichen Anforderungen erfüllten, erhob die AK Vorarlberg Einspruch gegen die Mahnklage. Das Gericht machte kurzen Pro- zess mit dem Arbeitgeber: Bereits fünf Tage nach der halbstündigen Verhandlung lag das Urteil vor. Die Klage des Arbeitgebers wur- de abgewiesen. Der Arbeitneh- mer muss dem Arbeitgeber keine 7300 Euro zahlen. ▸ Weitere Infos und Anlaufstellen in Sachen Arbeitsrecht gibt es online.
7300 Euro sollte N. seinem frühe- ren Arbeitgeber zahlen. Herr N. bat AK um Hilfe Herr N. wandte sich an die AK Vor- arlberg. Die Expert:innen prüften die Klage und stellten fest, dass das Monatsentgelt des Wach- organs weit unter dem gesetzlich festgelegten Schwellenwert lag. „Das letzte Monatsentgelt muss diesen jährlich neu festgesetzten Schwellenwert aber überschrei- ten, damit eine vereinbarte Kon- kurrenzklausel wirksam wird. Der Arbeitgeber hatte also keinen Anspruch auf Bezahlung der Ver- tragsstrafe“, erklärt AK Arbeits-
Tipp der AK „Um wirksam zu sein, müssen sich Konkurrenzklauseln in- nerhalb gesetzlicher Schran- ken bewegen. Zudem gibt es ein richterliches Mäßigungs- recht, mit dem eine zu hohe Vertragsstrafe abgesenkt oder überschießende Verein- barungen angepasst werden können“, führt AK Experte Maier aus. Er rät: „Bevor eine Vertragsstrafe bezahlt wird, sollten sowohl die ihr zugrun- de liegende Vereinbarung als auch die Forderung selbst rechtlich geprüft werden.“
Weltfrauentag: AK fordert Tempo bei EU-Lohntransparenzrichtlinie
WEIBERKRAM von Univ.-Prof. Irene Dyk-Ploss
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – die Chancen dafür stehen besser, seit im Juni 2023 die EU-Lohntrans- parenzrichtlinie in Kraft getreten ist. Die AK Vorarl- berg macht sich für eine rasche und alle Unterneh- men umfassende Umsetzung in Österreich stark.
einklagen.“ Ein großer Schritt, wie die AK Expertin festhält: „Die Be- weislast liegt beim Unternehmen, es muss nachweisen, dass es nicht gegen die EU-Vorschriften über gleiches Entgelt und Lohntranspa- renz verstoßen hat.“ Gemäß der EU-Richtlinie sind für Betriebe ab 100 Beschäftigten Einkommensberichte verpflich- tend. Diese müssen auch ergänzen- de und variable Entgeltbestandteile wie Boni, Prämien oder Sachbezüge , Gegen Lohndiskriminierung kann man sich gerichtlich zur Wehr setzen. Lassen Sie sich beraten! Eva Fischer-Schweigkofler Leiterin der Abteilung Familie & Beruf
erträglich, dass diese Forderung seit mehr als 100 Jahren gestellt werden muss.“ Der Präsident der AK Vorarl- berg sieht in der Lohntransparenz- richtlinie der EU eine große Chance, um Unterschiede und Diskriminie- rungen in den Entlohnungsstruktu- ren von Unternehmen zu enthüllen und zu beseitigen. „Damit alle Be- schäftigten von diesem Recht pro- fitieren, sollte die Berichtspflicht stufenweise auf alle Unternehmen ausgeweitet werden, unabhängig von der Anzahl an Mitarbeiter:in- nen.“ Durch die EU-Richtlinie werden verpflichtende Einkommensberich- te mit konkreten Maßnahmen ver- bunden. „Das war eine langjährige Forderung der Arbeiterkammer“, hält Heinzle fest. Der AK Präsident kann sich auch vorstellen, jene Un- ternehmen mit einem Fair-Pay-La- bel auszuzeichnen, die bereits jetzt gleichen Lohn für gleiche Arbeit be- zahlen, zum Beispiel indem dies als zusätzliches Beurteilungskriterium in die Auszeichnung als familien- freundlicher Betrieb aufgenommen wird. Bei der Umsetzung mahnt Heinzle die Bundesregierung zum Tempo: „Österreich hinkt bei der Umsetzung von EU-Recht regel- mäßig hinterher, das wäre die Ge- legenheit, zu beweisen, dass es auch schneller und besser geht.“
Weiterbildung weiblich Die gute Nachricht zuerst: Etwas mehr Frauen (58,5 Prozent) als Männer (57,5 Prozent) haben im letzten Jahr an Weiterbildungs- maßnahmen teilgenommen – das ist in Anbetracht der Mehrfach- belastung durch Haushalt und Betreuungsaufgaben neben dem Beruf durchaus bemerkenswert. Die weniger gute Nachricht: Männer steuern häufiger formale Abschlüsse (weiterführende bzw. Fachschulen, Universitäten) an, während Frauen eher informale Qualifikationen erwerben (Kurse, Seminare, Workshops, häufig im Betrieb). Weiterbildung bei Männern ist also durchaus mit persönlichen Vorteilen ohne un- mittelbaren Bezug zur aktuellen Arbeitssituation verbunden. Frauen hingegen verbessern ihre beruflichen Kompetenzen primär zugunsten der derzeitigen betrieb- lichen Erfordernisse. Sie können familienbedingt weniger leicht als Männer bildungsrelevante längerfristige, regelmäßige Ver- pflichtungen eingehen, sondern entscheiden sich eher für zeitlich und damit auch inhaltlich be- grenzte Schwerpunkte – was sich leider häufig in ebenso begrenzten Aufstiegschancen widerspiegelt. ▸ E-Mail: Irene.Dyk-Ploss@ jku.at
GERECHTIGKEIT. Österreich zählt in der EU zu den Mitgliedstaaten mit dem höchsten Gender Pay Gap – und in Österreich ist dieser in Vorarlberg am höchsten. Das bedeutet, dass die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen in Europa nir- gendwo so hoch sind wie bei uns. Im Ländle bekommen Frauen 21,1 Pro- zent weniger Lohn bzw. Gehalt als Männer. Damit ist Vorarlberg auch 2023 wieder Schlusslicht. Verändert hat sich in Österreich in den letzten Jahren und Jahrzehnten wenig – in einem Vierteljahrhundert ging der Gender Pay Gap gerade einmal um drei Prozentpunkte zurück! Größtenteils Diskriminierung Woher kommen die Lohnunter- schiede zwischen Männern und Frauen und warum ändert sich daran nichts? Darauf weiß Eva Fi- scher-Schweigkofler, Leiterin der Abteilung Familie & Beruf der AK Vorarlberg, eine Antwort: „Analysen der Statistik Austria zu den Einfluss- faktoren zeigen, dass nur ein Drittel des Gender Pay Gaps statistisch mit strukturellen Ungleichheiten wie
Arbeitszeit, Branche oder Beruf er- klärbar ist. Mehr als zwei Drittel sind nicht mit diesen Faktoren er- klärbar. Am wahrscheinlichsten ist, dass es sich hierbei ganz einfach um Diskriminierung handelt.“
ausweisen und an eine nationale Überwachungsstelle zur Veröffent- lichung übermittelt werden. Unter- nehmen werden zudem verpflichtet, geschlechtsspezifische Lohndiffe- renzen von mindestens fünf Prozent zu rechtfertigen oder innerhalb von sechs Monaten zu beheben. Über 100 Jahre alte Forderung „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, diese Forderung kommt am Welt- frauentag wie das Amen im Gebet“, hält AK Präsident Bernhard Heinz- le fest. „Es ist unglaublich und un-
Mit der Lohntransparenzricht- linie der EU, die 2023 in Kraft getre- ten ist und von den Mitgliedstaaten bis 2026 umgesetzt werden muss, gibt es nun erstmals ein Instru- ment, um systematisch gegen Dis- kriminierung bei Löhnen und Ge- hältern vorzugehen. „Beschäftigte erhalten einen Auskunftsanspruch über die durchschnittliche Entgelt- höhe einer Gruppe von Beschäftig- ten, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten, und sie können bei geschlechtsspezifischer Lohn- diskriminierung Schadenersatz
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