2 Meinung und AK Wahl
März 2024
AK Präsident setzt auf „eine starke Stimme“
LEITARTIKEL Sprecht über Geld!
GASTKOMMENTAR Geschlechtergerechtigkeit jetzt Seit über 100 Jahren wird rund um den Feministischen Kampf- tag am 8. März darauf aufmerksam gemacht, dass zwar einiges erreicht wurde, aber viel zu tun bleibt, wenn wir in einer ge- schlechtergerechten Welt leben wollen. In zentralen Lebensbe- reichen erleben Frauen* Benachteiligung und Diskriminierung: Sie verdienen weniger – der Gender Pay Gap liegt in Österreich immer noch bei fast 20 Prozent – und übernehmen den größten Teil der unbezahlten (Sorge-)Arbeit – täglich etwa 1,5 Stunden mehr als Männer*. Frauen* arbeiten nach wie vor in schlechter bezahlten Branchen. Insbesondere Alleinerzieherinnen* und ältere Frauen* sind stärker von Armut gefährdet und betroffen. Frauen* erhalten in Vorarlberg um 47 Prozent geringere Pensio- nen. Sie sind weniger in Macht- und Entscheidungspositionen vertreten und in der Folge gesellschaftlich weniger sichtbar. Da besteht dringender Handlungs- bedarf: Jede vierte Frau* in Öster- reich hat bereits körperliche und/ oder sexualisierte Gewalt erfahren. Angelika Atzinger Geschäftsführerin im Verein Amazone , Auch in der Forschung werden geschlechtsspezifische Aspekte nicht ausreichend berücksichtigt (Gender Data Gap), besonders relevant wird das etwa im Gesundheitsbereich. Was Gewalt betrifft, besteht dringender Handlungsbedarf: Jede vierte Frau* in Österreich hat bereits körperliche und/oder sexualisierte Ge- walt erfahren. In Österreich werden mehr Frauen* ermordet als Männer* – das ist in kaum einem anderen EU-Land so. In den meisten der erwähnten Bereiche liegt Vorarlberg im Bundesländervergleich ganz hinten. Wenn wir wollen, dass Vor- arlberg auch für Mädchen* zum chancenreichsten Lebensraum wird, braucht es endlich entschiedene, konsequente Schritte von Politik und Gesellschaft. In Österreich wird ungern übers Geld gesprochen. Was glauben Sie, wer die Leidtragenden dieses Tabus sind? Es sind die Frau- en. Das Schweigen begünstigt die Diskriminierung bei Löhnen und Gehältern. Dass es diese Diskriminierung gibt, hat nun die Statistik Austria bestätigt (mehr dazu auf Seite 6). Dies wirft auch ein neues Licht auf die besonders perfide Behauptung, Frauen seien doch selbst schuld. Hätten sie sich halt für die „richtigen“ Ausbildungsfelder und die „richtigen“ Berufe ent- schieden. Direktorin der AK Vorarlberg , Fast nirgendwo in Europa sind die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen so hoch wie bei uns. Die Lohntranspa- renzrichtlinie der EU, die Österreich bis 2026 umsetzen muss, könnte daran endlich etwas ändern. Beschäftigte bekommen ein Recht auf Auskunft, können bei Lohndiskriminierung vom Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin Schadenersatz einklagen und erhalten Unterstützung durch die AK. Verschwiegenheits- klauseln sind in Zukunft verboten. Arbeitgeber:innen dürfen Beschäftigte nicht mehr daran hindern, ihr Entgelt und damit Diskriminierungen offenzulegen. Über Geld spricht man, wird es dann heißen. ▸ E-Mail: direktion@ak-vorarlberg.at Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – die Lohntransparenzrichtlinie ist dafür eine historische Chance. Eva King
Die AK Vorarlberg hat eine neue Führung. AK Prä- sident Bernhard Heinzle erhält 62 der 70 abgegebe- nen Stimmen und lädt alle Fraktionen in den Vor- stand ein, denn „die Arbeitnehmer:innen brauchen in diesen schwierigen Zeiten eine starke Stimme“.
AK Präsident Heinzle möchte damit ein starkes Zeichen für politi- sche Mitbestimmung und Demokra- tie setzen: „Mir ist wichtig, dass alle, die sich für die Interessen von Ar- beitnehmer:innen einsetzen, auch mitreden. Nun haben auch im Vor- stand alle Fraktionen die Chance, sich einzubringen.“ Auch AK Direk- torin Eva King begrüßt diese Neue- rung: „Die Entscheidung stärkt das Miteinander in der Arbeiterkammer und macht Entscheidungen noch transparenter. Profitieren werden davon am Ende alle unsere Mitglie- der.“ Heinzle fordert mehr Tempo Das oberste Ziel der gemeinsamen Arbeit formuliert Heinzle in einem Satz: „Die arbeitenden Menschen im Land müssen entlastet werden!“ Wo die Menschen der Schuh drückt, weiß die AK genau. Ihre Ex- pert:innen haben wissenschaftlich fundierte Vorschläge zur Lösung der Probleme entwickelt. „Die Politik muss sie aber auch umsetzen – und das mit wesentlich mehr Tempo als bisher.“ Die AK wird der Politik gerade im Wahljahr genau auf die Finger schauen, denn vollmundige Versprechen sind schnell gemacht. Stichwort Wohnen: Das angekün- digte Wohnpaket der Bundesregie- rung etwa taugt nur dann etwas, wenn mit dem Geld endlich der ge- meinnützige Wohnraum geschaffen wird: „Eine Transparenzdatenbank muss dafür sorgen, dass die Mittel nicht wieder in undurchsichtigen Budget-Kanälen versickern“, fordert Heinzle. Er will, er muss unbequem bleiben.
NEUE FÜHRUNG. Bernhard Heinz- le heißt der neue, alte Präsident der AK Vorarlberg, und er kann sich auf eine starke Zustimmung stüt- zen: 88,57 Prozent der 70 Kammer- rät:innen votierten in der AK Voll- versammlung für den 48-jährigen gelernten Werkzeugmaschineur und langjährigen Gewerkschafter und bestätigten ihn damit für die kommenden fünf Jahre im Amt. Zu den AK Vizepräsident:innen wählte die Vollversammlung Jessica Lutz, Thomas Jutz (beide Liste FCG) und
„Die Arbeitnehmer:innen brau- chen in diesen schwierigen Zeiten eine starke Stimme“, davon ist er überzeugt: „Nur eine geeinte Arbei- terkammer kann diese starke Stim- me sein.“ Deshalb lädt AK Präsident Bernhard Heinzle alle Fraktionen in dieser Legislaturperiode auch im Vorstand zur Mitarbeit ein. Unter seiner Führung sind nun alle in die AK Vollversammlung gewählten Fraktionen in diesem leitenden Gre- mium vertreten. Neben den Listen FCG, FSG und FPÖ, denen die Man- date infolge der AK Wahl zustehen, sind auch die Listen HAK, Gemein- sam und NBZ mit jeweils einem ko- optierten Mitglied im Vorstand der AK. Das Präsidium der Vollver- sammlung wurde in geheimer Wahl gewählt. Fotos: Lisa Mathis
Manuela Auer (Liste FSG). In Zeiten des Umbruchs
Heinzle beginnt diese neue Funk- tionsperiode in einer Zeit großer gesellschaftlicher Herausforderun- gen. Immer mehr Menschen müs- sen sich neue Arbeitsplätze suchen, viel zu vielen mangelt es an Qualifi- kation, der Fachkräftebedarf wächst und wächst. Das tägliche Leben können sich inzwischen immer weniger Men- schen problemlos leisten, Wohnen ist viel zu teuer, das Gesundheits- system ächzt unter dem Personal- mangel, die Klimawende stellt die Gesellschaft vor enorme Heraus- forderungen. „Das alles können wir nur gemeinsam bewältigen“, betont Heinzle, der sich massiv für mehr Mitbestimmung der Arbeitneh- mer:innen im Land einsetzen wird.
Die 70 Kammerrätinnen und Kammer räte bestätigten Bernhard Heinzle als Präsidenten und Jessica Lutz, Thomas Jutz (beide Liste FCG; Thomas Jutz war zur Sitzung verhindert) und Manuela Auer (Liste FSG) als Vizepräsident:innen. Bereits im Mai wird die AK Vollversammlung erneut zusammenkommen, um Themen rund um die Teuerung zu beraten.
Der neue Vorstand der AK Vorarlberg: Bernhard Heinzle, Jessica Lutz, Thomas Jutz, Iris Seewald, Walter Friess, Cornelia Lang, Marcel Gilly (alle FCG), Manuela Auer, Reinhard Stemmer und Klaus Willy (FSG) sowie Michael Koschat (FPÖ). Die kooptierten Vorstandsmitglieder sind Beyaz Yoğurtçu-Acar (HaK), Sadettin Demir (Gemeinsam) und Adnan Dincer (NBZ).
▸ Angelika Atzinger ist Geschäftsführerin im Verein Amazone, der sich seit 1998 für Geschlechtergerechtigkeit einsetzt. Mehr unter: www.amazone.or.at
Powered by FlippingBook