KW9 Ausgabe 2/2025

INSIDE AK

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Vorarlberg liegt bei den Mietpreisen im österreichischen Spitzenfeld. Welche Rolle spielt dabei die Wohnpolitik? Die Politik spielt eine entscheidende Rolle. Der Markt schaut nur auf Gewinn- maximierung. Eine Handvoll großer Player bestimmt den privaten Mietsektor: Bauträger wollen teuer verkaufen, Ver- mieter:innen kassieren maximale Mieten. Gemeinnützige Bauträger hingegen kalkulieren kostendeckend – dadurch bleiben Mieten dauerhaft niedriger. Über- schüsse müssen zudem in neue Projekte fließen. So ist garantiert, dass weitere leistbare Wohnungen entstehen. Dafür braucht es aber jetzt eine klare politische Entscheidung. Bund, Land und Gemein- den müssen wie Zahnräder ineinander- greifen. Der Bund ist für das Wohnungs- gemeinnützigkeitsgesetz verantwortlich, das Land für den nachhaltigen Einsatz der Wohnbaufördermittel. Zudem könnte es mithilfe des Bodenfonds für günstiges Bauland zugunsten gemeinnütziger Wohnbauträger sorgen. Und die Gemein- den müssen dem gemeinnützigen Wohn- bau grünes Licht geben. So ist es. Die Gemeinden müssen den Be- darf anmelden. Sie entscheiden letztend- lich, ob gebaut wird oder nicht. Vorurteile gegen gemeinnützigen Wohnbau sind oft ein Hindernis. Wie kann dieses Stigma überwunden werden? Mit Aufklärung. Es gibt großartige Beispiele für gelungenen gemeinnützigen Letzten Endes sind also die Gemeinden in der Pflicht?

viel zu verlangen, andererseits reicht es für die Angestellten nicht einmal aus. Sie sind schon seit mehr als 15 Jahren Betriebsrat. Hat sich die Situation beim Thema Wohnen in dieser Zeit verschärft? Definitiv. Gerade die jüngsten zwei, drei Jahre waren verheerend. Die Menschen sind wirklich verzweifelt. Nehmen wir ein Rechenbeispiel her: Selbst wer 2.500 Euro netto verdient, zahlt bei 1.400 Euro für eine Dreizimmerwohnung mehr als die Hälfte nur fürs Dach über dem Kopf. Ein weiteres Problem in Vorarlberg sind die Befristungen. Richtig, befristete Mietverträge schaffen Unsicherheit. Jeder dritte Haushalt in Vorarlberg wohnt in Miete – bei dieser Wohnform sind befristete Mietverträge leider häufig. Wer nur für drei Jahre unterschreibt, weiß nie, ob er danach bleiben darf oder wieder auf Wohnungs- suche gehen muss – oft mit nur wenigen Monaten Zeit. Dazu kommt, dass bei einer Verlängerung auf dem privaten Mietwohnungsmarkt die Miete oft steigt. Viele Betroffene berichten, dass sie sich dadurch ständig unter Druck fühlen. Wohnen ist ein Grundrecht, es sollte Sicherheit vermitteln. In Vorarl- berg macht es viele nervös. Gewerbliche Vermieter wie Immo-Gesellschaften und Vermietungsunternehmen sollten nicht mehr befristet vermieten dürfen. Diese Befristungen müssen ein Ende haben.

Wohnbau im Land: allerhöchster Bau- standard, gelungenes Miteinander. Die Vorurteile sind Unsinn. Sie sind Betriebsratsvorsitzender, Kammerrat und Vorsitzender des Wohnausschusses. Wie sind Sie zum Thema Wohnen gekommen? Als Betriebsrat kommen fast täglich Mitarbeiter:innen in mein Büro und be- richten mir von ihren Wohnsorgen. Sie verdienen zu viel für eine gemeinnützige Wohnung, aber zu wenig für den privaten Markt. Was bleibt ihnen? Nichts. Diese Menschen sind verzweifelt. Und es gibt tatsächlich derzeit keine Lösung für sie. Das ist nicht nur in unserer Firma so: In der AK Wohnumfrage haben 42 Prozent der Personen, die in privater Miete leben, angegeben, über 40 Prozent ihres Ein- kommens fürs Wohnen zu zahlen – nur fürs Wohnen! Diese 40 Prozent gelten in der Fachliteratur als Schwelle zur Armutsgefährdung. Fast jede:r Zweite ist betroffen. Jetzt im Herbst stehen wieder die Kollektivvertragsverhandlungen an. Grund zur Hoffnung für die Arbeit­ nehmer:innen im Land? Leider nein. Ich sitze als Landesvor­ sitzender der Produktionsgewerkschaft mit am Verhandlungstisch. Wir haben in der Vergangenheit für die Metaller:innen einen der besten Mindestlöhne öster- reichweit erwirkt. Trotzdem reicht es nicht: Alles, was wir rausverhandeln, verschwindet in den steigenden Wohn- und Betriebskosten. Das ist frustrierend: Einerseits werfen uns die Betriebe vor, zu

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