Politik 5
Juni 2022
Rufbereitschaft verlangt, aber dann nicht bezahlt AK verhalf Arbeitnehmer zu seinem Recht und 3000 Euro brutto für stetige Erreichbarkeit während und nach der Arbeit
RUND UM DIE UHR. Ein ganz normaler Vorgang: Der Arbeitnehmer beendet sein Dienstverhältnis. Er wendet sich an seine AK, um die End- abrechnung überprüfen zu lassen. Der AK-Berater stellt fest, dass grundsätzlich sämt- liche Ansprüche des Mannes, wie etwa das anteilige Gehalt, die Sonderzahlungen oder auch der Resturlaub, richtig abgerechnet und ausbezahlt wurden. So weit, so gut. Das ändert sich, als der Mann aus seinem Arbeitsalltag erzählt. Nach Dienstschluss Da stellt sich heraus, dass für ihn nach dem Ausstempeln im Betrieb sein Arbeitstag des Öfteren noch längst nicht zu Ende war. Vielmehr wurde er von seinem Arbeitgeber für einen gewissen Zeitraum da- mit beauftragt, für die Kun- den des Betriebes für Notfälle stets erreichbar zu sein und im Bedarfsfall die Probleme der Kunden unmittelbar zu lösen. Ein Entgelt für diese Leistung erhielt der Ange- stellte jedoch nicht. Sein AK- Berater erläuterte dem Mann zunächst einmal das Wesen einer Rufbereitschaft. Eine Rufbereitschaft liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb der vereinbarten Arbeitszeit für seinen Arbeit- geber oder im Auftrag seines
Arbeitgebers für Kunden er- reichbar und zum Arbeits- antritt bereit sein muss. Während der Rufbereitschaft kann er zwar über seinen Auf- enthaltsort und seine Freizeit frei verfügen. Er ist aber inso- weit eingeschränkt, als dass er im Fall eines Einsatzes sei- ne Freizeitaktivität unterbre- chen und ohne besondere Be- einträchtigung seine Arbeit wahrnehmen muss. Zählt nicht zur Arbeitszeit Zu beachten ist, dass die Ruf- bereitschaft nicht zur Ar- beitszeit zählt. Erst wenn der Arbeitnehmer tatsächlich zu einem Einsatz gerufen wird, beginnt die echte Arbeitszeit. Trotzdem gibt es gesetzliche oder auch kollektivvertrag- liche Grenzen der Rufbereit- schaft. Eine Rufbereitschaft darf z. B. maximal an zehn Tagen pro Monat oder, wenn der Kollektivvertrag dies zu- lässt, innerhalb eines Zeit- raumes von drei Monaten an 30 Tagen vereinbart werden. Darüber hinaus darf die Ruf- bereitschaft höchstens zwei wöchentliche Ruhezeiten pro Monat umfassen. Der Kollek- tivvertrag kann auch weiter gehende Grenzen vorsehen. Im vorliegenden Fall hat der Mann tatsächlich Ruf- bereitschaft in einem nicht unerheblichen Ausmaß ge-
leistet. Im Bewerbungsge- spräch war keine Rede davon gewesen. Der Arbeitsvertrag sah auch keine Regelung vor. Auch der Kollektivvertrag enthielt keine Bestimmun- gen über die Abgeltung der Rufbereitschaft. Also ist die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes anzuwenden, die bestimmt, dass in einem solchen Fall im Zweifel ein „angemessenes, ortsübliches Entgelt“ zusteht. Was dabei ein „angemessenes, ortsübli- ches Entgelt“ darstellt, ist im- mer von den Umständen des
Konsumentenberater warnen: Vorsicht, Falle! Beim AK-Znüne gab Konsumentenschützer Franz Valandro den Betriebsrät:innen einen Überblick über Stolperfallen Konsumentenschützer Franz Valandro berichtete den Betriebsrät:innen über die neuen Stolperfallen im Internet. Der gegenseitige Austausch kam nicht zu kurz, von links: Oliver Bolter, Gertrud Bolter, Mario Knaus, Evi Eberhardt, Martin Drexel.
Einzelfalles abhängig. Betrieb wehrte sich
ZNÜNE. Hinter dem glitzernden Multi- Level-Marketing verbirgt sich ein Pyrami- denspiel? Statt des verheißenen schnellen Geldes haben Online-Coaches nur Kosten verursacht? Die vermeintliche Schönheit auf der Datingplattform ist die Datenmen- ge nicht wert, die ihr Foto verursacht? Für AK-Konsumentenschützer Franz Valandro ist das alles täglich Brot. Die Betriebsrät:innen, die sich beim jüngsten AK-Znüne über die neueste Online-Ab- zocke informieren ließen, staunten nicht schlecht. Denn oft ist es gar nicht so ein- fach, zwischen seriös und unseriös zu unterscheiden. Und die Fantasie der Be- trüger kennt keine Grenzen. Harmlos sind nur wenige. Fake-SMS etwa traten in Österreich ab Mai 2021 auf. Getarnt z. B. als DHL-SMS oder aktuell als Voicemail-Nachricht steckt hochkomple- xe, sehr gefährliche Schadsoftware („Smis- hing“) dahinter. Wer da neugierig drauf- klickt, riskiert sehr hohe Folgekosten. Wie schützt man sich selber? Die Rat- schläge sind so einfach wie eingängig: Wohnadresse, Handynummer, E-Mail- Adresse usw. gehen Fremde im Internet
Die AK machte die finan- zielle Abgeltung der Ruf- bereitschaft gegenüber dem Arbeitgeber geltend. Eine außergerichtliche Einigung kam aber nicht zustande, weil der Arbeitgeber alle Ansprüche bestritt. Die AK sah sich gezwungen, die An- sprüche des Arbeitnehmers gerichtlich geltend zu ma- chen. Im Rahmen des Ver- fahrens konnte dann doch eine schnelle Einigung mit dem Arbeitgeber gefunden werden. Er verpflichtete sich, dem Arbeitnehmer für die Leistung einer Rufbereit- schaft in acht Monaten einen Betrag in Höhe von 3000 Euro brutto zu bezahlen.
Von links: Patrick Schwarz, Werner Schadl, Guntram Galler
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ARBEITS- RECHT
Invaliditätspension nach 41 Jahren am Bau verweigert Vier Jahrzehnte als Maurer am Bau zu arbeiten, das hinterlässt Spuren. Wie im Fall eines 59-jährigen Arbei- ters aus Oberösterreich. Der Mann litt an den Schultern an Arthrosen und chronischen Schmerzen. An eine weitere Ausübung seines Berufs als Maurer war nicht zu denken. Er suchte um Invaliditäts- pension an. Diese wurde ihm zunächst auch gewährt, allerdings nur befristet. Kurz vor Ablauf der Befristung be- antragte der Mann die Wei- tergewährung der Pension. Dies lehnte die Pensionsver- sicherungsanstalt (PVA) aber ab. Die AK erhob Klage und holte ein Gutachten ein. Es bestätigte den Gesundheits- zustand des Betroffenen und auch seine Arbeitsunfähig- keit. Wegen der massiven medizinischen Beschwerden wären Krankenstände von mehr als sieben Wochen pro Jahr zu erwarten gewesen. Jetzt ist der Mann unbefristet in Invaliditätspension.
Die Arbeiterkammer ist #deineStimme für Fairness und gegen Ausbeutung am Arbeitsplatz. #deineStimme für Gerechtigkeit am Arbeitsplatz
AK.AT/DEINESTIMME
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