AKtion April 2023

Politik und Arbeit 5

April 2023

▸ Download Das Standort- Rating können Sie gratis auf ak-vorarlberg.at herunterla- den. Wohnungen bewilligt worden – davon nur rund 4500 gemein- nützige. Das sind gerade einmal 375 pro Jahr. wohnungen Österreichs hat. Die Wohnbauleistung der letz- ten zwölf Jahre ist laut Statistik Austria in Vorarlberg fast aus- schließlich auf Investitionen von Privatpersonen und Bauträgern zurückzuführen. Nur knapp 15 Prozent der Baubewilligungen gingen auf gemeinnützige Wohn- bauträger zurück. Insgesamt sind in diesem Zeitraum rund 34.800 AK Präsident Heinzle fordert 1000 günstige Wohnungen pro Jahr 1000 neue, günstige Wohnungen pro Jahr – angesichts der ange- spannten Lage am Vorarlberger Wohnungsmarkt fordert AK Prä- sident Bernhard Heinzle deutlich mehr Engagement beim Ausbau des Angebots an gemeinnützigen Wohnungen. Er begründet das mit den explodierenden Miet- preisen im Bereich der Privatver- mietungen und der Tatsache, dass Vorarlberg das geringste Angebot an kostengünstigen gemeinnützi- gen Wohnungen und Gemeinde- Wohnen in Vorarlberg einfach viel zu teuer Die enormen Preissteigerun- gen sowohl am Vorarlberger Grundstücksmarkt als auch bei Hochbauleistungen haben dazu geführt, dass es für einen durch- schnittlichen Arbeitnehmer zu- nehmend unmöglich wird, Woh- nungseigentum zu erwerben. Der Kauf eines Eigenheimes ist so- wieso nur noch für die absoluten Topverdiener:innen oder jeman- den möglich, der in den Genuss einer Erbschaft kommt, kritisiert AK Präsident Bernhard Heinzle. Deshalb bedarf es im Sinne des gesamten Wirtschaftsstandortes zusätzlicher Anstrengungen, um fleißigen Arbeitnehmer:innen die Schaffung von Wohnungseigen- tum zu ermöglichen. Das Beispiel eines durchschnittlich verdienen- den Haushalts aus dem Standort- Rating der AK unterstreicht die Notwendigkeit. Dieser müsste, um eine 90-m²-Wohnung (Preis heute ca. 500.000 Euro) am freien Markt zu kaufen, bei einem Nettoein- kommen von 3200 Euro (13./14. Gehalt inkludiert) 35 Jahre lang monatlich rund 2300 Euro dafür aufwenden. „Dass das selbst dann schwierig ist, wenn zwei Einkom- mensbezieher:innen die Wohnung gemeinsam finanzieren, ist unbe- streitbar“, stellt Heinzle fest.

DER INTEGRA n Selbstwert den Angestellte und Transitarbeitnehmer:innen – Partner aks die Arbeitsinitiative retten konnte, n blickt, kann es fühlen.

Hans kennt sich schon aus, da muss Muhittin nicht mehr nach dem Rechten sehen. Damit die Räder wieder in Schwung kommen

STOLZ zeigen Nursel und Mehibe dem AK Präsi- denten, welche Waren sie reparieren, damit sie wieder verkauft werden können.

FAHRRADWERKSTATT. Das ist das Reich von Hans (59) und Herbert (56). Die beiden repa- rieren Fahrräder für die Integra und leiten junge Arbeitssuchen- de an. Hans ist gelernter Speng- ler. Hat 17 Jahre lang in der Fabrik gearbeitet, „dann ist es körper- lich nicht mehr gegangen“. Aber „die alten Göppel“ wieder flott machen, das geht Herbert und ihm leicht von der Hand. So ent- stehen aus verrosteten Relikten „Radln fürs kloane Geldbörsel“. Denn nicht jeder kann sich ein E-Bike leisten. Muhittin Sarisoy schaut Hans zufrieden über die

Schulter. Der gebürtige Türke mit breitestem Bregenzerwäl- der-Dialekt ist sein Chef. Außer- dem leitet er die Reinigung bei Integra, die Malerwerkstatt und Carwash in Wolfurt: „In all diesen Bereichen ist es unsere Hauptaufgabe, die Leute wie- der in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln.“ Das ist schwer genug. Die Covid-19-Pandemie hat Muhittin zufolge ihre Spu- ren hinterlassen. „Leute, die eh nur zu Hause hockten, gingen gar nicht mehr raus.“ Sie zu mo- tivieren ist jetzt auch Aufgabe der Integra.

beackern. „Der Re-Use-Gedanke“ wird noch stärker verankert wer- den, „es wird einfach zu viel wegge- worfen in unserer Gesellschaft“. Die solidarische Landwirtschaft will die Integra ausbauen und der Gleich- stellung von Frau und Mann neues Augenmerk schenken. Zukunfts- felder gibt es genug, und Menschen, die sie dankbar wahrnehmen, auch. ▸ Integra Infos und Dienstleis - tungen unter www.integra.or.at

brauch, und sie werden mit offenen Armen wieder empfangen. Zukunftsmusik Patrick Breuss lenkt mit zwei Pro- kuristinnen seit Anfang März die Geschicke der Integra. „Wir werden jetzt noch einmal über die Bücher gehen und schauen, welche Ange- bote wirklich rentabel sind“, sagt er. Wobei „rentabel“ den sozialen Mehrwert einschließt. Vor allem aber will Breuss neue Themenfelder

Der Gutshof Heidensand, das ist auch Improvisation: Wenn der Strom ausfällt, gibt’s Würstchen am Feuer.

Wo der Umgang mit der Natur die Wunden heilt

zweite Chance verdient hat“

HEIDENSAND. Das ist Marens Reich. Maren Grimke (52), ge- lernte Gärtnermeisterin aus Hannover, „klassischer Wirt- schaftsflüchtling“. Da lacht sie, und eine quietschblaue Haar- locke stiehlt sich unter ihrer Mütze ins Freie. Heute ist sie der Boss am Gutshof Heiden- sand. Im Lustenauer Ried baut Integra Gemüse an in biologi- scher Landwirtschaft, das dann u. a. in der Kantina und im Blu- denzer Eichamt auf den Teller kommt. In der ziemlich im- provisierten Küche kochen sie Chutneys ein und Marmelade, stellen Gewürze her und dörren Obst. Aber viel wichtiger noch: Jede:r Jugendliche hat hier ein eigenes Hochbeet. „Und stell dir

vor, die kommen sogar am Wo- chenende gießen“, das verwun- dert Integra-Geschäftsführer Patrick Breuss stets aufs Neue. Der Heidensand hat Flair. Im ganz reduzierten Umfeld kön- nen Jugendliche wie Caroline (20), Sara (18) und Leon (16) zu sich finden. Die Natur macht so vieles heil. Keine Erwachsenen stören. Vor allem lernen sie am Heidensand, ihren Hausver- stand (wieder) zu gebrauchen. So fachen sie, weil der Strom ausfällt, kurzerhand ein Feuer an und grillen Würstchen. Und träumen von einer Lehre als Goldschmied (Caroline) oder Logistikerin (Sara). Zahlreiche Bewerbungen sind schon unter- wegs …

Lauter Arbeitsleben zwischen Aktendeckeln: Bettina Strobl hat derzeit mehr als 120 Lehrlinge unter Vertrag.

folg. Sie haben wirklich alles hier: Vom Ex-Profi-Fußballer, der mal für Altach im Tor stand und jetzt eine Lehre als Bankkaufmann abschließt, bis zum Gewaltver-

brecher, der seine Strafe verbüßt hat und im Handwerk wieder Fuß fasst. „Jeder hat eine zweite Chance verdient“, das steht hier wie in un- sichtbaren Lettern über der Tür.

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