2 Meinung und Politik
April 2023
LEITARTIKEL Der Vorarlberger Weg
Auch an dieser Stelle wird von mir regelmäßig kritisiert, was aus Arbeitnehmersicht in unserem Lande nicht passt. Viel zu wenig kommt dabei zur Sprache, wie gut und stabil unser Land ist. Wie sicher und sozial abgefedert wir in Vorarlberg auch als Lohnabhängige leben. Nicht beispielsweise die unglaubliche Vor- gangsweise des börsennotierten Zumtobel-Konzerns gegen seine Betriebsrät:innen spiegelt die betriebliche Realität in diesem Lande wider, sondern der partnerschaftliche Umgang miteinan- der. Respekt, Anerkennung und ordentliche Entlohnung sind die Realität in Vorarlbergs Industriebetrieben. Das zeigt auch die Tatsache, dass von den vielen arbeitsrechtlichen Vorsprachen , Niedrigster Preis garantiert bis 2025 und Strompreisdeckel wurden umgesetzt. Rainer Keckeis Direktor der AK Vorarlberg schlussendlich weniger als zwei Prozent in ein Gerichtsverfahren münden. Das sind Fakten und muss gesagt werden. Ebenso, wie es eine Tatsache ist, dass es in einigen Branchen deutlich schlech- ter aussieht und sich die Lebenssituation für viele Arbeitnehmer- haushalte durch die hohe Inflation dramatisch verschlechtert hat. Hauptschuld daran sind die explodierenden Wohnkosten. Hier gilt es, mit den Sozialpartnern und dem Land Lösungen zu finden, die den Menschen nachhaltig helfen. So wie es erst kürz- lich mit dem neuen Strompreismodell gelungen ist, zusammen mit der illwerke-vkw-Gruppe und dem Land Vorarlberg eine Lösung zu finden, die uns den günstigsten Strompreis Österreichs bis 2025 garantiert. Dieses Ergebnis kann sich sehen lassen, zahlt doch ein Vorarlberger Haushalt fast die Hälfte weniger als ein burgenländischer. Dies, obwohl laut jenem Landeshauptmann dort alles so viel besser ist und sie quasi Selbstversorger mit nachhaltig produziertem Strom seien. Seine Landesbürger:innen haben davon gar nichts, sondern zahlen den höchsten Strompreis Österreichs.
AK Präsident Heinzle: „Jetzt einfach tatenlos zusehen, wie die Interessen der Patient:innen im Land auf der Strecke bleiben und trotzdem massive Defizite erwirtschaftet werden, wäre unverantwortlich.“ Die Kassenreform ist fundamental gescheitert Bis 2027 macht die ÖGK voraussichtlich rund 1,2 Milliarden Euro Defizit ENTTÄUSCHT. 1,2 Milliarden Euro schwer werden die Abgänge der Ös- terreichischen Gesundheitskasse
und ein zentraler Entscheidungs- wirrwarr im Verbund mit kompe- tenz- und ressourcenmäßig aus- gehungerten Landesstellen sowie eine weitgehende Entmachtung der Arbeitnehmervertreter:innen in ihrer eigenen Krankenkasse. Das ist die katastrophale Bilanz der Zusam- menlegung der Gebietskrankenkas- sen zum zentralen Verwaltungsmo- loch ÖGK in Wien. Nettozahler aus dem Westen Dass diese Entwicklung keine ein- malige ist, sondern langfristig eine katastrophale wirtschaftliche Situ- ation in einzelnen Landesstellen herrschen wird, zeigt auch ein Blick auf die ÖGK-interne Prognose bis zum Jahr 2027. Trotz massiver Mit- telabsaugung aus dem Westen wird im Jahr 2027 das Jahresdefizit der gesamten ÖGK immer noch so hoch sein wie im Jahr 2022. Diese alar- mierenden Befunde verschwimmen allerdings in der neuen ÖGK, weil es ja nur noch ein Gesamtergebnis gibt. Im Unterschied zu der Struktur mit den einzelnen Länderkammern mit jeweils eigenen Rechnungsab- schlüssen und der Möglichkeit, in den Bundesländern Reserven aufzu-
bauen, fließen die in den westlichen Bundesländern erwirtschafteten Überschüsse still und heimlich in die Taschen der defizitären ÖGK- Landesstellen. Gesamt werden es bis 2027 Abgänge in der Höhe von rund 1,2 Milliarden sein. Den drei west- lichsten Bundesländern werden im Gegenzug 819 Millionen Euro aus der Tasche gezogen. Es gelingt dem Management der ÖGK nämlich in keiner Weise, die of- fensichtlichen Ausgabenungleich- gewichte in einzelnen Bundeslän- dern abzustellen – lieber greift man weiter ungeniert in die Taschen der westlichen Bundesländer und ent- zieht ihnen jenes Geld, das sie drin- gend für Gesundheitsprojekte und die Weiterentwicklung der Versor- gung auf regionaler Ebene brauchen würden. Damit kein Missverständ- nis entsteht: Die AK Präsidenten Altes Gutachten Ein dringend benötigtes MR-Gerät in Bischofsho- fen konnte erst nach fast zwei Jahren Diskussion und medialem Druck umgesetzt werden. Wa- rum? Ein Wiener Ent- scheidungsträger:innen hatte sich auf ein altes Gutachten bezogen und den Antrag abgelehnt. Keiner der Entschei- dungsträger war je vor Ort. In dieser langen Zeit haben die Versicherten aus eigener Tasche für die MR-Untersuchun- gen bezahlt (250 Euro je Untersuchung).
(ÖGK) bis 2027 sein. Finanziert wird dieses Rekorddefizit zum ganz über- wiegenden Teil von den Nettozah- lern Salzburg (354 Millionen Euro), Tirol (400 Millionen) und Vorarlberg (65 Millionen). Würden die positi- ven Gebarungsergebnisse der west- lichen drei Bundesländer in Höhe von 819 Millionen Euro nicht von der ÖGK-Zentrale abgesaugt, läge das österreichweite Defizit sogar bei zwei Milliarden Euro. Zurück zu den Ländern! Diesem Treiben wollen die AK Präsi- denten der drei Bundesländer – Pe- ter Eder, Erwin Zangerl und Bern- hard Heinzle – nicht mehr länger tatenlos zusehen. Sie fordern ge- meinsam die Rückführung elemen- tarer Kassen-Kompetenzen in die Länder und eine Stärkung der regio- nalen Gesundheitspolitik. Horrende Abgänge statt der berühmten „Patientenmilliarde“, Machtzentralisierung und gut do- tierte Jobs in Wien statt Beseiti- gung von Defizitstrukturen. Hinzu kommt eine absurde Bürokratie
▸ E-Mail: direktion@ak-vorarlberg.at
GASTKOMMENTAR Genossenschaftliches Bauen Die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichend bezahlbarem Wohnraum zählt zu den wichtigsten gesellschaftspolitischen Aufgaben und Herausforderungen. Wohnraum in Vorarlberg ist knapp und teuer. Hohe Baulandpreise und steigende Baukosten sowie die demografische Entwicklung und zunehmende Singula- risierung werden die Problematik weiter verschärfen. , Genossenschaftlich organisiertes Bauen und Wohnen schafft sozialen Mehrwert. Dr. Paul Stampfl Damit trotz Strukturwandel und demografischer Entwicklung die Lebensqualität in unseren Gemeinden erhalten und verbessert wird, sind alternative Konzepte gefragt. Genossenschaftlich orga- nisiertes Bauen und Wohnen ist ein praxiserprobtes Konzept, das in anderen Regionen seit Jahrzehnten umgesetzt wird, zur Entspannung der Situation beiträgt und dabei sozialen Mehrwert schafft. Zweck der Wohnbaugenossenschaften ist es, die Mit- glieder mit bedarfsgerechtem und preisgünstigem Wohnraum zu versorgen. Durch das lebenslange Nutz- und Wohnrecht genießen die Mitglieder ein stabiles soziales Umfeld und einen hohen Grad an persönlicher Sicherheit. Eine entscheidende Rolle für die erfolgreiche Umsetzung genos- senschaftlicher Wohnbauprojekte in Vorarlberg werden die Ent- scheidungsträger:innen in den Gemeinden spielen. Diese können gemeinschaftliche Bau- und Wohnprojekte durch die Bereitstel- lung von Grundstücken, z. B. im Baurecht, initiieren, Initiativen durch finanzielle und fachliche Beihilfe unterstützen oder selbst aktiv umsetzen. ▸ Mehr Info Dr. Paul Stampfl ist geschäftsführender Gesell - schafter der Telesis Entwicklungs- und Management -GmbH, https://telesis.at Experte für Geoinformatik, Kreislauf- wirtschaft und Umweltarchitektur
Was Vorarlbergs Überschuss bewirken könnte Allein mit dem Überschuss der ÖGK-Landesstelle Vorarlberg der nächsten Jahre könnten z. B. • 35 Vertragsarztstellen dauerhaft zusätzlich finan- ziert werden – ein Segen für die von Wartezeiten geplagten Vorarlberger Patient:innen und • die Mittel der ÖGK für einen Ausbau der Psycho- therapie verdoppelt werden und • das Gesundheitsförderungsprojekt „Gesund auf- wachsen in Vorarlberg“ auf alle Vorarlberger Kinder gärten und Volksschulen ausgerollt werden.
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