10 Bildung
April 2023
Für Olena Serkhovets ist die Sprache der Schlüssel zur Zukunft – Jürgen Küng kann sich nun ohne Hilfe mit Mitarbeitern unterhalten Wie Deutschlernen Türen öffnen kann
CHANCE. Deutsch lernen? Bringt’s das denn? Zwei Geschichten, zwei Zugänge: Olena Serkhovets und Jür- gen Küng. Sie will Lehrerin werden, er führt ein Unternehmen. Er hat anderen Deutschkurse ermöglicht, sie baut ihre Zukunft auf der neuen Sprache auf. In einem anderen Leben Das heißt, „neu“ ist eigentlich ge- schwindelt. Olena hat sich schon früher – in einem anderen Leben – mit deutscher Grammatik beschäf- tigt. Damals war Mariupol allmäh- lich auf dem Weg zur Kulturhaupt- stadt Europas. Olena besuchte in der ukrainischen Hafenstadt am Asow- schen Meer die Mittelschule und wählte Deutsch und Englisch. „Aber ich habe rasch alles vergessen“, be- teuert sie und kramt aus dem Lang- zeitgedächtnis noch Sätze wie „Der Himmel ist blau“ hervor. Später hat sie sogar in zwei deut- schen Firmenniederlassungen ge- arbeitet, einmal als Sekretärin in einem Transportunternehmen, dann für eine Bonner Medizinfirma Klinikaufenthalte in der Schweiz und Deutschland mitorganisiert. „Vielleicht war das Intuition“, sagt sie heute, „mein Leben hat mich schrittweise auf Österreich vorbe- reitet.“ Am 24. Februar 2022 fielen die ersten russischen Bomben und Ole- na machte sich auf den Weg. Mit ihren Kindern Arina (11) und Yaros-
lav (3) floh die 43-jährige Witwe erst nach Polen und landete über Umwe- ge schließlich in Vorarlberg. Mit viel Elan Hier hat sie ihre Deutschkenntnisse blitzartig auf Vordermann gebracht. Einen Kurs für Fortgeschrittene besucht sie gerade jeden Dienstag und Donnerstag am BFI der AK in Feldkirch, Montag und Freitag büf- felt sie im Grammatik-Intensivkurs in Rankweil. Die Tochter geht zur Schule, ihr Sohn in die Spielgruppe. Die Kinder haben’s leichter. Alle sind sie mit Russisch als Mutterspra- che aufgewachsen. Aber der kleine Yaroslav hat das russische „Privet“ rasch gegen „Tschüss“ eingetauscht. Seine Schwester Arina will einmal Sängerin werden. Online nimmt sie Unterricht in Kiew und geht auch hier zur Musikschule. Und die Mama? Hat ebenso handfeste Pläne. „Ich hab in der Ukraine Englisch studiert und zehn Jahre lang ein Übersetzungsbüro be- trieben.“ Olena will möglichst rasch in einer Vorarlberger Schule unter- richten. Ihr Ansuchen liegt bereits in der Bildungsdirektion. Denn das weiß sie: Sie will mit ihren Kindern in Österreich bleiben. „Das ist meine Energie“, sagt sie. „Mit Händ’ und Füß’“ Und Jürgen Küng? Kommt aus einer ganz anderen Ecke! Sein Name steht für das Thüringer Familienunter-
nehmen Küng Bodenbau. Seit 32 Jahren sorgen die Teams aus dem Walgau in Privathäusern und im Industriebau mit Estrichen, Böden und Dämmungen für gute Grund- lagen. Einfach ist das nicht. Zumal sich der Fundus an Mitarbeiter:innen deutlich gewandelt hat. „Früher konnten wir noch einen Führer- schein und Deutschkenntnisse ver- langen, heute heißt es: Wenn du zwei Hände und zwei Füße hast, dann fang a.“ Seine Mannschaft setzt sich aus Syrern, Polen und Ar- beitern aus Ex-Jugoslawien zusam- men. Wie er sich denn verständigt hat? „Mit Händ’ und Füß’ …“ Das hat ihm dann irgendwann nicht mehr gereicht. Also bot er seinen Leuten an: „Wir zahlen euch einen Deutsch- kurs, dafür müsst ihr eure Frei- zeit investieren.“ Die nahmen an. Die Trainer:innen des BFI der AK unterrichteten abends im Seminarraum der Fir- ma. Heute kann sich der Ge- schäftsleiter zum ersten mal ohne Übersetzer mit Mitar- beiter:innen unterhalten,
die die schon sechs Jahre bei uns in der Firma arbeiten …“ Olena Serkhovets: „Ich möchte Englisch unterrichten. Das An- suchen hab ich schon gestellt.“
Deutschkurse am BFI der AK Deutsch als Fremdsprache – das ist kein Spaziergan g. „Vor allem die Artikel waren für mich schwierig“, erzählt Olena, ist doch der Himmel in ihrer Muttersprache sächlich, auf Deutsch aber männlich. Aber Deutsch zu erlernen, kann unglaublich Spaß machen, das beweist Olenas Bei - spiel eindrücklich. Am Sprachen Campus werden die Student:innen von erfahrenen Sprachtrainer:innen bzw. Native Speaker:innen unterrichtet. Alle Kurse enden mit international anerkannten Sprachzertifikaten. Wichtig: Die Deutsch-kurse können auch als Gruppen- oder Einzeltrainings und Fir - menintern angeboten werden. Übrigens wird am Sprachencampus des BFI der AK Vorarlberg auch Eng - lisch, Italienisch, Französisch, Spanisch, Russisch, Japanisch, Arabisch und noch mehr unterrichtet. Aber das ist eine andere Geschichte … ▸ Alle Kursdetails und Anmeldung unter www.bfi-vorarlberg.at oder bei Magdalena Amann, Tel. 05522/ 70200-1418, magdalena.ammann@ bfi-vorarlberg.at
Jürgen Küng: „Die Deutschkur- se am BFI kann ich nur weiter- empfehlen. Uns hat das sehr geholfen.“
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