Pflege und Wohnen 5
Dezember 2023
Dank „Hilfe für die Helfenden“ können sich Angehörige vom anstrengenden Pflegealltag erholen. Fotos: Andrea Piacquadio / Pexels, Lukas Hämmerle
Es ist ein Erfolg, den die AK Vorarlberg sich an die Brust heften darf: Nach langjährigen Forderungen beginnt das Land, ein Modell zur Anstellung von betreuenden Angehöri- gen pflegebedürftiger Menschen umzusetzen.
PFLEGE. Die Betreuung von Pflegebedürftigen ist für viele Angehörige in Vorarlberg eine regelrechte Mammut-Aufgabe – und dennoch eine, die sie aus Liebe und Fürsorge selbstver- ständlich übernehmen. Doch das hat leider oft Folgen: Viele, vor allem Frauen, müssen ihren Beruf aufgeben, um die Betreu- ung daheim überhaupt stem- men zu können. Das wiederum bedeutet aber, dass ihnen Ein- künfte fehlen – und oft genug so dringlich fehlen, dass sie versu- chen, sowohl die Betreuung da- heim als auch den Job zu stem- men. Eine enorme psychische und physische Doppelbelastung, die natürlich nicht ewig gut ge- hen kann. Betroffene berichten Wie groß diese Belastung für die Betroffenen ist, weiß die AK Vorarlberg aus unzähligen Gesprächen und Beratungen. Deshalb arbeiteten die Ex- pert:innen bereits im Jahr 2020 ein Modell zur Anstellung von betreuenden Angehörigen aus. Damit sollten Doppelbelastun- gen abgebaut und Menschen im Erwerbsleben gehalten werden. „Wir haben dieses Modell nicht nur erdacht, sondern seitdem auch immer wieder gegenüber der Politik eingefordert“, stellt AK Präsident Bernhard Heinz- le fest. Und was lange währte, wurde nun auch endlich gut: Das Land hat angekündigt, ers- te Schritte in Richtung einer Anstellung von betreuenden Angehörigen zu unternehmen. „Unsere langjährigen Forde- rungen wurden endlich erhört“, so Heinzle. Langer Atem Die nun vorliegende Ausarbei- tung des Modells entspricht zwar nicht zur Gänze dem AK Modell, ist aber „ein erster wich- tiger Schritt“, erklärt AK Prä- sident Bernhard Heinzle. „Sie
zeigt uns als AK: Wenn man ei- nen langen Atem hat und seine Forderungen und Ziele verfolgt, geht früher oder später schließ- lich etwas voran.“ Die AK Vorarl- berg werde die Einführung und Pilotphase begleiten und das Projekt unterstützen. „Das Mo- dell greift zwei Zielgruppen – nämlich den betreuenden An- gehörigen von Menschen mit Behinderung und den Fami- lien von Pflegekindern – ent- scheidend unter die Arme“, so Heinzle. „Wenn es nach uns geht, kann und soll das Modell deshalb sogar noch ausgeweitet werden.“ Angestellt und versichert Das vom Land vorgestellte Mo- dell sieht vor, dass Angehörige von Menschen mit Behinde- rung über die Servicestelle Per- sönliche Assistenz Vorarlberg (PAV) angestellt werden. Auf diese Weise können sie ihre Fa- milienmitglieder weiterhin da- heim pflegen, befinden sich aber gleichzeitig in einem ordentli- chen Dienstverhältnis, sind also sozialversichert und beziehen ein Einkommen. Ähnliches gilt für die Familien von Pflegekin- dern: Auch sie sollen angestellt werden, sozialversichert sein und ein Einkommen beziehen. Land dankt AK Bei der Vorstellung des Modells im Rahmen einer Pressekonfe- renz im Landhaus dankten Lan- deshauptmann Markus Wallner und Landesrätin Martina Rü- scher der AK „für die Zusam- menarbeit“ und „das besondere Engagement“. Die AK habe sich die Anstellung von betreuenden Angehörigen zum Ziel gesetzt und dieses „immer wieder sehr nachhaltig eingefordert“, wür- digte der Landeshauptmann. ▸ Weitere Infos und
Hilfe für die Helfenden: Neue Termine sind da Zwischen März und
AK Präsident Bernhard Heinzle. Auch im kommenden Jahr kön- nen Vorarlberger:innen, die Ange- hörige pflegen, wieder das Angebot des Landes Vorarlberg, der AK Vor- arlberg, der Österreichischen Ge- sundheitskasse, der Sozialversiche- rung der Selbständigen und Bauern sowie der Versicherungsanstalt öf- fentlich Bediensteter, Eisenbahnen
nahme von Anwendungen im „Ge- sundhotel Bad Reuthe“ nach freier Wahl im Ausmaß von 100 Euro. „Die Pflege durch Angehörige ist in Vorarlberg aktuell nicht
ERHOLUNG. Die Pflege hilfsbe- dürftiger Menschen in ihrem häus- lichen Umfeld ist eine wichtige und wertvolle Arbeit, die haupt- sächlich von Frauen geleistet wird. Die pflegenden Angehörigen brin- gen dabei nicht nur einen hohen Einsatz, sie verzichten auch auf berufliche und persönliche Entfal- tungsmöglichkeiten. Die AK Vor- arlberg unterstützt sie dabei mit der gemeinsamen Aktion „Hilfe für die Helfenden“. „Das schafft eine Entlastung und Anerken- nung der Pflegenden“, unterstreicht Dezember 2024 werden wieder 15 Termine für (fast) kostenlose einwö- chige Erholungsauszei- ten angeboten.
wegzudenken“, stellt AK Präsi- dent Bernhard Heinzle fest. „Daher wollen wir ihnen mit der Aktion ,Hil- fe für die Hel-
und Bergbau nutzen. Eine Woche Wellness
B. Heinzle
Dabei können sie einen einwöchi- gen Erholungsaufenthalt im „Ge- sundhotel Bad Reuthe“ verbringen. Bis auf einen Selbstbehalt von 100 Euro ist das Angebot für sie kosten- los. Es umfasst ein Einzelzimmer mit Vollpension, die Infoveranstal- tung „Hilfe geben – Hilfe nehmen“ zum Thema Entlastung und Unter- stützung sowie die Inanspruch-
fenden‘ etwas zurückgeben: ein Dan- keschön für diese wertvolle Arbeit, von der die gesamte Gesellschaft profitiert.“ Das Angebot kommt gut an: Im Jahr 2023 war jeder der 15 Ter- mine vollständig ausgebucht.
▸ Termine für 2024, Teil- nahmebedingungen und Anmeldeformular online
Anlaufstellen für betreuende Ange- hörige gibt es online.
aus. Aber auch die Befristungen der Mietverhältnisse bringen Mieter:in- nen schwer unter Druck. Denn wer möchte sich schon mit Makler:in oder Vermieter:in anlegen, wenn der Vertrag nur auf drei Jahre abge- schlossen wird? Die AK fordert des- halb dringend Nachbesserungen. Neues Maklergesetz zu schwach An der nach wie vor recht schwachen Geset- zeslage für Mieter:innen ändert sich zu wenig, urteilt die AK.
rechtsgesetzes. Denn vor allem bei Eigentumswohnungen in Häusern, die nach dem Zweiten Weltkrieg er- richtet worden sind, oder bei Woh- nungen in Ein- oder Zweifamilien- häusern ist es grundsätzlich nicht verboten, zu vereinbaren, dass Mie- ter:innen die Kosten des Mietver- trages zur Gänze selber zahlen. Das betrifft die Mehrheit der Mietwoh- nungen in Vorarlberg. Bis zu 1000 Euro Honorar Die Kosten für den Mietvertrag können zudem hoch ausfallen: An- wält:innen und Notar:innen können laut Gesetz schnell über 1000 Euro Honorar verlangen, wenn vorher keine günstigere Vereinbarung ge- troffen wurde. Um dies zu unterbin- den, reicht die bisherige Änderung des Maklergesetzes leider nicht
WOHNEN. Das neue Maklergesetz sieht erstmals Verwaltungsstrafen gegen rechtswidrige Bearbeitungs- gebühren durch Makler:innen vor. Doch das Gesetz ist löchrig: So dürfen Vertragserrichtungskosten für die Mehrzahl der Mietverhält- nisse im Ländle nach wie vor auf Mieter:innen überwälzt werden. Die Vermieterseite und damit auch das Maklerbüro kann prinzipiell vorgeben, wer den Mietvertrag er- richten wird und wer die Kosten der Vertragserrichtung in welcher Höhe zahlt: Das erste Loch des Miet-
AK Präsident Bernhard Heinzle begrüßte das Modell bei der eigens vom Land einberufenen Pressekonferenz als „ersten wichtigen Schritt“. Foto: Anja Förtsch / AK
Unfaire Verträge können einen Umzug zum Alptraum machen.
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