AKtion Juni 2023

6 Soziales und Schaffarei 

Juni 2023

Wenn der Traumberuf immer mehr zum Albtraum wird Auf der Schaffarei-Bühne erzählte gerade ein Theaterstück von der harten Realität der Pflegekräfte.

WEIBERKRAM von Univ.-Prof. Irene Dyk-Ploss

Wahlfreiheit Der Rechtsruck, der sich in Öster- reich auf Landesebene mittler- weile dort und da zeigt, lässt in Bezug auf Frauenfragen nichts Gutes erwarten. Anzeichen für Rückschritte und ein traditionell- konservatives Frauenbild sind u. a. Pläne, die Kinderbetreuung so lange wie möglich in der Fa- milie zu halten, also erst mit dem verpflichtenden Kindergartenein- tritt institutionell zu ergänzen. Dahinter steckt das Kalkül, dass ein paar hundert Euro für Mütter die öffentliche Hand billiger kommen als die Forcierung des Ausbaus eines flächendeckenden, qualitativ hochwertigen Ange- bots für Kleinkinder. Dass Kindern auf diese Weise so- ziale Kontakte und Lernchancen vorenthalten werden, ist ebenso bedenklich wie die Blockierung der beruflichen Kontinuität und Entwicklung der Frauen. Das Scheinargument, Eltern (= Mütter) sollten frei entscheiden können, wie lange sie sich selbst – ausschließlich – um die Kinder kümmern, suggeriert in Kombi- nation mit materieller Zuwen- dung eine trügerische Sicherheit, die den Blick auf Nachteile am Arbeitsmarkt und in der Pension verstellt. ▸ E-Mail: Irene.Dyk-Ploss@jku.at

SCHAFFAREI. Die 24-Stunden- Pflegerin wohnte im Haus der 86-jährigen Patientin, die seit einem Schlaganfall nicht mehr sprechen und nur noch einen Arm benutzen konnte. Die während der Corona- Pandemie besonders gefährdet war. Die deshalb keinen Besuch ihrer Familie bekam – und irgendwann auch keine Anrufe mehr. Nur die Pflegerin war da, aufopfernd, viele hunderte Kilometer von ihrer Fa- milie getrennt, tagein, tagaus. Sie umsorgte die alte Frau und mistete eines Tages auf ihren Wunsch mit ihr gemeinsam deren Schränke aus. Doch die Familie der Alten sah darin keine Hilfe. Sondern Dieb- stahl. Die stumme Pensionistin konnte das Missverständnis freilich nicht aufklären. Und die Pflegerin verlor ihren Job.

geführt. Alles, was im Stück vor- kommt, ist authentisch, nichts er- funden “, beschreibt Daniela. Die Au- torin arbeitet seit 2012 für die Aktion Demenz, beschäftigt sich also auch beruflich intensiv mit dem Thema – und damit verbunden eben auch mit der Pflegesituation. So weiß sie auch, „dass die Rahmenbedingun- gen für 24-Stunden-Betreuerinnen in Vorarlberg weit besser sind als im Osten Österreichs. Trotzdem ist es eine sehr belastende Arbeit, und sie macht einsam, egal wo das ist.“ Getauschte Rollen In „Aber die Freude!“ spielt Daniela mit dem Wechsel der Perspektiven. Die Zuschauer:innen sollen sich vor- stellen, Österreich wäre arm und sie wären gezwungen, über Monate al-

Als Darstellerin konnte Vivienne Causemann gewonnen werden.

Verfügung stehen. Die AK fordert deshalb, dass entweder die erforder- lichen Absolvent:innen auch an der FH erreicht oder dass andernfalls das „DGKP“-Modell weitergeführt werden soll. Außerdem setzt sich die AK für leichtere Einstiege in den Beruf und bessere Arbeitsbedin- gungen für bereits Beschäftigte ein – etwa für höhere Einkommen, bes- sere Pflegeschlüssel und Dienstplan- sicherheit.

alles auf einem sozialen Ungleich- gewicht aufgebaut ist“, sagt Daniela. „Doch das wird nicht so bleiben.“ AK will Pflege stärken Die prekäre Situation in der Pfle- ge ist nicht nur eine Geschichte, sondern bittere Realität: Bis 2030 braucht es im Land 2415 zusätzli- che Pflegekräfte. Schon jetzt wird zu wenig Pflegenachwuchs aus- gebildet. Darüber hinaus sollen ab 2024 die Diplomausbildungen an den Gesundheits- und Kranken- pflegeschulen („DGKP“) wegfallen, für die Ausbildung sollen nur noch 120 FH-Studienplätze pro Jahr zur

lein ins reiche Ru- mänien zu gehen, um Geld für ihre Familien zu verdie- nen. Die Zuschau- er:innen empfin- den die Nöte und Sorgen der Pfle- ger:innen so direkt nach. „Wir leben so privilegiert, dass wir gerne verges- sen, wie sehr das

Echte Schicksale Die Geschichte ist eine von mehreren, welche die Bregen- zer Autorin Daniela Egger in „Aber die Freude!“ erzählt. Wahr sind sie alle. „Ich habe im Vor- feld Interviews mit Pfleger:innen

▸ Blog: Bilder, Videos und mehr Infos gibt es im Internet unter schaffarei.at/blog

Autorin Daniela Egger betei- ligte sich an der Diskussion.

Probezeit missachtet – AK holt für Arbeiterin Entschädigung heraus Der Fall einer Restaurant-Arbeiterin zeigt, dass die Regelungen zur Probezeit nicht immer ausreichend bekannt sind – auch Arbeitgebern nicht.

BASISWISSEN RASCH ERKLÄRT von Mag. Eva Fischer-Schweigkofler Familien- und Frauenfragen, AK Vorarlberg

Zuverdienst zur Familienbeihilfe In der Beratungspraxis erhalten die Referent:innen der Abteilung „Familie und Frau“ immer wieder die Frage, ob ein Zuverdienst zur Familienbeihilfe zulässig ist. Zunächst bleiben Einkommen, die Kinder verdienen, bis zu jenem Kalen- derjahr außer Betracht, in dem sie den 19. Geburtstag feiern. Das ändert sich ab dem Kalenderjahr, in dem ein Kind, für das ein Familienbeihilfean- spruch besteht und Familienbeihilfe bezogen wird, den 20. Geburtstag fei- ert: Dann darf es ein zu versteuerndes Gesamteinkommen von 15.000 Euro pro Jahr (diese Betragsgrenze gilt seit 1.1.2020) ins Verdienen bringen. Bei diesem „zu versteuernden Gesamteinkommen“ handelt es sich um die Bemessungsgrundlage zur Lohn- bzw. Einkommenssteuer. Die Sozial- versicherungsbeiträge und das 13. und 14. Monatsgehalt bzw. der 13. und 14. Monatslohn (Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration) werden nicht berücksichtigt. Nicht zu berücksichtigen sind außerdem die Lehr- lingsentschädigung, Waisenpension und Waisenversorgungsgenüsse. Verdient das Kind mehr als 15.000 Euro pro Jahr, so wird die Zuverdienst- grenze überschritten. In dem Fall ist jener Betrag an bereits bezogener Familienbeihilfe zurückzubezahlen, um den die Grenze überschritten wurde. Unter Umständen kann das zuständige Finanzamt dann sogar die gesamte im betroffenen Jahr bezogene Familienbeihilfe zurückfordern. ▸ Familien- und Frauenfragen Hotline und Terminvereinbarung unter Tel. 050/258 2600 oder online über unsere Website ak-vorarlberg.at Kinderbetreuung gut organisiert RAT. Für alle, die in Karenz sind oder bereits größere Kinder ha- ben und den beruflichen Wie- dereinstieg angehen möchten, bieten die Expert:innen der AK gratis Workshops an. Am 26. Juni 2023 zeigen die Expert:innen von ABZ*AUSTRIA und der AK den Be- sucher:innen, worauf es bei der Or- ganisation von Kinderbetreuung, Elternteilzeit und mehr ankommt. Treffpunkt ist die AK Bibliothek in Feldkirch, der Workshop dauert bis 11 Uhr. Beim ersten Workshop am 26. Mai drehte sich alles um die Zukunft mit Plan. Beide Veran- staltungen sind gratis. Sie gehören zum Projekt KarenzAktiv, das vom Land gefördert wird. ▸ Anmeldung über unsere Website ak-vorarlberg.at

ARBEITSRECHT. Die Probezeit ist mittlerweile kaum mehr aus einem Arbeitsverhältnis wegzudenken. Während dieses vereinbarten Zeit- raums kann das Arbeitsverhältnis sowohl von den Arbeitnehmer:in- nen wie auch den Arbeitgeber:innen jederzeit ohne Angabe von Gründen beendet werden. Sogar vor Arbeits- antritt kann das Arbeitsverhältnis unter Berufung auf die Probezeit bereits beendet werden. Es ist jedoch zu beachten, dass eine Probezeitauf- lösung dann unzulässig ist, wenn diese wegen eines vom Gesetz verbo- tenen Grundes („Diskriminierungs- grund“) erfolgt. Klingt einfach – ist es aber nicht Die Probezeit gilt jedoch grundsätz- lich nicht automatisch, sondern muss zwischen Arbeitnehmer:in- nen und Arbeitgeber:innen verein- bart werden. Es sei denn, der ent- sprechende Kollektivvertrag sieht bereits eine Probezeit vor. Eine Pro- bezeit kann auch nur für maximal einen Monat vereinbart werden. Diese Regelungen klingen erst einmal grundsätzlich verständlich und relativ simpel. Bei der Frage, wann tatsächlich der letzte Tag der Probezeit anbricht, steckt der Teu- fel jedoch im Detail. Genau diese Frage musste die Arbeiterkammer

Vorarlberg nun für eine Arbeitneh- merin klären. Auflösung durch den Arbeitgeber Im Zuge der Beendigung ihres Ar- beitsverhältnisses meldete sich die Frau bei ihrer AK, um ihre Ansprü- che überprüfen zu lassen. Die Frau arbeitete in einem Restaurant. Eine Probezeit hatte sie in ihrem Arbeits- vertrag nicht vereinbart. Der auf ihr Arbeitsverhältnis anzuwendende Kollektivvertrag für das Hotel- und Gastgewerbe für Arbeiter:innen sieht aber für unbefristete Arbeits- verhältnisse eine Probezeit von 14 Tagen vor. Genau auf diese Probezeit hatte sich der Arbeitgeber berufen und scheinbar am letztmöglichen Tag die Beendigung des Arbeitsver- hältnisses unter Berufung auf die

erfolgte also nach Beendigung der Probezeit und war daher fehlerhaft. Aufgrund dessen hatte die Ar- beitnehmerin einen Anspruch auf Kündigungsentschädigung. Das be- deutet, dass sie finanziell so zu stel- len war, als ob das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber ordentlich beendet worden wäre. Eine ordentli- che Beendigung wäre nur unter Ein- haltung der Kündigungsfrist sowie des -termines möglich gewesen. Einsicht nach Klagsandrohung Die Arbeiterkammer Vorarlberg nahm mit dem Arbeitgeber Kon- takt auf und schilderte ihm die Problematik sowie die daraus re- sultierenden Ansprüche der Arbeit- nehmerin. Doch der Arbeitgeber blieb zunächst stur. Nach einer wei- teren Intervention unter Klagsand- rohung sah er jedoch seinen Fehler ein und erklärte sich bereit, die An- sprüche der Frau zu erfüllen. Die Arbeitnehmerin erhielt dadurch die ihr zustehende finanzielle Entschä- digung. ▸ Beratung Die Arbeitsrechts- expert:innen der AK sind in allen Bezirken des Landes vertreten: Bregenz, Tel. 050/258-5000 Dornbirn, Tel. 050/258-6000 Feldkirch, Tel. 050/258-2000 Bludenz, Tel. 050/258-7000

Probezeit ausgesprochen. Probezeit bereits vorbei

Die Frau hatte das Arbeitsverhält- nis am 2. Juni 2022 begonnen. Die Auflösung durch den Arbeitgeber erfolgte am 16. Juni 2022. Die Dif- ferenz ergibt zwar durchaus 14, al- lerdings muss bereits der erste Tag des Arbeitsverhältnisses bei der Be- rechnung der Probezeit mitgezählt werden. Somit endete die Probezeit der Frau bereits am 15. Juni. Die Aus- sprache der Auflösung am 16. Juni

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