4 Arbeitsrecht und Steuern
Februar 2024
28 Jahre lang keine AK holt 27.000 Euro
Ungerechte Überstunden: AK hilft Arbeitnehmerin mit Behinderung
ARBEITSRECHT. Für ein Vorarl- berger AK Mitglied muss es sich wie ein Lotto-Gewinn angefühlt haben – dabei hatte der Mann kein Glück, sondern sich das Geld hart verdient: Die AK Vorarlberg holte ganze 27.000 Euro an Überstun- denentlohnung, Nacht- und Sonn- tagszuschlägen sowie Abfertigung für ihn zurück. Sein Arbeitgeber hatte ihm die Zuschläge nämlich ganze 28 Jahre lang nicht ausbe- zahlt. Sechs Nächte pro Woche So lange hatte der Mann näm- lich in ein und derselben Bäckerei gearbeitet. Wie für die Branche üblich, hatte er dabei auch Nacht- und Sonntagsdienste verrichtet. Außerdem hatte er viele Über- stunden gemacht. Und das war eher die Regel als die Ausnahme: Der Mann arbeitete sechs Nächte pro Woche. Inzwischen wurde der Arbeit- nehmer nach längerer Krankheit gekündigt. Daraufhin wandte er sich an die AK Vorarlberg, um seine Abfertigung prüfen zu las- sen. Doch die Expert:innen ent- deckten viel größere Unstimmig- Erst als der Mann ge- kündigt wurde und seine Abfertigung von der AK prüfen ließ, fiel auf, dass das Geld fehlte.
für den Mann erwirken. „Ein Arbeitsverhältnis muss immer fair sein – für beide Seiten“, betont AK Präsident Bernhard Heinzle. „Dass ein Arbeitgeber eine der- art große Summe zurückbehält, die seinem Arbeitnehmer ohne Frage zusteht, ist ungeheuerlich. Ich bin froh, dass wir dem Mann helfen und zu seinen gerechten Ansprüchen verhelfen konnten.“ An den Verjährungsfristen konnten aber freilich auch die AK nichts ändern. „Es konnte nur noch Ansprüche für die jüngs- ten drei Jahre geltend gemacht werden“, bedauert AK Arbeits- rechtsexpertin Gloria Kinsperger. „Andernfalls wäre die Summe wahrscheinlich wesentlich höher gewesen.“
keiten, als der Mann befürchtet hatte. Keine Arbeitsaufzeichnungen Den Arbeitsrechtsexpert:innen der AK Vorarlberg fiel auf, dass dem Mann trotz seiner langen Arbeitszeiten – sechs Nächte pro Woche – keine Sonntagszuschlä- ge und Überstunden gezahlt wur- den. Auch Nachtzuschläge be- kam er zu wenig. Nicht nur, dass der Vorarlberger keine Arbeits- aufzeichnung bekommen hatte, der Arbeitgeber hatte gar keine Aufzeichnungen geführt. Dabei ist das Pflicht. „Fair für beide Seiten“ All diese versäumten Ansprüche wirkten sich nun natürlich auch auf seine Abfertigung aus. Um sie durchzusetzen, intervenierte die AK Vorarlberg. Im Rahmen eines Vergleichs konnte sie so eine Nachzahlung von 27.000 Euro
ARBEITSRECHT. Ihre Behinde- rung und zusätzliche gesundheit- liche Beeinträchtigungen machen einer Vorarlbergerin einen Voll- zeitjob leider unmöglich. Umso glücklicher war sie, als sie eine Teilzeit-Anstellung als Kassa-Mit- arbeiterin in einem kleinen Han- delsbetrieb fand. Doch die Freude über den neuen Job währte nicht lange. Anfangs war die Frau geringfü- gig in dem kleinen Handelsbetrieb beschäftigt, später dann in Teilzeit auf Basis von 30 Stunden pro Wo- che. Mehr durfte sie auch schlicht- weg nicht arbeiten: Ihr Bescheid für begünstigte Behinderte sowie ärztliche Atteste verpflichteten den Arbeitgeber zu diesem Limit. Doch der Arbeitgeber setzte sich immer wieder über diese Vor- schrift hinweg und teilte die Frau über das 30-Stunden-Limit hinaus ein. So saß sie nicht nur an der Kassa, sondern erledigte auch ver- schiedene Bürotätigkeiten – und kam damit regelmäßig auf mehr Arbeitsstunden als vereinbart. Gespräch brachte keine Lösung Das nahm die Frau natürlich nicht hin und sprach das Problem mehr- fach an, doch vergeblich. Am Ende bat ihr Arbeitgeber sie zur end- gültigen Aussprache in sein Büro. Doch statt einer Lösung gab es die Kündigung. Im Laufe des Gesprächs habe der Arbeitgeber die Frau außer- dem daran gehindert, das Büro zu verlassen. Das nahm sie so stark mit, dass sie sich am nächs- ten Tag krankmeldete. Während dieses Krankenstandes erhielt die Frau zuerst kein Gehalt mehr und wurde dann auch noch mit Arbeit- nehmerkündigung abgemeldet – obwohl der Arbeitgeber die Kündi- Obwohl sie nur 30 Stunden pro Woche arbeiten durfte, setzte ihr Arbeitgeber die Frau regelmäßig länger ein. Als sie das kriti- sierte, kündigte er ihr und verweigerte das ihr zustehende Geld.
dass sie von der ÖGK ein Kranken- entgelt zur Überbrückung erhielt. Außerdem machte die AK die Ver- letzung der Fürsorgepflicht und damit verbunden Schadenersatz geltend. Da der Arbeitgeber die of- fenen Entgelte längere Zeit nicht zahlte, wurde eine Klage einge- bracht. Gerichtstermin abgewendet Doch der Gang vor Gericht blieb der Frau am Ende glücklicher- weise doch erspart. Es wurde außergerichtlich vereinbart, dass sie sämtliche Ansprüche wie Ge- hälter, anteilige Sonderzahlung, Urlaubsersatzleistung und offene Mehrstunden sowie den geforder- ten Schadenersatz für die Verlet- zung der Fürsorgepflicht erhielt. „Sowohl die langen Arbeitszeiten als auch die Kündigung der Frau waren nicht rechtens“, stellt AK Ar- beitsrechtsexpertin Martina Egle fest. „Als AK sind wir natürlich sofort eingeschritten und haben die berechtigten Ansprüche der Arbeitnehmerin durchgesetzt.“ „Die AK setzt sich für faire Arbeitsbedingungen für alle ein – und damit selbstverständlich auch für Arbeitnehmer:innen mit Behinderung“, erklärt AK Präsi- dent Bern-
▸ Weitere Infos und Anlaufstellen in Sachen Arbeitsrecht gibt es online.
Tipps von den AK Expert:innen • Arbeitgeber:innen sind verpflichtet, Arbeitsaufzeichnungen – umgangssprachlich oft Stundenzettel genannt – zu führen und sie ihren Arbeitnehmer:innen auf Verlangen auszuhändigen. • Verlangen Sie unbedingt Ihre Stundenzettel und kontrollieren Sie sie auf ihre Richtigkeit. • Scheint etwas nicht zu stimmen, dann melden Sie das Ihrem Arbeitgeber umgehend schriftlich. • Im Arbeitsrecht gelten Verfalls- und Verjährungsfristen. Ansprü- che können deshalb oft nur ein paar Monate rückwirkend geltend gemacht werden. Handeln Sie also umgehend.
hard Heinzle. „Dementspre- chend steht unsere Unter- stützung allen Arbeitneh- mer:innen zu, sie können sich jederzeit
Auch heuer bietet die AK Vorarlberg wieder für alle Mitglieder den kostenlosen Steuerservice an. Die Expert:innen erstellen selbständig, kompetent und schnell die Arbeitnehmerveranlagung – und holen so für die AK Mitglieder bares Geld zurück. AK Expert:innen helfen bei d
B. Heinzle
und kostenlos an unsere Expert:in- nen wenden. Es freut uns, helfen zu können. So wie wir auch in diesem Fall einer Arbeitnehmerin helfen konnten.“
wieder zurückzahlen muss. So oder so: Beides ist kein Ergebnis, das man sich von seiner Arbeitnehmerveran- lagung wünscht. Deshalb besser bis März warten – und dann den kos- tenlosen AK Steuerservice nutzen. Das Finanzamt selbst hat übri- gens bis zu sechs Monate Zeit, die Steuererklärung zu bearbeiten. In den meisten Fällen geht es tatsäch- lich aber doch schneller. Gut vorbereitet zum Service Damit auch die Steuerexpert:innen der AK Vorarlberg schnell und er- folgreich arbeiten können, sollten die Nutzer:innen des kostenlosen AK Steuerservice einige Unterlagen bereithalten. Das sind etwa Einkom- mensnachweise der/des Partner:in, Bezugsbestätigungen für die Fami- lienbeihilfe oder Versicherungs- bestätigungen. Eine genaue Auflis- tung aller womöglich notwendigen
Begünstigte Behinderte
STEUERN. Familienbonus, Pend- lerpauschale, Freibetrag, Werbungs- kosten … – wem alleine vom Lesen jetzt schon der Kopf raucht, der kann aufatmen: Mit dem kostenlosen AK Steuerservice muss man sich nicht alleine durch den Steuerdschungel schlagen, sondern hat kompetente Hilfe von den Steuerexpert:innen der AK Vorarlberg. Alles, was die AK Mitglieder tun müssen, ist, ihre Steuerinfos hochzuladen. Den Rest erledigen die Expert:innen für Steu- errecht. Sie wissen, worauf es bei der Arbeitnehmerveranlagung an- kommt, und reichen sie schlussend- lich auch selbständig beim Finanz-
amt ein. Einfacher geht es wirklich nicht. Nicht zu früh einreichen Zu eifrig sollten die Mitglieder aber nicht sein: Die Arbeitgeber haben noch bis Ende Februar Zeit, die Lohnzettel ans Finanzamt zu liefern. Macht man seine Steuer- erklärung zu früh, liegen diese Lohnzettel noch nicht vor und die Berechnung kann dadurch fehler- haft sein. In der Folge könnte man Geld, das einem eigentlich zusteht, nicht erhalten. Oder man erhält eine fälschlicherweise zu hohe Steuer- gutschrift, die man im Nachhinein
• Wer eine Behinderung von mindestens 50 Prozent hat, kann sich per Antrag beim Sozialministerium als begüns- tigte:r Behinderte:r registrie- ren lassen. • Die Person muss beschäf- tigt sein und darf weder Schüler:in, Student:in, Pensionist:in noch älter als 65 Jahre sein. • Vorteile: erhöhter Kün- digungsschutz, Berufsför- derungen, Zusatzurlaub, Lohnsteuerfreibetrag, Fahr- preisermäßigung im öffentli - chen Verkehr etc.
gung ausgesprochen hatte. AK Vorarlberg schritt ein
In ihrer Not wandte sich die Frau an die AK Vorarlberg. Die Ex- pert:innen erreichten, dass die Abmeldung entsprechend einer ordnungsgemäßen Arbeitgeber- kündigung geändert wurde und
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