AKtion September 2022

Politik 15

September 2022

Der freie Sonntag ist erneut in Gefahr Die Rufe aus der Wirtschaft nach einem arbeitsreichen Sonntag stoßen bei Ar- beitnehmervertretern auf wenig Verständnis – Belastungen sind hoch genug

SONNTAGSARBEIT. Im Stand- ort-Rating 2022 der AK Vorarlberg steht es schwarz auf weiß: Schon heute muss jede:r zehnte unselbst- ständig Beschäftigte in Vorarlberg an mindestens zwei Sonntagen im Monat arbeiten. Jetzt werden Rufe in der Wirtschaft laut, den Sonntag angesichts der Krise als Arbeitstag ganz freizugeben. Noch erklärt das

Feiertagsruhegesetz aus 1957 die Sonntage zu gesetzlichen Ruheta- gen. Doch der Widerstand wächst: Immer mehr Kaufkraft wandere ins Internet ab, heißt es. Die Innenstädte veröden, wenn der Handel nicht fle- xibel die Kurve kratze … Was steht zur Debatte? Würde eine Liberalisierung der Öffnungs- zeiten Kleinunternehmer:innen

oder Familienbetrieben neue Ge- schäftschancen eröffnen? Oder spielte ein solcher Schritt den großen Ketten in die Hände und beraubte so ganz nebenbei das Familienleben wertvoller gemeinsamer Stunden?

▸ Die AK befragt regelmäßig die Bevölkerung auch zur Sonntagsarbeit.

Das stellen sich manche neoliberale Geister als optimale Variante vor. Aber muss das wirklich sein?

Liste AK-Präsident Hubert Hämmerle – FCG.ÖAAB

Liste Manuela Auer – FSG

Keine weitere Öffnung – Lasst den Sonntag in Ruhe!

Finger weg vom arbeitsfreien Sonntag!

lehnen wir strikt ab. Die Ar- beitnehmer:innen haben ein Recht auf zumindest einen fi- xen Tag in der Woche für Fami- lie, Erholung und Freizeit. Eine Ausweitung der Sonntagsar- beit bringt massive Nachteile für einen Großteil der Arbeit- nehmer:innen. So werden Al- leinerziehende vor eine schier unlösbare Herausforderung gestellt. Ehrenamtliches En- gagement oder Vereinsleben werden verunmöglicht. Un- zählige Umfragen haben erge-

chen und sie zu flexibilisieren bedeutet, die Menschen an die Bedürfnisse vermeintli- cher Märkte anzupassen und Profit vor das Leben der Men- schen zu stellen. Im Gegensatz dazu wol- len über 90 Prozent der Han- delsangestellten am Sonntag nicht arbeiten. Und auch eine deutliche Mehrheit der Be- völkerung will nicht, dass die Geschäfte am Sonntag geöff- net haben. Der Sonntag soll der Tag für die Familie, für

Freunde und Freizeit bleiben. Sonntags geöffnet zu haben, verschiebt lediglich die Ge- winne. Niemand kauft mehr ein, weil am Sonntag geöffnet ist. Auch viele Handelsunter- nehmer:innen sehen das so. Kleine Betriebe könnten sich das Öffnen am Sonntag gar nicht leisten. Deshalb noch einmal: Lasst den Sonntag in Ruhe, eine weitere Öffnung kommt nicht in Frage! ▸ E-Mail: bernhard.heinzle@ gpa.at

ben, dass etwa eine Sonntags- öffnung im Handel von einer breiten Mehrheit abgelehnt wird. Außerdem würden nur Großkonzerne, die sich die Personalkosten leisten kön- nen, profitieren. Kleine und mittlere Unternehmen haben nichts davon. Diese unsäg- liche Diskussion, die nur zur Verunsicherung der Beschäf- tigten führt, muss endlich ein Ende haben! ▸ E-Mail: manuelaauer@ manuelaauer.at

Bernhard Heinzle

Manuela Auer

LEBEN VOR PROFIT. Geht es nach dem Willen verschie- dener Handelsverbände, Kon- zerne oder von Wirtschafts- kammerpräsident Mahrer, soll an Sonntagen mehr ge- arbeitet werden. Nicht vor der Sonntagsruhe Halt zu ma-

ABGELEHNT. Unsere Hal- tung ist klar: Nein zur Aus- weitung der Sonntagsarbeit! Es gibt bereits genügend Aus- nahmen etwa für den Handel in Tourismusgebieten oder die Industrie. Eine weitere Auf- weichung der Sonntagsruhe

Liste Freiheitliche + Parteifreie Arbeitnehmer – FA

Liste Heimat aller Kulturen – HaK

Nein zur generellen Sonntagsöffnung im Handel!

Freizeit für alle

uns ist deshalb klar: Es soll zu keinen weiteren Mehrbe- lastungen kommen, wie es etwa die Einführung einer generellen Sonntagsöffnung darstellen würde. Zudem muss auch der massive Arbeitskräfteman- gel im Bereich des Handels bedacht werden. Was eine Erweiterung der Öffnungs- zeiten für die bestehenden Mitarbeiter:innen bedeuten würde, kann sich jede:r aus- malen. Wir sprechen uns

deshalb ganz klar gegen eine generelle Sonntagsöffnung im Handel aus. ▸ E-Mail: michael.koschat@ fpoe-satteins.at

schaft des Sonntags ist es, dass so gut wie alle frei haben und so Zeit für sich und die Fami- lie finden. Das abzuschaffen würde die Menschen, die für das Wohl der Arbeitgeber da- ran glauben müssten, in eine schwierigere Situation brin- gen als die, in der sie bereits sind. Den Anforderungen der Zeit gilt es gerecht zu werden, keine Frage, es kann aber nicht sein, dass Handelsangestellte für mehr Profit leiden müs- sen. Es kommt erschwerend

dazu, dass Kinder sonntags generell keine Schulen besu- chen, und so würde auch die Kinderbetreuung ein anderes Level erreichen. Selbstständi- gen Unternehmer:innen soll es freigestellt sein, ob sie ihre Dienstleistungen auch am Sonntag anbieten wollen, aber ohne die Angestellten. Aus unserer Sicht ist der spirituelle Aspekt auch nicht außer Acht

Michael Koschat

Volkan Meral

AUSGLEICH. Die Belastun- gen für unsere Arbeitnehme- rinnen und Arbeitnehmer sind in den letzten Jahren immer größer geworden. Vor allem in der Zeit der Corona-Krise sind viele an ihre Grenzen gestoßen. Für

FREIE ZEIT. In einer Zeit, in der über eine Vier-Tage-Woche diskutiert wird und der Han- del immer mehr auf Online umgestellt wird, sollen die ohnehin unterbezahlten Mit- arbeiter:innen auch noch am Sonntag arbeiten. Die Eigen-

zu lassen. ▸ E-Mail: info@hak-online.at

Liste NBZ – Neue Bewegung für die Zukunft

Liste Gemeinsam – Grüne und Unabhängige

Sonntag muss Sonntag bleiben!

Wir brauchen klare Regeln und Grenzen

ger in Frage gestellt. Soll es wirklich keine Pause mehr vom Kommerz, von der Hek- tik und der Arbeit geben? Unser Leben braucht einen gewissen Rhythmus, und wir brauchen zwischen- durch Zeit für Familie, Hob- bys, Geselligkeit und ehren- amtliches Engagement. Von begründeten Ausnahmen abgesehen muss der Sonn- tag daher arbeitsfrei bleiben. Das gilt auch für den Han- del. Es ist unter der Woche

genug Zeit, um Einkäufe zu erledigen. Zudem: Längere Öffnungszeiten heißt für uns Kund:innen nicht mehr Geld zum Ausgeben. Dort, wo Sonntagsarbeit unvermeidbar ist, helfen hohe Zuschläge und Rege- lungen zur Ersatzruhe, um klarzustellen, dass es eben Ausnahmen von der Sonn- tagsruhe sind und bleiben, und grenzen diese ein. ▸ E-Mail: sadettin.demir@ gemeinsam-ug.at

sen wir bedenken, dass ja be- reits in vielen Bereichen wie in der Sicherheit, Gesundheit, Gastronomie usw. gearbeitet wird. In der Industrie sind 3-, 4-Schicht-Arbeitszeiten, wo- bei auch sonntags gearbeitet wird, ja auch keine Seltenheit. Wenn all dies beachtet wird, dann sind bereits sehr viele Arbeitnehmer:innen von Sonntagsarbeit betroffen. Wir brauchen klare Regeln und Grenzen. Die Globalisie- rung, Marktanforderungen

und die Veränderung der Gesellschaft zwingen uns, neue Arbeitszeitmodelle ein- zuführen, wobei die Arbeit- nehmer:innen nicht zu kurz kommen dürfen. Sonntagsarbeit unter be- stimmten Voraussetzungen ja, aber mit klaren Regeln und unter Beachtung der Freiwil- ligkeit und mit entsprechen- der Entlohnung für die Ar- beitnehmer:innen. ▸ E-Mail: info@nbz-online.at

Adnan Dincer

Sadettin Demir

JA, ABER. Seit Jahren wird um den arbeitsfreien Sonntag gerungen und eine Lösung ist in absehbarer Zeit nicht ersichtlich. Der Sonntag ist für viele Familien der einzi- ge stressfreie Tag und sollte auch so bleiben, jedoch müs-

FINGER WEG! „Am siebten Tage sollst du ruhen!“, heißt es im Alten Testament. Im Jahr 321 wurde der Sonntag im Römischen Reich zum gesetzlichen Ruhetag. Diese älteste Arbeitszeitregelung wird nun aber immer häufi-

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