14 Konsumentenschutz
Mai 2024
Am 9. Juni 2024 sind die Österreicher:innen aufgerufen, ihre 20 Vertreter:innen im Euro- päischen Parlament zu wählen. Skeptiker:innen fragen sich: Soll ich wählen gehen? Was tut die EU schon für mich? Eine ganze Menge. Aus Sicht der Konsument:innen gibt es unzählige Gründe, die EU zu stärken. Wir haben fünf davon aufgegriffen. Was die EU für die Konsumenten tut
Egal ob online oder beim Händler um die Ecke gekauft, gilt innerhalb der EU eine Gewähr- leistungsfrist von zwei Jahren: Wenn also der neue Computer nach wenigen Wochen kaputt geht, können Verbraucher:innen bei mangelhafter Ware fordern, dass sie einen neuen PC erhalten oder dass der Mangel be- hoben wird. Ist das nicht möglich, können sie eine Erstattung des Kaufpreises fordern.
Die Abschaffung der Roaming-Gebühren bei vorübergehenden Aufenthalten in einem anderen EU-Land ist ein wichtiger Erfolg der EU für Verbraucher:innen. Telefonieren und Surfen ist für viele im Urlaub unverzichtbar. Die EU hat dafür gesorgt, dass die hohen Zu- satzgebühren wegfallen.
Wer mit dem Flugzeug, einem Fernbus, der Bahn oder dem Schiff unterwegs ist, bekommt durch die EU-Regelungen zu Flug- und Fahrgastrechten pauschale Entschädigun- gen oder Rückerstattungen für verpasste An- schlüsse, Verspätungen oder Stornierungen.
Die Datenschutzgrundverordnung schützt die persönlichen Daten der Verbraucher:innen auch in der digitalen Welt. Konsument:innen in der EU profitieren damit von den weltweit umfassendsten Gesetzen zum Schutz perso- nenbezogener Daten und der Privatsphäre. Unternehmen und öffentliche Stellen sind zudem verpflichtet, transparent und nach- vollziehbar darzulegen, wie sie diese Gesetze anwenden.
In der EU verkaufte Lebensmittel und Geträn- ke müssen auf dem Etikett eine ausführliche Nährwertdeklaration enthalten, anhand de- rer Verbraucher:innen prüfen können, wie viel Zucker, Salz oder Kalorien beispielsweise ein Müsliriegel, Tomatenketchup oder ein Sport- getränk enthält. Die verpflichtende Allergen- Kennzeichnung hat es für Allergiker:innen in der EU einfacher und sicherer gemacht, Lebens- mittel zu kaufen oder essen zu gehen.
Dubiose Finanzakademie lockt Junge mit Leben im Luxus „IM Academy“ verspricht Reichtum im Nu und kostet nur Geld.
VERFÜHRT. Besorgt wand- te sich eine Mutter an die AK, „denn mein Sohn (20) chattet seit Neuestem intensiv mit IM Academy, hat Seminare gebucht und will auch auf Events nach Deutschland fahren. Habt ihr von dieser Organisation schon etwas gehört?“ Ja, das haben wir. Und zwar mehr, als uns lieb ist. Die IM Mastery Academy gehört zu einer Vielzahl du- bioser Finanzgurus, die Ju- gendlichen online das Blaue vom Himmel versprechen. Traum vom schnellen Geld Die besorgte Mama hat recherchiert: „Angeblich gibt es Schulungen zu Tra- ding usw., man soll auch Freund:innen anwerben. Ich glaub, da soll den Jungen nur das Geld aus der Tasche gezogen werden und man arbeitet mit dem Traum vom schnellen vielen Geld.“ Besser kann man es kaum beschreiben. Aus all diesen Gründen warnt die deutsche
Bundesanstalt für Finanz- dienstleistungsaufsicht (Bafin) vor solchen Finanz- akademien. „Sie locken vor allem junge Leute mit der Aussicht, dass man bei ih- nen lernen könne, schnell reich zu werden – etwa durch den Handel mit Wäh- rungen oder Kryptowerten.“ Dass entsprechende Kur- se mehrere hundert Euro im Monat kosten können, neh- men die begierigen „Millio- när:innen in spe“ in Kauf. Dabei ist der Erfolg laut Ba- fin „äußerst fraglich“. Die IM Mastery Acade- my der International Mar- kets Live Inc. aus New York etwa kostet 274,95 US-Dol- lar im Monat. Dafür bietet sie „Trainings“ an und ein mehrstufiges Vergütungs- system für das Anwerben neuer Kund:innen. Mehrere Aufsichtsbehörden warnen vor IM. Auch Bafin setzte IM auf die Warnliste. Die hilfe- suchende Mutter hat ihrem Sohn bereits vergeblich ge-
raten, eine Bankberaterin ins Vertrauen zu ziehen: „Er ist wie geblendet. Ich weiß, mein Sohn ist schon voll- jährig, aber trotzdem will ich nicht tatenlos zusehen. Habt ihr eine Idee?“ Tatsäch- lich bestätigen auch die der AK Vorarlberg vorliegenden Fälle, dass die Werbeveran- staltungen von IM wie eine Gehirnwäsche wirken. Lam- borghini statt Mathe-Schul- arbeit? Dagegen kommt man schwer an. Behörden werden aktiv Immerhin: Die Finanz- marktaufsicht in Wien lässt über die Staatsanwaltschaft strafrechtliche Tatbestän- de prüfen. Die spanische Polizei hat 2022 bereits acht führende Köpfe der IM Aca- demy festgenommen. In- dessen versprechen obskure Anbieter wie die IM Acade- my weiterhin ein Leben wie in einem Instagram-Post, und immer wieder tappen Jugendliche in die Falle.
Kein gutes Ruhekissen …
SCHLAFLOS. In Windeseile ist das Frankfurter Start-up Emma zu einem der größten Matratzenanbieter Deutsch- lands geworden. Gute Be- wertungen der Stiftung Wa- rentest halfen dabei kräftig. Auch hierzulande sind Em- ma-Matratzen heiß begehrt. Die Werbung verfängt immer wieder: Da ist von geradezu märchenhaften Konditionen die Rede, von bis zu 55 Prozent Rabatt, zehn Jahren Garantie und 100 Nächte Probeschla- fen inklusive. Die Lieferung erfolgt gratis. Böses Erwachen Doch der Strauß der Verhei- ßungen welkt rasch, Kund:in-
nen erleben eine harte Landung: Auch beim Konsu- mentenschutz der AK häufen sich aktuell die Beschwerden, Bewertungsseiten im Inter- net quellen über vor verhee- renden Beurteilungen für den grottenschlechten Ser- vice des Unternehmens. Da wird bestellte Ware gar nicht geliefert, aber verrechnet und gemahnt. Kund:innen war- ten Monate lang … für nichts. Glücklich, wer sein altes Bett noch behalten hat. „Diese Firma raubt Kund:innen den Schlaf“, titelte die Sendung „Kassensturz“ des Schweizer Fernsehens ihren Bericht. Die tristen Erfahrungen der Kund:innen, die „Kassen-
sturz“ zu Wort kommen ließ, kennt AK Konsumenten- schützer Franz Valandro nur zu gut: Auch seine Schreiben prallten an einer Mauer auto- matisch generierter, nichts- sagender Antworten von „Emma Matratze“ ab. „Selbst auf ein Einschreiben der AK hat das Unternehmen nicht reagiert.“ Wenigstens geht es bei den Fällen der AK „nur“ um teilweise fehlende Rücker- stattungen, an das Schicksal einer Schweizer Kundin kom- men sie nicht ran: Sie hat ein Jahr lang vergeblich auf ein Emma-Bett gewartet: „Nur die Mahnung war pünktlich, vom Bett keine Spur.“
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