4 Politik und Arbeit
März 2023
AK-STA Das deutlic des Die Lohnquote liegt im Ländle deutlich unter viele Menschen nicht mehr wissen, wie sie di Bernhard Heinzle u
Unterdurch- schnittlicher Anteil am Erfolg und überdurch- schnittliche Gewinne
NICHT GERECHT. In kei- nem anderen österreichi- schen Bundesland ist die Stundenproduktivität so hoch wie hierzulande. Trotz- dem verlangen Wirtschafts- vertreter wegen des Arbeits- kräftemangels noch mehr Arbeit und Flexibilität. Bei der Verteilung des Erfolgs hingegen üben sie maximale Zurückhaltung. Und das bei der Teuerung! So liegt die Lohnquote in Vorarlberg deutlich un- ter dem österreichischen Durchschnitt, die Gewinn- quote entsprechend darüber. „Den arbeitenden Menschen gönnt man nur den kleine- ren Teil des Kuchens“, kriti- siert AK-Präsident Bernhard Heinzle. „Und das in einer Situation, in der viele Men- schen nicht mehr wissen, wie sie die aktuelle Teuerung noch stemmen sollen oder wie sie zu leistbarem Wohn- raum kommen.“ Die AK Vorarlberg hat eben ihr neues Standort-Ra- ting veröffentlicht. Dort steht es schwarz auf weiß: 2023 ist die Verteilung der Lohn- einkommen und der unter- nehmerischen Gewinne in keinem anderen österrei- chischen Bundesland so un- gleich wie in Vorarlberg. „Ob- wohl die Beschäftigten im Ländle die höchste Produkti- vität zuwege bringen, ist der Anteil am erwirtschafteten Erfolg der geringste in Öster- reich“, bringt es AK-Präsident Heinzle auf den Punkt. Ost-West-Gefälle 2020 flossen knapp 47 Cent pro erwirtschaftetem Euro in die Lohneinkommen, im Ös- terreichschnitt waren es hin- gegen 50 Cent und in Wien sogar knapp über 53 Cent. Bei den Unternehmensein- kommen hingegen liegt Vor- arlberg deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Diese asymmetrische Verteilung zeigt sich auch klar in der Entwicklung der Einkommen. So ist das Ar- beitnehmer:innenentgelt pro beschäftigter Person in den Jahren 2008 bis 2018 um 26 Prozent angestiegen, während das zu versteuern- de Einkommen der Unter- nehmen im selben Zeitraum um 39 Prozent gestiegen ist. Überhaupt ist die Lohnquo- te, also der Anteil der Lohn- einkommen am gesamten
DER ERFOLG der Vorarl- berger Wirtschaft ist den arbei- tenden Menschen geschuldet. Ihnen gebührt ein deutlich größeres Stück vom Kuchen, betonen AK-Direktor Rainer Keckeis und AK-Präsident Bernhard Heinzle.
AK Vorarlberg legt seit 2016 die dritte Ausgabe des Standort-Ratings vor. Corona- Pandemie, Energiekrise und Rekordinflation haben markante Spuren hinterlassen Leistungsträger:innen in den Fokus
RATING. Der Wirtschafts- standort Vorarlberg lebt von guten Fachkräften, das wird in Debatten um die Qualität des Standorts leider oft ver- gessen. Herausforderungen wie Klimakrise, Arbeitslo- sigkeit und Armutsgefähr- dung, Fachkräftemangel oder kaum verfügbares leist- bares Wohnen werden sich mit steigenden Exportzah- len und Wirtschaftswachs- tum allein nicht bewältigen lassen. Die Perspektive muss um soziale Komponenten erweitert werden. Mit den Vorarlberger Arbeitneh- mer:innen gehören die wah- ren Leistungsträger:innen in den Mittelpunkt der Debatte gestellt. Das Standort-Rating präsentiert Kennzahlen für und aus dem Blickwinkel von Arbeitnehmer:innen. Pandemie, Rekordinfla- tion und Energiekrise – im diesjährigen Spotlight be- schreibt das aktuelle Stand- ort-Rating die „Krisenfolgen“ für die Vorarlberger:innen. Ein Einblick: • Zwar haben wir inzwi- schen weniger Arbeitslose als vor der Corona-Krise, doch liegt der Anteil der
Langzeitbeschäftigungslo- sen noch immer bei 17 Pro- zent. • Die Rekordinflation von 8,6 Prozent setzte 2022 ein- kommensschwache Haus- halte enorm unter Druck. In den vergangenen elf Jahren haben Eigentumspreise um fast 100 Prozent zugelegt, die Medianeinkommen dagegen stiegen um nur 33 Prozent. Horrende Mietpreise • Die um 42 Prozent gestie- genen Mietpreise werfen die Frage auf: Wie soll sich das ausgehen? Der gemeinnützi- ge Wohnungsmarkt macht in Vorarlberg nur 13,5 Prozent aus und liegt damit deutlich unter dem Österreichdurch- schnitt von knapp 24 Pro- zent und an letzter Stelle im Bundesländervergleich. Der Großteil der Vorarlberger:in- nen ist den Marktpreisen ausgeliefert, die in den ver- gangenen elf Jahren explo- diert sind. Die durchschnitt- lichen Häuser- (+73 Prozent) und Wohnungspreise (+73 Prozent) sind in den letzten sechs Jahren (2015–2021) in keinem anderen Bundesland so stark gestiegen wie in Vor-
Vorarlberger:innen im er- werbsfähigen Alter maximal einen Pflichtschulabschluss als höchste abgeschlossene Ausbildung. Im Vergleich zu 2017 entspricht das einer Verbesserung von weniger als einem Prozentpunkt. Das ist der höchste Anteil im Bundesländervergleich und eine ernstzunehmen- de Herausforderung für die steigenden Anforderungen und Ansprüche am Arbeits- markt. Gleichzeitig ist der Anteil der Lehrlinge in „Leh- re mit Matura“ in Vorarlberg mit 4,1 Prozent nach wie vor der niedrigste in Österreich.
arlberg. Mietpreise sind nur in Salzburg höher. • Nur 49,4 Prozent der be- treuten Kinder sind in einer Einrichtung, die es den Eltern erlaubt, einer Voll- zeitbeschäftigung nachzu- gehen. Das ist zwar eine Ver- besserung gegenüber dem Jahr 2016 um mehr als 15 Pro- zentpunkte, bedeutet aber immer noch nur den vierten Platz im Bundesländerver- gleich. Wenig überraschend also sind 71 Prozent der teil- zeitbeschäftigten Frauen Mütter, während es bei voll- zeitbeschäftigten Frauen nur 37 Prozent sind. Dabei würde die Erhöhung der Frauener- werbstätigkeit, vor allem in Vollzeitbeschäftigungen, in besseren Einkommensver- läufen resultieren und vor Prekarität und Altersarmut schützen. Eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration von Frauen, Älteren und Zu- wander:innen ist für den So- zialstaat und damit für den Wohlstand von zentraler Be- deutung. Bildungslücken • Im Jahr 2021 hatten im- mer noch 17,3 Prozent der
Volkseinkommen, in Öster- reich seit Langem rückläufig: Lag sie 1975 noch bei rund 75 Prozent, ist sie bis 2017 auf knapp 68 Prozent gesunken. Die wesentlichsten Gründe dafür waren die Intensivie- rung der Kapitalintensität der Produktion sowie die Globalisierung. Sie hat die Verhandlungsmacht der Ar- beitnehmer:innen und der Regulierungsbehörden auf nationaler und internationa- ler Ebene enorm geschwächt und gleichzeitig jene der mul- tinational agierenden Unter- nehmen erstarken lassen. Ungerechtigkeit wächst Die Ungerechtigkeit spitzt sich weiter zu. Denn auch die negativen Effekte der di- versen Krisen wie Pandemie, Ukraine-Krieg oder Teue- rung sind ungleich verteilt. Der Anteil der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Bevölkerung lag in den Jahren 2019 bis 2021 bei 24 Prozent und war da- mit am zweithöchsten im Bundesländervergleich. Laut der letztverfügbaren Konsumerhebung der Sta- tistik Austria war 2019/20 der Anteil von Wohnen und Energie mit 25,7 Prozent ge- messen an den monatlichen Verbrauchsausgaben eben- falls der zweithöchste. Vor allem die Wohnkosten ex- plodierten, die Wohnungs- und Häuserpreise legten von 2015 bis 2021 um 73 Prozent
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Arbeiterkammer Vorarlberg
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Vorarlberger:innen am produktivsten im Bundes- ländervergleich
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