AKtion März 2023

2 Meinung und Politik 

März 2023

Was für eine vertane Chance: Statt auf einen Mietpreisstopp für alle Wohnungsmie- ter:innen einigt sich die Regierung nur auf Einmalzahlungen, die weder die Inflation mildern noch langfristig wirken, kritisiert AK-Präsident Bernhard Heinzle. „So wer- den die Mieter:innen, die nicht mehr zurande kommen, zu Almosenempfängern.“ Mieter werden so Almosenempfänger

LEITARTIKEL Wenig belohnter Fleiß

Viel arbeiten, bescheiden und dankbar sein für das, was man an Einkommen aus Arbeit erhält – das wäre wohl der optimale Arbeit- nehmer aus Unternehmersicht. Aber ist das wirklich so, zahlen unsere Unternehmer:innen zu schlecht? Tatsache ist doch, dass die Arbeitnehmer:innen in vielen Branchen mehr als ihre Kolleg:innen in anderen Bundesländern verdienen. Trotzdem stimmt die Aus- sage, dass die Vorarlberger Unternehmen schlecht bezahlen. Und zwar, wenn man sich anschaut, was denn in den Vorarlberger Be- trieben geleistet wird. Und da liegen wir an der Spitze Österreichs. Es zeigt sich, dass der Anteil, den unsere Arbeitnehmer:innen an jedem von ihnen miterwirtschafteten Euro erhalten, deutlich unter jenem liegt, den ein Arbeitnehmer im übrigen Österreich erhält. , Bessere Bezahlung löst Anders ausgedrückt: Dafür, dass wir so fleißig sind, ist die Bezah- lung unterdurchschnittlich. Kein Wunder also, dass bereits über 15.000 in Vorarlberg wohnhafte Facharbeiter:innen ihr Einkom- men lieber in den benachbarten Ländern verdienen als im Ländle. Weil im gleichen Atemzug mit den bescheidenen Löhnen die Kosten für das Wohnen in Vorarlberg in den letzten Jahren völlig aus dem Ruder gelaufen sind. Daran sind nicht allein die Unterneh- mer:innen schuld, aber doch ein wenig mitschuldig. Sie investieren ihre Gewinne sehr oft in Immobilien und nicht in ihre Betriebe. Das aber sagt nicht die AK, nein, diese Kritik kommt von der Europäi- schen Investitionsbank, die festgestellt hat, dass US-amerikanische Unternehmen mehr in ihre Betriebe investieren und damit mittel- fristig wettbewerbsfähiger werden, hingegen europäische Unter- nehmer:innen viel öfter Wohnungen kaufen. Ob das in Vorarlberg auch so ist, kann jeder selbst beurteilen. Ein kritischer Blick ins Land gibt Aufschluss. das Facharbeiterproblem in Vorarlberg auf der Stelle. Rainer Keckeis Direktor der AK Vorarlberg

ENTTÄUSCHT. „Wir hatten bis zu- letzt auf eine gute Lösung gehofft“, betont Heinzle, denn „solange kei- ne vernünftige Mietpreisbremse kommt, die für alle Mieter:innen gilt, ist für etwa 20 Prozent der Vor- arlberger Hauptwohnsitzhaushalte, die in Miete sind, langfristig nichts gewonnen“. Jetzt hat die Regierung deutlich gezeigt, dass ihr die Ver- mieter:innen wichtiger sind. Damit bleibt das Grundproblem bestehen. In Vorarlberg kommen die Mie- terschutzbestimmungen hinsicht- lich der Mietzinshöhe nur in seltenen Ausnahmefällen zur Anwendung. Die meisten Mietwohnungen in Vor- arlberg befinden sich in Ein- oder Zweifamilienhäusern, in Eigen- tumswohnanlagen, die nach 1945 gebaut wurden, oder in Mehrfami- lienhäusern ohne Wohnungseigen- tum, die nach 1953 und ohne Zuhil- fenahme öffentlicher Fördermittel entstanden sind. Für diese Wohnun- gen gilt auch weiterhin kein gesetz- licher Preisschutz wie bei Kategorie- mietzins oder Richtwertmietzins. Es gilt stattdessen das freie Spiel der Marktkräfte. Die Miethöhe samt Wertsicherungsklausel kann ver- traglich frei vereinbart werden. Da- bei müssen weder der Erhaltungszu- stand noch der energetische Zustand des Gebäudes eine Rolle spielen. Geplatzter Traum vom Eigenheim „In Vorarlberg bedroht die Teuerung mittlerweile den Mittelstand“, be- tont Heinzle. Für viele ist der Traum von Haus oder Eigentumswohnung ohnedies nicht mehr realisierbar, sie sind auf den freien Mietwohnungs- markt angewiesen. Ständig steigende Mieten werden sogar in den befristeten Mietverträ- gen regelmäßig wertgesichert nach Verbraucherpreisindex vereinbart. Die Regelungen des Richtwertge- setzes, wonach eine Mietanpassung

AK-Präsident Heinzle: „Viele sind auf den Mietwohnungsmarkt angewiesen und vielfach vertraglicher Willkür ausgesetzt.“

grundsätzlich nur alle zwei Jahre erfolgt, oder die Schutzbestimmun- gen des Mietrechtsgesetzes, wonach eine rückwirkende Mieterhöhung ausgeschlossen ist, kommen dabei nicht zur Anwendung. Wurde z. B. vereinbart, dass eine Mietanpassung immer dann erfolgt, wenn die Infla- tionsrate um mehr als drei Prozent gestiegen ist, konnte der Hauptmiet- zins im Jahr 2022 sage und schreibe

oder älter sind.

Für die meisten Mietwohnungen in Vorarlberg gelten im Wesentlichen nur die Kündigungsschutzbestim- mungen des Mietrechtsgesetzes. Doch auch diese haben nicht allzu viel Bedeutung, wenn Wohnungs- mietverträge auf nur drei Jahre be- fristet werden dürfen. „Die AK for- dert deshalb, dass die Möglichkeit, befristete Verträge abzuschließen, für gewerbliche Vermieter abge- schafft wird“, unterstreicht Heinzle. Anwendungsbereich schrumpft Eine Mietrechtsreform ist drin- gend erforderlich. Mit jedem Jahr, in dem es zu keiner vernünftigen Mietrechtsreform kommt, wird der volle Anwendungsbereich der Mie- terschutzbestimmungen immer kleiner, da ständig Neubauten da- zukommen. Die Gebäude, für die das Mietrechtsgesetz mit all seinen Schutzbestimmungen für Mie- ter:innen noch gilt, müssen immer noch älter sein. Der Anwendungs- bereich des vollen Mieterschutzes schrumpft so seit 1945.

▸ E-Mail: direktion@ak-vorarlberg.at

drei Mal erhöht werden! Stichwort Betongold!

GASTKOMMENTAR Verordnet der Staat Armut? Täglich kommen Menschen zu uns in die Beratung, deren Spar- potenzial ausgereizt ist. Jeder muss essen, trinken, wohnen und heizen. Lebensmittel plus 16,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, Mehl plus 22 Prozent, Milch, Käse und Eier plus 23 Prozent, stei- gende Mieten und Energiekosten. Wie soll sich das für Menschen mit geringem Einkommen, Familien mit Kindern, aber auch Alleinstehende ausgehen? ▸ Mehr Info MMag. Simone Strehle-Hechenberger leitet die ifs Schuldenberatung. Online unter https://www.ifs.at/schulden­ beratung.html erreichbar. , Wie soll sich das für Menschen mit geringem Einkommen nur ausgehen? Simone Strehle-Hechenberger Institut für Sozialdienste, Schuldenberatung Wenn die Rechnungen nicht mehr bezahlt werden können, kann es zur Pfändung des Einkommens kommen. Und hier sieht der Gesetzgeber vor, dass der unpfändbare Teil, der einem Menschen ohne Unterhaltsverpflichtungen bleibt, also das Existenzmini- mum, 1110 Euro beträgt. Die Armutsgefährdungsschwelle liegt bei 1370 Euro. Und der Dachverband der Schuldenberatungen hat berechnet, dass ein Mensch in Österreich ohne Auto und Urlaub mit der Möglichkeit zur minimalen sozialen Teilhabe 1459 Euro benötigt. Die Folge ist, dass sich viele weiter verschulden. Wenn sich ein Leben ohne Neuverschuldung aber nicht ausgeht, ist es auch nicht möglich, sich mittels Privatinsolvenz zu ent- schulden, man bleibt auf Jahre ohne Perspektive. Mittlerweile muss man sich die Privatinsolvenz leisten können. Doch Men- schen, die entschuldet sind, nehmen weniger Sozialleistungen in Anspruch, sind weniger krank und leisten wieder einen Beitrag zum Sozial- und Wirtschaftssystem. Deshalb ist es notwendig, das Existenzminimum schnellstmöglich anzuheben!

Mieter:innen auf dem freien Woh- nungsmarkt müssen die Inflation eins zu eins abgelten, damit Ver- mieter:innen die Miete inflations- gesichert bekommen, unabhängig davon, ob die Wohnung seit Jahr- zehnten ausfinanziert ist und in welchem Erhaltungszustand die Wohnung und das Gebäude sind. Stichwort Betongold! Das Mietrechtsgesetz altert zu- sehends vor sich hin, wenn es mit allen seinen Schutzbestimmungen nur für Wohnanlagen und Mehrfa- milienhäuser gilt, die heute 70 Jahre

Achtung: Verlängerung erforderlich! Berufsberechtigung für Gesundheitsberufe endet nach fünf Jahren – Team der AK gerne behilflich Hilfestellung

Das Team des Gesund- heitsberuferegisters der AK Vorarlberg hilft Ihnen bei Fragen gerne weiter. Auch können Sie hier die Broschüre „Berufs- berechtigung verlängern: So funktioniert es“ per E-Mail unter gbr@ak-­ vorarlberg.at oder telefo- nisch unter 050/258 DW 2700 anfordern. ▸ Alle Infos auf den Websites der Registrierungsbehörden Arbeiterkammer (ak-vorarlberg. ag/gbr) und GÖG (gbr.goeg.at)

REGISTER. Seit 1. Juli 2018 ist für Angehörige der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe sowie der ge- hobenen medizinisch-technischen Dienste die Eintragung in das Ge- sundheitsberuferegister Voraus- setzung, um im jeweiligen Gesund- heitsberuf tätig werden zu dürfen. In Vorarlberg hat die Arbeiter- kammer bis Ende 2022 insgesamt 7865 Registrierungen vorgenom- men. Allein 3933 Personen wurden im Jahr 2018 erstregistriert. Die Berufsberechtigung ist fünf Jahre lang gültig. Das heißt, sie endet für jene Personen, die im Jahr 2018 re- gistriert worden sind, im heurigen Jahr.

Diese Personen müssen also heuer die Verlängerung beantra- gen, wenn sie weiter in ihrem Be- ruf tätig sein wollen. Die Verlän- gerung ist frühestens drei Monate vor Ablauf der Berufsberechtigung möglich. Auf der Rückseite des Berufsausweises steht, wann die Gültigkeit der Berechtigung en- det. Läuft sie z. B. am 30.6.2023 ab, kann die Verlängerung ab 1.4.2023 beantragt werden. Rechtzeitig vor Ablauf der Berufsberechtigung erhalten die Betroffenen auto- matisch eine schriftliche Erinne- rung, entweder an die von ihnen bekanntgegebene E-Mail-Adresse oder per Post.

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