Politik 15
März 2023
Von wegen gleich! UNGERECHT. Das Thema ist einfach zu wichtig, als dass es am 112. Weltfrauentag am 8. März einmal kurz hoch- kocht und dann wieder ins Vergessen gerät. Die Gleich- stellung von Mann und Frau
Die unselbständig erwerbstä- tigen Männer brachten es auf ein Median-Einkommen von 41.367 Euro. Na klar, wegen der Teilzeit! Nein, das allein erklärt es nicht: Selbst bei den ganzjährig Vollzeitbeschäf- tigten betrug das Verdienst- gefälle 2019 in Vorarlberg 23,3 Prozent. Selten an der Spitze Frauen bilden fast überall das Schlusslicht. Von 12.800 Vorarlberger Führungskräf- ten sind gerade einmal 3000 Frauen. Nur sechs von 96 Vor-
fentlicht. So arbeiten im Land zwar annähernd gleich viele Frauen wie Männer, aber nur 30 Prozent der Frauen haben Vollzeitstellen. Dieser Anteil hat sich seit 2006 praktisch nicht verändert. Warum ist das so? Weil Frauen unbe- zahlte Hausarbeit leisten, an der fehlenden Kinderbetreu- ung scheitern und in der Re- gel die Pflege von Angehöri- gen tragen müssen. Im Jahr 2019 verdienten die Arbeitnehmerinnen in Vorarlberg durchschnittlich 21.719 Euro brutto im Jahr.
arlberger Gemeinden werden von einer Frau regiert. Im- merhin hat sich der Anteil der weiblichen Landtagsabgeord- neten nach der Wahl 2019 auf 41,7 Prozent erhöht. Für einen Bürger:innen-Rat Damit endlich etwas weiter- geht, fordert eine Initiative nun vom Land die Gründung eines Bürger:innen-Rats für „Care-Arbeit und Vereinbar- keit“. Denn es darf nicht län- ger sein, dass sich Frauen, wie das die Philosophin Rebekka Reinhard in der AK-Vortrags-
Frauen sind auch für die Kinder zuständig: 96,7 Pro- zent der Menschen in Elternkarenz sind Frauen.
kommt nicht vom Fleck. Beruflich benachteiligt
Gruppierungen in der AK- Vollversammlung um ihre Meinung,
Auch und gerade in Vorarl- berg nicht; ein Blick in den Gleichstellungsbericht 2021 spricht Bände. Der Europäi- sche Sozialfond, das Land, der ÖGB und die AK haben erschreckende Zahlen veröf-
reihe „Wissen fürs Leben“ pointiert zum Ausdruck brachte, als „Super-Woman“ zwischen all ihren Obliegen- heiten bis zur völligen Er- schöpfung aufreiben. Wir baten die politischen
▸ Unterschrei- ben Sie hier für die Gründung des Bürger:innen-Rats.
Liste AK-Präsident Bernhard Heinzle – FCG
Liste Manuela Auer – FSG
Digitaler Wandel schreit geradezu nach Gleichstellung
Lösungen liegen längst auf dem Tisch
bedroht. Es ist lächerlich, wie die ÖVP damit umgeht. Landeshauptmann Wallner ersucht um mehr „Realitäts- sinn“, wenn wir einen Rechts- anspruch auf Kinderbildung fordern, damit Frauen bessere Möglichkeiten am Arbeits- markt haben. Die „christlich soziale“ ÖVP lebt offenbar in einer anderen Realität! Während viele Alleinerzie- hende finanziell kaum über die Runden kommen, Kinder aus einkommensschwachen
zahlung, bislang ungeklärt bleibt. Veränderung wäre hier dringend, denn gerade der digi- tale Wandel in der Arbeitswelt schreit nach Gleichstellung. Digitalisierung verändert die Arbeitswelt: Gerade frauendo- minierte Branchen sind stark betroffen. Der technologische Wandel ändert aber nichts an großen Ungleichheiten bei Arbeitszeit und Einkommen. Konsequente Gleichstellungs- politik ist gerade in Phasen der Veränderung wichtig, um
Arbeitsmarktchancen von Frauen zu verbessern. Ange- setzt werden muss in der Schu- le, in der beruflichen Aus- und Weiterbildung, der Lohnpoli- tik und der Arbeitszeitgestal- tung. Bessere Vereinbarkeit braucht geschlechtergerechte Arbeitszeiten und Kinderbe- treuungsplätze statt „Arbeits- zeitderegulierung“ unter dem Deckmantel der Digitalisie- rung. ▸ E-Mail: bernhard.heinzle@ ak-vorarlberg.at
Familien nachweislich ihrer Chancen beraubt werden, steht die ÖVP beim Ausbau der Kinderbildungsangebote wei- ter auf der Bremse. Sieht so ein „chancenreichstes Land“ aus? Mit einem Rechtsanspruch müsste die ÖVP endlich in die Gänge kommen. Familien be- kommen die notwendige Un- terstützung und werden nicht länger ihrem Schicksal über- lassen. Das ist Realitätssinn! ▸ E-Mail: manuelaauer@ manuelaauer.at
Bernhard Heinzle
Manuela Auer
UNGLEICHHEIT. Unbezahlte Hausarbeit, Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen machen es Frauen schwer, be- rufstätig zu sein. Dazu kommt, dass der überwiegende Teil des sogenannten „Gender Pay Gap“, also der niedrigeren Be-
RAUBZUG. Es sind vor allem Frauen, die sich um Kinder, Pflege von Angehörigen etc. kümmern und deshalb nur Teilzeit arbeiten können. Sie verdienen weniger, haben geringere Karrierechancen und sind stärker von Armut
Liste Freiheitliche + Parteifreie Arbeitnehmer – FA
Liste Heimat aller Kulturen – HaK
Echte Verbesserungen für Frauen statt Gendern
Vorarlberg: Gleichstellung durch digitale Chance
jedoch sieht die Realität an- ders aus. Hier bietet die Digi- talisierung eine Chance, um die Geschlechtergerechtig- keit zu verbessern. Die Digi- talisierung ermöglicht neue Arbeitsmodelle, die tradi- tionelle Geschlechterrollen aufbrechen. Unternehmen sollten verstärkt auf flexible Arbeitszeiten und Homeoffi- ce setzen, um die Vereinbar- keit von Beruf und Familie zu erleichtern. Zudem können digitale Netzwerke genutzt
ber mit Randthemen. Für uns ist klar: Das Gendern und das Binnen-I bringen keine ein- zige Frau in Vorarlberg wei- ter, sondern lenken nur von den echten Problemen ab. Die Prioritätensetzung vor allem der linken Parteien ist also völlig falsch. Entscheidend sind allein die umgesetzten Maßnahmen, die auch tat- sächlich Verbesserungen für die Frauen bringen. Doch die- se Verbesserungen lassen seit Jahren auf sich warten.
Vor allem im Bereich der Kinderbetreuung ist vieles zu tun. Wir sagen: Es braucht so- wohl eine bessere finanzielle Förderung der familieninter- nen Kinderbetreuung für all jene, die länger bei ihren Kin- dern zu Hause bleiben möch- ten, als auch ein leistbares und besseres Angebot an externer Kinderbetreuung für all jene, die rasch wieder in den Beruf einsteigen möchten. ▸ E-Mail: michael.koschat@ fpoe-satteins.at
werden, um Frauen in Füh- rungspositionen sichtbarer zu machen und ihre Kom- petenzen zu stärken. Auch Männer sollten in diesen Pro- zess miteinbezogen werden. So kann eine tatsächliche Gleichstellung erreicht wer- den. Durch die Digitalisie- rung können somit Chancen für eine geschlechtergerech- te Zukunft in Vorarlberg ge- schaffen werden. ▸ E-Mail: info@hak-online.at
Michael Koschat
Beyaz Yoğurtçu- Acar
PERSONALMANGEL. Bei uns im Land gibt es in einigen Bereichen noch immer Be- nachteiligungen von Frauen gegenüber Männern. Anstatt aber endlich die notwendigen Verbesserungen zu schaffen, beschäftigt sich die Politik lie-
CHANCEN. Um die Gleich- stellung von Frauen und Män- nern in Vorarlberg zu fördern, müssen gesellschaftliche Normen und Stereotypen auf- gebrochen werden. Zwar sind Frauen und Männer in Öster- reich rechtlich gleichgestellt,
Liste NBZ – Neue Bewegung für die Zukunft
Liste Gemeinsam – Grüne und Unabhängige
Fair teilen – bezahlte und unbezahlte Arbeit
Haben wir die Gleichstellung der Geschlechter?
also mehr Transparenz. Es muss sichtbar werden, wo Ungleichheiten und Unge- rechtigkeiten bestehen. Erst dann können sich Frauen auch entsprechend wehren. In Berufen mit einem hohen Frauenanteil sind die Ge- haltstabellen schlechter als in typischen Männerberufen. Die Kollektivvertragspolitik der Gewerkschaften muss sich zum Ziel setzen, dem ent- schieden entgegenzuwirken und Frauenarbeit aufzuwer-
ten. Dafür ist mehr Solidari- tät zwischen Branchen und Gewerkschaften notwendig. Außerhalb des Jobs brauchen wir eine faire Verteilung un- bezahlter Haus- und Betreu- ungsarbeit zwischen den Ge- schlechtern. Dafür brauchen Familien ein qualitativ hoch- wertiges und quantitativ aus- reichendes Betreuungs- und Bildungsangebot für Kinder und in der Pflege. ▸ E-Mail: sadettin.demir@ gemeinsam-ug.at
schritte ja, aber wir sind noch sehr weit entfernt von der Gleichstellung. Wir werden es dann schaffen, wenn alle Menschen die gleichen Rechte und Chancen haben, und vor allem, wenn die Frauen für die gleichwertige Arbeit genauso bezahlt werden wie die Män- ner. Gleichstellung bedeutet, wenn Männer und Frauen in politischen Ämtern, den Vorstandsetagen und bei der Arbeit gleich stark vertreten sind, Frauen gleiches Mitspra-
cherecht bei allen Entschei- dungen haben. Menschen jedes Geschlechts fühlen sich gleichberechtigt. Wir müs- sen dringend den Zwang los- werden, uns den historischen Geschlechterstereotypen an- zupassen, die uns seit Genera- tionen einschränken. Durch Lernprozesse können veraltete männliche Verhaltensweisen in Haltungen umgewandelt werden. ▸ E-Mail: info@nbz-online.at
Adnan Dincer
Sadettin Demir
DRINGEND. Vor fast 30 Jahren haben 193 Länder bei der Weltfrauenkonferenz be- schlossen, Maßnahmen zu ergreifen, welche die Gleich- stellung der Geschlechter garantieren. Haben wir es geschafft? Einige kleine Fort-
TRANSPARENZ. Wir wis- sen, dass Frauen bei gleicher Qualifikation und gleicher Leistung im Durchschnitt weniger verdienen. Welche Frau wie und wo konkret dis- kriminiert wird, wissen wir meist nicht. Wir brauchen
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