Politik 15
November 2024
Wohnen ist die größte Baustelle Wohnen in Vorarlberg: höchste Mieten, kaum ge- meinnütziger Wohnbau und unleistbares Eigentum
▸ Podiumsdiskussion der AK vor der Landtagswahl: Die Parteien sagten, was sie den Vorarlber- ger:innen beim Wohnen in Aussicht stellen.
AUFTRAG. Aus den regelmäßigen Umfragen und den Beratungen weiß es die AK Vorarlberg schon lange: Der Wunsch nach leistbarem Wohn- raum brennt den Vorarlberger:innen so heftig wie kaum ein anderer unter den Nägeln. Das haben auch die politi- schen Parteien vor der Landtagswahl in ihren Ansagen berücksichtigt. Die Frage ist: Was bleibt? Wie wird die neue Landesregie- rung das Thema Wohnen angehen?
Wird es reichen, den bestehenden so- zialen Wohnbau nachzuverdichten und zu sanieren? Ist der Bodenfonds mit vorläufig zwei Projekten in Düns und Fußach und einem Startkapital von zwei Millionen Euro nicht viel zu schwach aufgestellt? Wie viele neue Wohnungen braucht das Land? Wie soll man mit dem Thema Miete um- gehen? Wir fragten die in der AK Voll- versammlung vertretenen politischen Gruppierungen um ihre Meinung.
Liste Manuela Auer – FSG
Liste AK Präsident Bernhard Heinzle – FCG
Leistbares Wohnen ist Standortsicherung
ÖVP/FPÖ-Wohnbaupolitik ist ziellos, planlos, mutlos
Wohnung sind lang. Anstatt in diesen Bereich weiter zu in- vestieren, hat die alte Landes- regierung die Förderung zu- rückgeschraubt. ÖVP und FPÖ haben sich nun nicht einmal mehr ein Ziel für den Ausbau gesteckt – ein Armutszeugnis. Mehr leistbare Wohnungen hätten einen positiven Ef- fekt auf den Gesamtmarkt und würden die Mieten nach unten drücken. Zusätzlich braucht es Maßnahmen in der Raumplanung, um Spekulati-
ten Bodenfonds ist sympto- matisch: ein richtiger Schritt, aber viel zu zaghaft umge- setzt. Wenn die Regierung die Wohnungsfrage nicht löst, gefährdet sie den von ihr beschworenen Wirtschafts- standort fundamental. Denn welche Fachkraft wird noch zu uns kommen, wenn selbst gut Verdienende sich das Le- ben hier kaum leisten kön- nen? Es braucht Taten: den sozialen Wohnbau massiv ausbauen, die Erhöhung von
Mietpreisen bis 2030 auf zwei Prozent pro Jahr deckeln, die Spekulation beim Erwerb von Grundstücken stoppen und die Befristung von Miet- verträgen für gewerbliche Vermieter verbieten. Zudem fordern wir, dass die Arbeiter- kammer ein Beratungs- und Stimmrecht im Wohnbauför- derungsbeirat bekommt. Die Zeit der Ankündigungspoli- tik muss jetzt vorbei sein! ▸ E-Mail: bernhard.heinzle@ ak-vorarlberg.at
onen zu unterbinden. Die Lan- desregierung muss dem öf- fentlichen Wohnbau Vorrang geben. Und es braucht eine echte Leerstandsabgabe, die dazu dient, dass leerstehen- der Wohnraum auch wirklich zur Verfügung gestellt wird. Dabei sei der Landesregierung mitgegeben: „Wer nicht weiß, wo er hin will, darf sich nicht wundern, wenn er woanders ankommt.“ (Mark Twain) ▸ E-Mail: manuelaauer@ manuelaauer.at
Manuela Auer
Bernhard Heinzle
TATEN. Im Wahlkampf über- boten sich die Parteien mit Versprechen, doch das Re- gierungsprogramm lässt be- fürchten, dass wir nur warme Worte serviert bekommen. Die halbherzige Einrichtung des von uns lange geforder-
ARMUTSZEUGNIS. Die Lage am Wohnungsmarkt ist katastrophal. Viele Vor- arlberger:innen müssen bis zur Hälfte ihres Einkommens für ein Dach überm Kopf aus- geben. Die Wartelisten für eine leistbare, gemeinnützige
Liste Freiheitliche Arbeitnehmer – FA
Liste Heimat aller Kulturen – HaK
Leistbaren Wohnraum für Vorarlberger:innen schaffen
Bezahlbares Wohnen: Zeit für konkrete Maßnahmen
denden Schwerpunkt dabei sehen wir in der Schaffung von günstigen Startwoh- nungen. Das soll etwa in den kommenden Jahren über den Ausbau des Angebots an VO- GEWOSI-Startwohnungen mit einer Monatsmiete von 550 Euro erfolgen. Wir for- dern zudem, dass zukünftig bei der Wohnungsvergabe entsprechende Deutsch- kennnisse und die Melde- zeit in Vorarlberg stärker be- rücksichtigt werden, um die
Chancen der Vorarlberger:in- nen auf Zuweisung einer ge- meinnützigen Wohnung zu verbessern. Ergänzend muss die Wohnbauförderung den Erwerb von Wohneigentum weiter gezielt ermöglichen, die Wohnbeihilfe finanzielle Belastungen abfedern und eine optimierte Sanierungs- förderung die Nutzung von bisher leerstehenden Woh- nungen forcieren . ▸ E-Mail: michael.koschat@ fpoe-satteins.at
standsabgaben, um den vor- handenen Wohnraum besser zu nutzen und Spekulationen entgegenzuwirken. Auch das Land könnte als Vermieter auftreten, um die Sorgen pri- vater Eigentümer:innen zu mindern und mehr Wohn- raum zugänglich zu machen. Zudem müssen der genos- senschaftliche Wohnbau und alternative Wohnmodelle stärker gefördert werden, um eine nachhaltige Basis für bezahlbaren Wohnraum zu
schaffen. Energetische Sanie- rungen in Altbauten sollen ebenfalls gefördert werden, um zusätzlichen Wohnraum zu erschließen und den öko- logischen Fußabdruck zu re- duzieren. Solche vielfältigen Maß- nahmen können langfristig für eine Entlastung des Woh- nungsmarktes sorgen und den Bedürfnissen der Bevöl- kerung gerecht werden. ▸ E-Mail: info@hak-online.at
Michael Koschat
Beyaz Yoğurtçu- Acar
STARTWOHNUNGEN. Für uns ist wichtig, dass die neue Landesregierung das An- gebot an leistbarem Wohn- raum in Vorarlberg gezielt erweitert. Dazu braucht es vor allem mehr leistbare Wohnungen. Einen entschei-
ALTERNATIVEN. Die neue Landesregierung muss Maß- nahmen ergreifen, um leist- bares Wohnen in Vorarlberg sicherzustellen. Notwendig sind eine Beschleunigung des sozialen Wohnbaus und die Einführung von Leer-
Liste Neue Bewegung Zukunft – NBZ
Liste Gemeinsam – Grüne und Unabhängige
Unsere Vision: Sorgenfreies Wohnen
Lösungen für leistbaren Wohnraum in Vorarlberg
unter Wohnungsnot, andere lassen Wohnraum leerste- hen. Alles, was den Markt einschränkt und reguliert, ist nützlich, z. B. eine Leer- standsabgabe in wirksamer Höhe. Die AK Forderung nach einem Bodenfonds ist umzusetzen, um möglichst viel Fläche der Spekulation zu entziehen. Raumplanung, Mietrecht, Wohnbauförde- rung und alle anderen Rah- menbedingungen müssen sich an den Interessen der
verstärkte Investitionen in ge- förderte Wohnungen und die Förderung von Baugenossen- schaften massiv ausgebaut werden. Dazu gehört auch die Bereitstellung von Bauflä- chen, die nicht ausschließlich dem privaten Markt überlas- sen werden. Zusätzlich muss die Schaffung von Anreizen für private Bauträger erfolgen, um mehr leistbare Wohnun- gen zu errichten, etwa durch Steuererleichterungen oder verbesserte Förderungen.
vielen orientieren und nicht an den Profitinteressen weni- ger, z. B. sind Umwidmungs- gewinne abzuschöpfen und für den sozialen Wohnbau zu widmen. Die AK muss im Wohnbauförderungsbeirat vertreten sein. Denn es geht bei der Umsetzung eines Grundrechts auf Wohnen nicht nur um leistbares, son- dern um sorgenfreies Woh- nen. Das ist unsere Vision. ▸ E-Mail: sadettin.demir@ gemeinsam-ug.at
Ein weiterer Schritt ist, die Nutzung von Leerständen und brachliegenden Grund- stücken zu forcieren. Die An- passung von Mietrechtsge- setzen sowie die Senkung der Nebenkosten können eben- falls beitragen, die Belastung der Mieter:innen zu redu- zieren. Nur durch ein ganz- heitliches Vorgehen kann die Wohnungskrise in Vorarlberg effektiv angegangen werden. ▸ E-Mail: info@nbz-online.at
Adnan Dincer
Sadettin Demir
MARKTVERSAGEN. Woh- nen ist ein Grundrecht, das aber nicht garantiert ist. Der Markt ist das Problem und nicht die Lösung. Wohnen soll nicht der Spekulation weniger, sondern dem Wohl aller dienen. Die einen leiden
DRINGEND. In Vorarlberg stellt sich die Frage nach leist- barem Wohnraum dringlicher denn je. Die neue Landesre- gierung muss Maßnahmen ergreifen, um die Situation zu entschärfen. Zunächst sollte der Wohnbau durch
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