4 Politik und Arbeit
Februar 2022
Steuerlast gerechter verteilen AK-Präsident fordert neue Steuerstruktur mit „vernünftigen Freibeträgen“
AUSGLEICH. Die neue Studie der Österreichischen Nationalbank (OeNB) belegt überdeutlich, dass wir dringend eine andere Steuer- strukturmit höheren Beiträgen aus Vermögen und weniger aus Arbeit brauchen, betont AK-Präsident Hu- bert Hämmerle. Millionäre seien gefordert, vernünftige Freibeträge sollen jene, die sichHaus oderWoh- nung erarbeitet haben, schützen. DieOeNB ließ aufhorchen, denn das Vermögen von Millionär:innen
in Österreich könnte bisher deut- lich unterschätzt worden sein. Die Studie der Nationalbank kommt zu dem Ergebnis, dass das reichste Prozent nicht auf rund 25 Prozent, sondern auf bis zu 50 Prozent des Gesamtvermögens kommen könn- te, abhängig von den zugrunde lie- gendenAnnahmen. Zum reichsten Prozent zählen Österreicherinnen und Österreicher mit einem Ver- mögen von mehr als zwei Millio- nen Euro. Der Ruf nach Steuergerechtig- keit drängt sich auch auf, wenn man bedenkt, dass 80 Prozent des gesamten Steueraufkommens in Österreich die Arbeitnehmerin- nen und Arbeitnehmer über die Lohnsteuer und die Verbrauchs- steuern stemmen. „Wird daran nicht gerüttelt, dann zahlen die arbeitenden Menschen auch 80 Prozent der Corona-Krisenkosten. Das kann es nicht sein“, betont AK- Präsident Hubert Hämmerle, denn die Arbeitnehmer:innen hätten be- reits zum Großteil die Bankenkrise finanziert. „Diesmal müssen auch die Millionär:innen und die Millio- nen-Erb:innenmit anpacken!“ Millionär:innen und Millionen- Erb:innen dürfen seiner Ansicht
nach nicht länger außen vor blei- ben.WobeiHämmerle eines betont: „Wir brauchen bei einer möglichen Millionärs- als auch bei einer Erb- schaftssteuer vernünftige Freibe- träge. Es hat ja keinen Sinn, wenn wir den Arbeitnehmer:innen, die sich ein Häuschen oder eine Woh- nung zusammengespart haben, das Geld beim anderen Hosensack wieder herausziehen.“ Spekulationen entgegenwirken Vorstellen kann sich der AK-Prä- sident auch, Grundbesitz künftig auf Basis des Verkehrswertes, der alle fünf Jahre einer Neubewer- tung zugeführt wird, zu besteuern. „Damit würde die durch die massi- ve Bodenspekulation verursachte Explosion der Grundstückspreise wenigstens ein bisschen zur Fi- nanzierung der Pandemiekosten beitragen“, argumentiert der AK- Präsident.
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Hämmerle ist überzeugt: Wir brauchen eine gerechtere Ver- teilung der Steuerlast.
site unter vbg.arbeiterkammer.at/ beratung/steuerundeinkommen
Langzeitarbeitslosen Perspektiven geben Nicht alle fassen wieder Fuß – AK fordert Plätze auf Dauer in den sozialökonomischen Betrieben
ENTLASTUNG. Die Preise an der Zapfsäule und fürs Heizen steigen. Warum? Weil weltweit die Nachfrage nach Öl und Gas wieder anzieht, da die Wirtschaft wieder mehr produziert. Weil das Angebot an Energie gesunken ist – etwa durch Dürren in Brasilien, wo viel Strom aus Wasserkraft gewon- nen wird. Weil ein drohender Krieg Russland–Ukraine auf die Versorgung drückt. Weil die europäischen Gas- speicher nach einem besonders har- ten Winter weitgehend aufgebraucht waren. Weil im Sommer weniger er- neuerbare Energie produziert wurde. Gründe gibt es viele. Auch, dass große Firmen die Ent-
wicklungenamMarkt ausnutzen, zählt dazu. Österreich ist etwa bei Gas stark von Russland abhängig. Ungefähr 60 Prozent des in Österreich verbrauch- ten Erdgases – 2020 waren das rund 8,5 Milliarden Kubikmeter – stammen vom russischen Gasproduzenten Gaz- prom. Der hat auch 2020 seine lang- fristigen Lieferverträge erfüllt, doch die europäische Nachfrage darüber hi- naus bislang nicht bedient. Das treibt die Preise in die Höhe und könnte auch die Fertigstellung der umstritte- nen Ostseepipeline Nord Stream 2 be- schleunigen. Die Konsument:innen sind all dem ausgeliefert.Was dieMedien berichten,
AUSGLEICH. Der Arbeitsmarkt erholt sich weiter. Nur die Langzeit- arbeitslosen profitieren nicht da- von. Sie drohen auf der Strecke zu bleiben, wenn sich der Staat nicht endlich zu dauerhaften Beschäfti- gungsprogrammen durchringt, ist AK-Präsident Hubert Hämmerle überzeugt. Reihum stehen die Zeichen auf Erholung, nur die Zahl der Lang- zeitarbeitslosen hat sich kaum verringert. Ende Jänner waren es immer noch 2433 Frauen und Män- ner, die seit einem Jahr oder länger nach Arbeit suchen. Dass das AMS 6,5 Millionen Euro für Langzeit- arbeitslose investieren will, um sie wieder fit für den Arbeitsmarkt zu machen, begrüßt Hämmerle. „Aber das löst das Problemnicht.“
Die AK fordert die Verantwort- lichen schon lange auf, den Blick nicht länger vor der Realität zu ver- schließen. „Nicht alle Langzeitbe- schäftigungslosen werden wieder Arbeit finden“, sagt Hämmerle. Ihre Chancen am Arbeitsmarkt waren schon vor der Corona-Krise äußerst gering und gehen heute nahe null. Geringe Qualifikation, gesundheit- liche Probleme und höheres Alter sind kaum überwindbare Hürden
begeben, ehe sie erneut ein Jahr in einemsozialökonomischen Betrieb unterkommen. Bei der Integra al- lein sind 60 Prozent der rund 1500 Klient:innen solche Wiederkeh- rer:innen. „Das ist schlichtweg ent- würdigend“, betont Hämmerle und fragt: „Wäre es nicht bedeutend klüger, Beschäftigung zu finanzie- ren statt die Arbeitslosigkeit?“ Denn es ließen sich gezielt jene öffentlichen Dienstleistungen for- cieren, die wir in Zukunft dringend brauchen. Vor allem in Betreuungs- berufen besteht ein riesiger Bedarf. Möglich wären auch administrati- ve Dienste in Schulen, im Energie- sparbereich, bei der Bekämpfung der Klimakrise usw. Es sollten nur Jobs geschaffen werden, die nicht ohnehin entstanden wären. Im Ländle würden rund 1000 solcher Arbeitsplätze gebraucht, die dauer- hafte Beschäftigung garantieren, bei älteren Langzeitarbeitslosen auch bis zum Pensionsantritt. Die höheren Kosten durch eine staatlich finanzierte Beschäfti- gung sind überschaubar, schließ- lich sparte sichdieöffentlicheHand Notstandshilfe. Die Einkommen der Betroffenen drückten sich auch in erhöhten Konsumausgaben und Sozialversicherungsbeiträgen aus. Heidrun Joachim im Versand der Integra. Sie würde sich eine dauerhafte Stelle wünschen.
bei der Arbeitssuche. Zurück an den Start
Jetzt aber sind diejenigen, die es in einen sozialökonomischen Betrieb wie z. B. die Integra geschafft ha- ben, gezwungen, sich nach einem Jahr Beschäftigung wieder für 365 Tage in die aussichtslose Suche zu
AK-Energiepreismonitor Die AK beobachtet bereits seit 2008 mit ihrem Energiepreismonitor die Lage am heimischen Energie- markt. Sie vergleicht dabei die Großhandelspreise für Strom und Gas mit den Haushaltsenergiepreisen der 14 größten Strom- und 12 größten Gasan- bieter in Österreich. Dabei zeigt sich bei einemBeobachtungszeitraum von über zehn Jahren, dass Preisreduktionen an den Börsen nur sehr langsam oder gar nicht an die Kosument:innen weitergegeben werden. Preiserhöhun- gen hingegen werden sehr schnell auf die Endverbraucher:innen abgewälzt. So war es auch beimAusbruch der Coronapandemie: Der Österreichische Gaspreis-Index (ÖGPI) und der Österreichische Strompreis-Index (ÖGSPI) sind 2020 teilweise massiv eingebrochen – von diesen Preisreduktionen merkten die Konsument:innen allerdings nichts. Seit Sommer 2021 steigen die Preise nun aufgrund des allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwungs wieder, und einige Energielieferanten haben nicht gezögert, ihre Haushaltskund:innen das sofort spüren zu lassen. Weitere zogen nach: Spätestens im Sommer 2022, wenn die Jahresabrech- nungen fällig sind, drohen Nachzahlungen und höhere Teilbe- tragszahlungen.
▸ Broschüre AK Vorarlberg und Energieversorger haben zusamme gesetzt, die auf ihrem Weg spannende Informationen und eine Men getragen. Die kleine Broschüre gibt’s unter https://vbg.arbeiterkamm
Bilder aus Tagen, in denen die Pandemie noch nicht das Sagen hatte: AK-Präsident Hubert Hämmerle führt die Präsidentin der Bundesarbeiterkammer, Renate Anderl, durch die Integra.
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