AKtion April 2022

10 Bildung 

April 2022

Die Firma nachhaltig gestalten JörnWiedemann bildet amDigital Campus Vorarlberg Sustainability-Manager:innen aus

„Hab den Glauben an mich wiedergefunden“ Franziska hat’s gewagt: Begleitet von wieweiter.at sattelte sie vomHandel in die Kinderbetreuung um

WIEWEITER. Unkomplizierte Hil- fe in Bildungsfragen, dafür steht wieweiter.at. Franziska Halbeisen (42) hat das selbst erfahren. Früher arbeitete sie im Supermarkt. Heute wird sie in Schloss Hofen zur Ele- mentarpädagogin ausgebildet. Da- zwischen lagen vier Monate harter Kampf. „Ohne die Begleitung von Sarah Bitschnau von wieweiter hät- te ich das nicht hingebracht“, sagt Franziska freimütig. Die gebürtige Meiningerin hatte schon länger gespürt, dass der Ein- zelhandel nicht ihres ist. 19 Berufs- jahre gab sie sich Mühe, versuchte den Absprung, heuerte wieder an. „Es war ein ständiges Hin und Her“. Ihren Arbeitsalltag erlebte sie „wie ein ständiges Funktionieren“. Dann kam noch Corona hinzu. Eine stres- sige Zeit war das, „wir haben die Ängste der Menschen gespürt“. Franziska ließ sich zur Berate- rin in der Weinabteilung ausbilden. „Aber Sonderangebote zogen mehr als fachliche Beratung.“ Sie hatte das dumpfe Gefühl, als trete sie auf der Stelle. „Ich entwickelte mich nicht weiter.“ Da hat sie tatsächlich im In- ternet die Frage eingetippt „wie wei- ter?“ und stieß auf das gleichnamige Angebot der AK. Sarah Bitschnau nahm sich ihrer an und gab ihr gleich einmal eine „Hausaufgabe“: Sie sollte ihre Stärken und Fertigkei-

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Die Österreichi- sche Bundes­

arbeitskammer ist mit einem eigenen Büro in Brüssel ver- treten. Seit wann?

● 1991 ● 1995 ● 2002 ● 2007

DIGITAL CAMPUS. Ab 15. Sep- tember 2022 bildet Jörn Wiede- mann mit seinem Team am Digital Campus Vorarlberg „Sustainabili- ty-Manager:innen“ aus. Das hätte sich der 54-jährige Bayer vor Jahren auch nicht träumen lassen. Da war er noch Banker. Hat ein Vierteljahr- hundert in dieser Branche gearbei- tet und genoss 2008 „das zweifel- hafte Vergnügen, die Finanzkrise mitzumachen“. Von wegen „sichere Bank“ Da blieb kein Stein auf dem an- deren. „Die ersten umgefallenen Banken gehörten zu denen, die ich meinen Kund:innen immer als die sichersten angepriesen hat- te.“ Wiedemann spürte überdeut- lich: „Irgendwas läuft vollkommen falsch.“ Er begann, andere Quellen zu durchforsten. Der Ausbruch aus der „intellektuellen Inzucht“ seiner Branche bescherte ihm die Erkenntnis, „dass das Wirtschafts- system an Geburtsfehlern leidet, die von Menschen gemacht sind“. Im Grunde eine gute Nachricht, denn dann können auchMenschen gegensteuern. Das tut er seither. Zuerst eine Genossenschaft Jörn Wiedemann ist heute erfahre- ner Gemeinwohl-Berater und Ex- perte für nachhaltiges Wirtschaf- ten mit Referenzen in vielfältigen Branchen und Unternehmen jeder Größenordnung. Sein Ausstieg aus der Finanzwelt ging ganz klassisch vor sich: Inspiriert von Christian Felbers Gemeinwohl-Ökonomie gründete Wiedemann mit mehr

als 40 Menschen 2011 eine Genos- senschaft. Als der Euro bedrohlich wackelte, gaben sie ein regionales Geld heraus ähnlich den Talenten, die in vielen Vorarlberger Gemein- den schon lange in Umlauf sind. „Wäre einfach krank geworden“ Nach zwei Jahren hat Wiedemann seinen Job im Bankwesen dann endgültig an den Nagel gehängt. Denn das Geschäft mit dem Geld „ist unfassbar bürokratisch gewor- den“. Wiedemann ist noch mit der Tradition der Handschlagqualität aufgewachsen. Inzwischen legen sich Formalismen lähmend über jedes Geschäft, kreative Ideen zer- brechen am grünen Tisch in der Zentrale, Kund:innen werden im- mer öfter mit standardisierten Pro- dukten abgespeist. Kurzum, „ich wäre einfach krank geworden“. Rasch wachsendes Berufsfeld Heute, rund zehn Jahre später, ist Nachhaltigkeit in vielen Unterneh- men längst angekommen. Da ent- stehen eine Menge neuer Jobs. „Ich glaube, es gibt kaum ein Berufsfeld außerhalb der IT, das so schnell ge- wachsen ist.“ Die BFI-Ausbildung ab 15. Sep- tember hat Wiedemann auf 124 Trainingseinheiten in rund drei Monaten angelegt. Ein paar Prä- senztage inFeldkirchwerdendurch Online- und Selbstlernmodule er- gänzt. „Sobald die Teilnehmer:in- nen einschätzen können, welches Vorgehen zu ihnen passt, werden sie einen Nachhaltigkeitsbericht für ihr Unternehmen schreiben.“

Der wird in so kurzer Zeit zwar kaum fertig werden, aber sie wer- den mit herzeigbaren Ergebnissen in ihre Firma zurückkehren. Was können sie dann? Frisch ge- backene Sustainability-Manager:in- nen wissen sehr genau, worauf es in der Nachhaltigkeit ankommt. Sie haben gelernt, wie sie Entwicklun- gen analysieren können. Sie wählen für ihr Unternehmen die richtigen Instrumente aus und kennen die Tools, um Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen. Sie könnenmit Key Per- formance Indicators (KPIs) genauso umgehen wie mit Umweltkonten. „Die Teilnehmer:innen wissen sogar relativ viel über Nachhaltigkeit im Finanzwesen.“ Mit gelungenen Beispielen von Sustainability-Management füllt sich der Markt immer mehr. Son- nentor mit Sitz im niederöster- reichischen Sprögnitz zählt dazu, und der Outdoor-Spezialist Vaude in Tettnang auch. In Vorarlberg hat die Landes-Versicherung 2020 ihre erste Gemeinwohlbilanz er- stellt. Rhomberg Bau hat mit dem „SinnEntFalter“ eine ganz eigene Form des Nachhaltigkeitsberichts entwickelt. Ist doch schön zu wis- sen, dass man eine Ausbildung in einem Segment ins Auge fasst, dessen Jobkurve so steil nach oben geht …

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ten notieren. So fand sie den Weg in die Kinderbetreuung. Das klappte nicht auf Anhieb. Franziska kann sich noch gut an jenen Tag erinnern, als ihr das AMS einen Ausbildungsplatz versprach, sie aber am ersten Tag wieder heim- schickte. Ein Irrtum imSystem. „Ich war so wütend“, erzählt Franziska, „ich wollte alles hinschmeißen, hat- te total den Glauben an mich ver- loren. Aber da hat mich Sarah auf- gefangen.“ Über ihre Vermittlung fand sie schließlich einen Platz im Lehrgang für Elementarpädagogik. ▸ Wieweiter hilft allen Ratsu- chenden in Bildungsfragen weiter. Niemand wird weitergeleitet oder verwiesen, wir nehmen uns richtig Zeit. Kontakt unter wieweiter.at

▸ Der Lehrgang Sus- tainability-Manager:in beginnt berufsbeglei- tend im September. Alle Infos dazu gibt’s auf der Website digi- talcampusvorarlberg.at

Franziska Halbeisen fühlt sich pudelwohl mit ihrer Entscheidung, auf Elementarpädagogin umzusatteln.

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