AKtion Februar 2021

14 Konsumentenschutz 

Februar 2021

Kreditwürdig? Von Unbekannten abhängig

Wer auf einen Kredit angewiesen ist, wer auf Raten zahlen will, selbst wer einen Handyvertrag abschließt, ist der Bonitätsbeurtei- lung von Auskunfteien ausgeliefert. Der aktuelle Fall eines Vorarlbergers zeigt drastisch auf, wie undurchsichtig das System ist.

BONITÄT. Alfred M. (Name ge- ändert) wollte eine neue Wohnung mieten. Nicht so einfach: Der Kre- ditschutzverband von 1870 (KSV) attestierte ihm nämlich eine un- terdurchschnittliche und nicht ausreichende Bonität. Dies überraschte Alfred M. gleich mehrfach. Schließlich kann der Konsu- ment auf ein gesichertes, über- durchschnittliches Einkommen verweisen. Außerdem hat er kei- nerlei Zahlungsanstände – ja nicht einmal Schulden. Vonden schlech- ten Bonitätsbewertungen durch den KSV hatte er auf Umwegen erfahren. Weder für ihn noch für

Mag. Markus Unterhofer vom Kon- sumentenschutz der AK Vorarl- berg ist nachvollziehbar, weshalb ein sogenannter RiscIndicator des KSV ihm eine erhöhte Zahlungs- auffälligkeit unterstellt. Ein soge- nannter Wirtschaftlichkeitsindex bringt dem Konsumenten gar die Bewertung „sehr schlecht“ ein. Die AK Vorarlberg hat deshalb beim KSV interveniert und eine umfassende Aufklärung bzw. Kor- rektur gefordert. Darauf hat der KSV lediglich den RiscIndicator leicht verbessert, der massiv unter- durchschnittliche Wirtschaftlich- keitsindex blieb hingegen unver- ändert. Und vor allem: Konkrete,

sument in scheinbarer Sicherheit wiegen könnte.“ Beschwerde beim Datenschutz Da der KSV die geforderten Auf- klärungen wiederholt verweigerte, hat die AK Vorarlberg für den Ver- braucher eine Beschwerde bei der Datenschutzbehörde eingebracht und Recht bekommen. Die Daten- schutzbehörde hat eine Verletzung des Rechtes auf Auskunft festge- stellt und dem KSV aufgetragen, eine plausible Erklärung zum Zu- standekommen der Bewertungs- ergebnisse zu liefern, ebenso über die Herkunft der verarbeiteten Daten. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. AK-Konsumenten- schützer Markus Unterhofer ist ge- spannt, ob bzw. welche Auskunft der KSV jetzt erteilen wird. Relevant für Alltagsgeschäfte Der aktuelle Fall wirft ein bezeich- nendes Licht auf das gesamte Ge- werbe der Auskunfteien. Der Kre- ditschutzverband von 1870 ist nur die bekannteste. Mindestens so relevant ist CRIF, ein weitgehend unbekanntes globales Unterneh- men. Von einer CRIF-Bewertung hängt im Regelfall zum Beispiel ab, ob jemand einen Handyvertrag erhält oder für eine Kreditkarte als „würdig“ erachtet wird. Wie solche Bewertungen zustande kommen, bleibt für die Konsumenten, die da- von auch bei vielen normalen All- tagsgeschäften abhängig sind, ein Buch mit sieben Siegeln. Was läuft da eigentlich im Hin- tergrund ab? KSV, CRIF und Co. sammeln aus unterschiedlichen Quellen (siehe Grafik) Daten über Einkommen, Kredite, Bauspar- darlehen und andere regelmäßige Ausgaben. Vor allem aber werden die Datenbanken auch mit den Fällen gespeist, bei denen es ein- mal – warum auch immer – Zah-

lungsprobleme gegeben hat. Das kann der Verzug einer Kreditrate ebenso sein wie ein Streitfall um vergleichsweise wenige Euro mit einem Onlinehändler. Wie lange solche Informationen gespeichert bleiben und welche Schlüsse die Auskunfteien daraus ziehen, ist völlig intransparent, monieren Konsumentenschützer. Für die Konsumenten bleiben die Grün- de meist im Dunkeln, warum der Leasingvertrag fürs Auto oder eine Teilzahlung, zum Beispiel für Mö- bel oder einen neuen Kühlschrank, abgelehnt wurde. Unterschiedliche Richtlinien Die Problematik an der Bonitäts- prüfung ist, dass es kein univer- sales Wertungssystem gibt. Am Beispiel der Vergabe eines „klas- sischen“ Kredits durch eine Bank: Jede Bank führt eine eigene Prü- fung durch und ist dazu auch ge- setzlich verpflichtet. Doch jede Bank hat eigene Richtlinien, ge- wichtet bestimmte Kriterien stär- ker als andere und bewertet genau deshalb die Bonität einer Person anders. Bis zu einem gewissen Grad also durchaus ein subjekti- ves Urteil. Werner Böhler, Sprecher der Vorarlberger Kreditinstitute: „Der erste Grundsatz lautet: Kenne deinen Kunden!“ Die sogenannte Haushaltsrechnung (Gegenüber- stellung von Einnahmen und Ausgaben) zeigt den finanziellen Spielraum auf. Dazu müsse die hauseigene Datenqualität stim- men, so Böhler, und auf Abfragen bei KSV, CRIF etc. Verlass sein. Und wenn diese Negativinformationen liefern? „Dann wird mit dem Kun- den geredet und geschaut, passt dieses Bildmit demBild, das er uns dazu gibt, zusammen.“ ▸ In der nächstenAKtion: Wie man Selbstauskünfte einholt und seine Bonität verbessern kann.

nachvollziehbare Auskünfte zum Zustandekommen der katastro- phalen Bonitätsbewertungen blieb der KSV bis heute schuldig. Er stell- te bloß allgemeine Standardinfor- mationen bereit, und es würde sein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis verletzen, müsste er mit mehr In- formationen herausrücken. „Besonders pikant ist“, so Un- terhofer, „als der Konsument seine KSV-Bonitätsbewertungen aus ge- gebenem Anlass selbst angefragt hat, erhielt er – zumindest beim RiscIndicator – ein deutlich bes- seres Ergebnis als bei der Abfrage durch einen Dritten! Es liegt auf der Hand, dass sich mancher Kon-

Bonitätsfeststellung: jeder mit jedem Über das Girokonto weiß die Hausbank gut Bescheid über unsere Kreditfähigkeit und Kreditwürdigkeit. In manchen Fällen geben wir auch Händlern oder Verkäufern selbst Daten über unsere finanziellen Verhältnisse preis. Der Rest ist ein undurchsichtiges Datengeflecht.

direkte Weitergabe von Informationen

Sammeln und Weitergabe von Informationen ohne Zutun und Kontrolle der Konsumenten

Konsument

Bank

Abfragen bei einer Aus- kunftei sind ein Teil der Absicherung bei Kredit- vergabe

Auskunfteien sammeln und verwerten Meldungen über (gravierende ) Zahlungsverzüge

KSV CRIF u. a.

Handel

Handyverträge z. B. sind vom CRIF-Urteil abhängig. Bei höheren Summen auch direkte Anfrage zur Bonität möglich

Die Ausgabe einer Kredit- karte hängt im Regelfall von der Beurteilung durch CRIF ab

Bei Kreditkar- tenzahlung geht die Bonitätsabfrage (wie beim Bankomat) automatisiert vor sich

Kredit- karten- untern.

Neue Regeln für Drohnenpiloten Galten bisher in jedem Land eigene Regeln für das Fliegen der unbemannten Luftfahrzeuge, wurden diese mit Jahresbeginn EU-weit vereinheitlicht.

WAS MÖGLICH IST UND WAS NICHT Die Corona-Pandemie erschwert das Reisen weiter. Immer wieder werden neue Maßnahmen schla- gend. In diesemOnline-Guide beantwortet die AK Vorarlberg die Fragen aus Sicht von Arbeitsrecht und Konsumentenschutz. Die neuerlich aktualisierte Ausgabe gibt es kostenlos auf ▸ vbg.arbei- terkammer.at/beratung/konsu- mentenschutz/Reise/

BEWILLIGUNG. Drohnen erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Für den Betrieb von Geräten, die schwerer als 250 Gramm sind, wird nun ein eigener Führerschein be- nötigt. Die dafür notwendige Beant- wortung von 40 Fragen zu Luftrecht, Datenschutz sowie Flugsicherheit

wird allerdings von mehreren Ex- perten als viel zu einfach kritisiert. Zudem müssen sich Drohnenbe- sitzer bei der Austro Control regis­ trieren und ihre Fluggeräte mit einer Nummerntafel versehen, wenn eine Kamera an Bord ist. Die neue EU- Registrierungs- und Führerschein-

pflicht betrifft auch Lenker von Mo- dellflugzeugen. Seit Jahresbeginn wurden bereits 15.000 der Online- drohnenführerscheine ausgestellt. Verlangte die Austro Control bis- her bis zu 400 Euro für eine Regis­ trierung, kostet diese nach den neu- en EU-Regeln nur noch 31,50 Euro.

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